Mit dem Frühling kehrt das Leben zurück in die «Apéromeile» in der Berner Rathausgasse. Etwa in das «3 Eidgenossen», das in Bern eine Institution unter den Bars ist. Dort kommen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen. Hier prostet die Ärztin mit dem Büetzer.
Die Kundschaft schätzte insbesondere die Tische unter den gedeckten Lauben. Diese Zeiten sind aber vorbei: «Wir mussten die meisten Tische unter den Lauben wegräumen. Und dies obschon es in den letzten 15 Jahre nie eine Beanstandung gegeben habe. Jetzt ist die Hälfte unserer Tische weg», sagt Barfrau Lou zu SRF.
Auch die Schmiedstube – ein Traditionsrestaurant eine Gasse weiter am Schmiedenplatz – hat es erwischt. Wie viele andere Gastrobetriebe. Nach Jahrzehnten musste Geschäftsführer Tobias Burkhalter mehrere Tische wegräumen.
Und dies, obwohl sie auf Privatgrund gestanden seien. «Die letzten 30 Jahre konnten wir dort immer ohne Probleme servieren. Das ist jetzt verboten worden», sagt Burkhalter, der auch Präsident von Gastro Bern ist.
Gewerbepolizei stösst auf «Leichen im Keller»
Wie konnte es so weit kommen? Während Corona durften in Bern Gastrobetriebe grosszügig herausstuhlen. Per November 2022 wurden die Ausnahmeregelungen aufgehoben. Daraufhin kontrollierte die Gewerbepolizei bei zahlreichen Betrieben ihre Bewilligungen für die Aussenterrassen.
Dabei kamen offenbar zahlreiche «Leichen im Keller» zum Vorschein. Also Tische, die jahrelang ohne die nötige Baubewilligung draussen gestanden waren.
Die Mediterranisierung der Altstadt ist eine Realität.
«Teils war das Problem, dass die Lokale gar nicht genau wussten, wo ihre bewilligte Aussenfläche ist. Und wo nicht», sagt Marc Heeb, Chef der Berner Gewerbepolizei.
Sonnenschirme sollen Beizenlärm dämmen
Andere Restaurants versuchen derweil, ihre Aussenflächen wieder auf das Niveau während Corona vergrössern zu können. Etwa das «Capitol».
«Die Mediterranisierung der Altstadt ist eine Realität. Die Leute wollen draussen sitzen, wir müssen sie draussen bewirtschaften können. Das ist essenziell für das Geschäft», sagt Mitbetreiber Sebastian Imhof.
So einfach ist das jedoch nicht. Die Betreiber mussten ein Akustikgutachten einreichen. Die Aussensitzplätze müssten für Anwohnende «akustisch unsichtbar» sein, wie Imhof erklärt. Dazu beschafft das Lokal lärmdämmende Sonnenschirme.
Zürcher Beizen-Regime als Vorbild
In der Stadt Zürich dürfen Gastrobetriebe ohne Ausnahmebewilligung mehr Aussensitzplätze anbieten als vor Corona. Zu den Änderungen, die jetzt definitiv gelten, gehört unter anderem die Anzahl der Aussenplätze. Diese darf die Plätze im Innenbereich sogar überschreiten.
Jacqueline Brügger von der Berner Bar- und Clubkommission wünscht sich auch in Bern eine lockerere Haltung der Behörden. «Eine Stadt verändert sich. Ich wünsche mir ein niederschwelliges und unbürokratischeres Vorgehen der Stadtbehörden.»
Für Barfrau Lou sind die fehlenden Tische nicht nur wegen des fehlenden Umsatzes ein Problem. «Die Leute stehen mehr herum. Zigaretten landen auf dem Boden statt in den Aschenbechern wie früher.»
Marc Heeb von der Gewerbepolizei sieht auch, dass es ein grosses Bedürfnis seitens der Kundschaft für Aussensitzplätze gibt. «Wo immer es geht, versuchen wir dem gerecht zu werden.» Im öffentlichen Raum stosse man jedoch rasch an die Grenzen.
Auch die Interessen von Anwohnenden, Gewerbetreibenden und zu Fuss gehenden Menschen müssten berücksichtigt werden.