- Das Obergericht Aargau muss einen Polizeioffizier auch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung verurteilen.
- Das Bundesgericht hat die Beschwerde der ausserordentlichen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau teilweise gutgeheissen.
- Die Staatsanwaltschaft hatte gefordert, dass der verantwortliche Polizeioffizier zusätzlich zum Amtsmissbrauch und der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs und mindestens der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig zu sprechen sei.
Der Offizier liess im Mai 2009 eine Wohnung in Wohlen AG durch die Sondereinheit Argus stürmen. In der Wohnung befand sich ein betrunkener, randalierender Mann. Seine Frau war mit dem Kind zu den Nachbarn geflüchtet. Von dort aus hatte sie die Polizei alarmiert.
Der Mann in der Wohnung drohte damit, sich mit dem Messer umzubringen oder vom Balkon zu springen, sollte die Polizei die Wohnung betreten. Trotzdem liess der Polizeioffizier die Wohnung nach nur 90 Minuten stürmen.
Dabei gab ein Polizist zwei Schüsse auf den betrunkenen Mann ab, der mit einem Messer herumfuchtelte. Die Kugeln trafen das Opfer im Unterleib.
Freispruch unzulässig
Bezirks- und Obergericht sprachen den Polizeioffizier vom Vorwurf der vorsätzlichen oder fahrlässigen schweren Körperverletzung frei. Das geht aus Sicht der Lausanner Richter jedoch nicht. Wie sie in ihren Erwägungen schreiben, ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Stürmung der Wohnung mit Schusswaffen und schweren Verletzungsfolgen ab einem gewissen Zeitpunkt die einzig mögliche Massnahme gewesen sein soll.
Das Aargauer Obergericht habe in seinen Ausführungen selbst geschrieben, dass das Eingreifen der Sondereinheit und die daraus resultierende Verletzung des Mannes vermeidbar gewesen wären. So hätte einfach abgewartet oder ein Verhandler hätte aufgeboten werden können. Beides sei nicht geschehen.
Das Obergericht muss nun einen neuen Entscheid fällen und das Strafmass anpassen. Im ersten Anlauf hatte es den Offizier zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 180 Franken verurteilt. Eine Beschwerde des Polizeioffiziers hat das Bundesgericht abgewiesen. Er beantragte einen Freispruch.