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Ihre Fragen zu den USA «Warum sind die Epstein-Akten überhaupt so brisant?»

Die SRF-USA-Korrespondentinnen und -Korrespondenten Barbara Colpi, Andrea Christen und Roger Aebli haben von 15 bis 16:30 Uhr Ihre Fragen live im Chat beantwortet.

Expertinnen und Experten im News-Chat

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Barbara Colpi
Radio-Korrespondentin in Washington
SRF

Andrea Christen
Radio-Korrespondent in Chicago
SRF

Roger Aebli
TV-Korrespondent in New York
SRF

Chat-Protokoll:

Glauben sie nicht auch dass Trump plötzlich die Freigabe der Epstein-Akten bewilligt hat, dass Trump sich bereits mit dem Gericht abgesprochen hat, was veröffentlicht wird? Bei Trump ist alles möglich! 

Andrea Christen: Trump hat nicht per se die Freigabe der Akten bewilligt. Er merkte aber, dass eine Vorlage, die das fordert, im Abgeordnetenhaus (grosse Kammer im Kongress/Parlament) eine Mehrheit findet – und dass auch Republikaner dafür stimmen würden. Deshalb hat er eine Wende vollzogen, hat seinen Leuten gesagt, sie könnten ja stimmen. Wahrscheinlich, um eine Demütigung zu vermeiden. Diese Vorlage hat er nun auch unterzeichnet. Aber ihre Frage ist berechtigt. Trump hat lange versucht, die Akten unter Verschluss zu halten. Wir dürfen vermuten, dass er auch jetzt blockieren könnte. Er kontrolliert das Justizdepartement – und falls er die Aktien herausrücken wollte, könnte er das einfach verfügen. Dafür braucht es den Kongress nicht. Seine Justizministerin könnte nun erklären, in Sachen Epstein würden noch Verfahren laufen, deshalb könnten die Akten nicht freigegeben werden. Oder nur Teile davon. Oder nur Akten, in denen gewisse Passagen eingeschwärzt sind. 

Wie gravierend denken sie wären die Folgen für den Alltag Wirtschaftliche und Gesellschaftliche Themen sollten die Epstein-Akten herausgegeben werden und Trump tatsächlich involviert sein? 

Andrea Christen: Für das alltägliche Leben sind die Akten wohl nicht sehr relevant. Hohe Preise und Ähnliches treiben die Menschen viel mehr um. Aber die Epstein-Sache scheint wie kein anderes Thema Trump selbst in die Defensive zu bringen. Es hat wohl auch das Potential, seine MAGA-Bewegung zu spalten, eine Bewegung, die Trump nicht nur gegründet hat, sondern die er auch eisern im Griff hatte bis jetzt. Anhand von Epstein scheint sich auch zu zeigen, dass selbst ganz eng Verbündete Republikanerinnen und Republikaner nun gewillt sind, sich gegen Trump zu stellen. In den USA fragt man sich, ob Trump langsam zum «lame duck», zur lahmen Ente wird – und seine Partei langsam schon nach vorne blickt und Trump hinter sich zurücklässt. 

Gibt es schweizerische Verbindungen zu den Epstein-Files? Fände es spannend zu wissen, ob wir (oder auch ich als ehemaliger Stewardess, der schon in der Nähe war) eventuell auch betroffen sind. 

Roger Aebli: Da die eigentlichen Epstein-Akten noch unter Verschluss sind und bis jetzt lediglich E-Mails veröffentlicht wurden, die Epstein beispielsweise an Politikerinnen und Journalisten verschickte, kann man diese Frage so nicht beantworten. Das Justizministerium hat nun 30 Tage Zeit, die Akten zu veröffentlichen. Und zwar in digitaler Form, damit die Öffentlichkeit diese Dokumente einsehen und etwa mit Suchbegriffen nach bestimmten Namen suchen kann. Allerdings ist unklar, wie viele Akten das Justizministerium überhaupt veröffentlichen wird. Denn Dokumente, die laufende Ermittlungen betreffen oder Daten von Opfern enthalten, können zurückgehalten oder teilweise geschwärzt werden. Und da Präsident Trump das Justizministerium erfolgreich aufforderte, Ermittlungen gegen gewisse Personen einzuleiten, die ihm nicht genehm sind, ist sehr ungewiss, ob in 30 Tagen wirklich alle relevanten Akten öffentlich einsehbar sein werden. 

Wie steht es wirklich um die Demokratie in den USA? 

Andrea Christen: Eine Frage, zu der man eine Doktorarbeit schreiben könnte! Egal, was man von Donald Trump hält: Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass er eine ernsthafte Gefahr für die US-Demokratie darstellt. Wir haben dafür viele Datenpunkte. Der stärkste ist aber die Präsidentschaftswahl von 2020. Bis heute hat Trump nicht in aller Deutlichkeit seine Niederlage eingestanden. Dutzende Gerichte wiesen seine Behauptung des Wahlbetrugs zurück. Trotzdem führte er, hinter und vor den Kulissen, seine Kampagne fort, um das Wahlresultat zu kippen. Das gipfelte im Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021, an dem Trump wohl wenigstens eine Mitschuld trägt – und für den er nie juristisch zur Verantwortung gezogen wurde. Mit dieser «Big Lie» des Wahlbetrugs hat er, auch wenn er selbst bald von der politischen Bühne abtreten sollte, einen Präzedenzfall, einen Dammbruch geschaffen, den die republikanische Partei duldete oder aktiv mittrug. Es wäre nicht erstaunlich, wenn andere Wahlleugner künftig versuchen würden, legitime Wahlresultate (auch mit Gewalt) umzustossen. Dazu kommen längerfristige Tendenzen: Das sehr politisch motivierte Ziehen von Wahldistrikten (Gerrymandering), Wahlgesetze, die, so Kritiker, Minderheiten wie Schwarzen das Wählen schwerer machen sollen, die enormen Geldsummen, die die US-Politik bestimmen, die immer grösser werdende Macht des Präsidenten (abgesegnet durch den Obersten Gerichtshof), der Bedeutungsverlust des Kongresses (Parlament), die Instrumentalisierung der Justiz usw. Alles in allem dünkt es mich: Die Demokratie in den USA, auch der Rechtsstaat, sind intakt, aber eindeutig stark gefährdet. 

Mit der Veröffentlichung der Epstein-Files hat sich das republikanische Repräsentantenhaus zum 1. Mal gegen den Präsidenten «aufgelehnt». Wie beurteilen Sie dies, bedeutet das in Zukunft mehr Widerstand seitens des Parlaments gegen präsidiale Alleingänge oder eher als einmaligen Versuch? 

Barbara Colpi: Es war sicher ein wichtiges Signal für eine mögliche neue Dynamik, in der das Parlament weniger bereit ist, präsidiale Alleingänge ohne Widerstand zu folgen. Der Senat hatte sich zuvor auch schon gegen Zölle ausgesprochen. Doch Trumps Einfluss ist nach wie vor sehr gross und ich halte es für unwahrscheinlich, dass dies der Beginn einer dauerhaften Widerstandskultur im Kongress ist. Je nach Thema wird es aber mehr Abgeordnete geben, die sich trauen, sich vom Präsidenten abzugrenzen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass sich alle Abgeordneten im Repräsentantenhaus in knapp einem Jahr der Wiederwahl stellen müssen. 

Angenommen der Support für Trump nimmt in den USA weiterhin ab und Demonstrationen gegen die Regierung weiter zu. Gibt es eine Möglichkeit einen solchen Präsidenten abzusetzen, ohne einen Bürgerkrieg? Oder braucht es für ein Impeachment als nur fehlende Unterstützung? 

Andrea Christen: Ein Impeachment ist möglich. Aber erst realistisch nach den Kongresswahlen vom November 2026. Falls die Demokraten die Mehrheit im Abgeordnetenhaus (grosse Kongresskammer) erlangen, könnten sie ein solches Verfahren in die Wege leiten. Sehr unwahrscheinlich ist, dass das mit einer Amtsenthebung enden würde. Dafür braucht es in der kleinen Kammer, im Senat, zwei Drittel der Stimmen. Trump wurde in der ersten Amtszeit zweimal impeached. Beides Mal, selbst nach dem Sturm aufs Kapitol, kamen im Senat nicht genügend republikanische Stimmen zusammen. Das wäre dieses Mal vermutlich auch so. Zweite Möglichkeit: Der 25. Verfassungszusatz. Trumps eigenes Kabinett, seine Ministerinnen und Minister, müssten entscheiden, dass er das Amt nicht mehr ausführen kann. Vizepräsident Vance würde übernehmen. Auch recht unwahrscheinlich, ausser Trump würde schwer krank werden. Zurzeit unwahrscheinlich ist, dass Trump noch ein drittes Mal versuchen würde, zu einer Präsidentschaftswahl anzutreten. Der 22. Zusatz der US-Verfassung ist eigentlich sehr deutlich. Nur: dieser Zusatzartikel wurde noch nie vor Gericht getestet. Es ist nicht vollkommen klar, wie der Oberste Gerichtshof urteilen würde. Praktisch ausgeschlossen ist, dass der 22. Zusatz gekippt wird. Die Hürde dafür ist sehr, sehr hoch. Angesichts der Tatsache, wie Trump sich 2020/2021 weigerte seine Niederlage einzugestehen, wie es damals zu Gewalt kam (Sturm aufs Kapitol), muss man sich aber schon fragen, ob die friedliche Machtübergabe noch garantiert ist. Dass ein Kandidat, Trump oder jemand anderes, sich 2028 weigert eine Niederlage zu akzeptieren, ist nicht mehr völlig absurd. Eher unwahrscheinlich ist wohl ein Bürgerkrieg. Aber ein erschreckendes Mass an politischer Gewalt ist jetzt schon Realität (Schüsse auf Trump, Ermordung von Charlie Kirk, Ermordung von Demokraten in Minnesota...) 

Ist Amerika bereit, ganz Europa an Russland abzugeben? Diesen Eindruck bekomme ich, wenn man die Vorschläge für einen Frieden in der Ukraine liest. 

Andrea Christen: US-Präsident Trump ist in dieser Frage schwer einzuschätzen. Er ist sicher kein lupenreiner Isolationist, der die USA aus dem Weltgeschehen zurückziehen will. Auch hat er sich nicht aus der NATO zurückgezogen. Man könnte sagen: Indem er Druck auf die Europäer machte, mehr in die Verteidigung zu investieren, hat er die NATO noch gestärkt. Seine Kritik an den Europäern ist nicht mehr so laut wie früher. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er sich den Friedensnobelpreis erhofft. Und seine unkonventionelle Diplomatie hat zu erstaunlichen Resultaten geführt, siehe Gaza. Aber ihre Frage ist berechtigt: Trump fährt in Sachen Ukraine einen Slalomkurs. Er hat eine seltsame Neigung hin zu den Positionen von Wladimir Putin, man könnte sagen er sei fasziniert von Autokraten wie Putin. Man darf sich ernsthaft fragen, ob die USA unter Trump einem NATO-Mitglied militärisch zu Hilfe eilen würden, falls Russland angreifen würde – so wie die USA es eigentlich, basierend auf Artikel V, tun müssten. Auch ist es mehr als denkbar, dass Trump, weil er versprochen hat den Krieg zu beenden, entscheiden könnte, ukrainisches Territorium zugunsten eines Friedens aufzugeben. 

Ich habe gehört viele Bauern müssen ihre Ernte zerstören da die Preise für Mais und Soja so tief sind resp. Kein Absatz vorhanden ist. Stimmt das? 

Barbara Colpi: Die Bauern versuchen die Ernte trotzdem zu verkaufen, auch wenn der Erlös unter dem Produktionspreis liegt, oder sie versuchen die Ernte zu lagern. Das Problem hatte sich vor allem bei Sojabohnen zugespitzt, da China (als grösster Abnehmer), während Monaten Soja aus den USA boykottierte aufgrund des Handelsstreit. Dies hat vielen Bauern mitten in der Ernte sehr grosse Sorgen bereitet. Ich war in lowa unterwegs und die Sojaproduzentinnen bestätigten mir, dass sie die Bohnen unter dem Produktionspreis verkaufen müssen. In der Zwischenzeit haben die USA und China aber ein Zollabkommen unterzeichnet und China kauft nun wieder amerikanische Sojabohnen, was die Lage etwas entspannt. Die Unsicherheit, wie viel Soja im nächsten Frühling angebaut werden soll, bleibt aber. Beim Mais ist das Problem weniger gravierend und die meisten Sojaproduzenten bauen auch Mais an. 

Der Rechtsrutsch in den USA seit Trumps Präsidentschaft bereitet Sorgen. Wie real ist die Gefahr, dass Trump vor Ablauf seiner Amtsjahre ein Gesetz erlässt, dass er (wie etwa Putin) eine Wiederwahl ermöglicht oder sogar direkt als Präsident bleibt? 

Roger Aebli: Eine dritte Amtszeit wird von der Verfassung explizit ausgeschlossen. Somit bräuchte es nicht nur ein Gesetz, sondern eine Verfassungsänderung – und die Hürden dazu sind riesig. Zwei Drittel der Mitglieder beider Kongresskammern müssten zustimmen sowie drei Viertel sämtlicher Bundesstaaten. Auch eine Kandidatur Trumps als Vizepräsident 2028 wird herumgereicht, was die Verfassung aber ebenfalls ausschliesst. Obwohl Trump selbst immer wieder mit einer dritten Amtszeit kokettiert, hat er kürzlich erklärt, dass ihm dies leider nicht erlaubt sei. Dennoch spricht etwa Trumps ehemaliger Chefstratege und ultrarechte Publizist Steve Bannon davon, dass es Pläne gebe, die Verfassung so zu umgehen, dass Donald Trump 2028 erneut Präsident werden könne. Angesichts der zuletzt sichtbar gewordenen Risse in der MAGA-Bewegung, der tiefen Umfragewerte und des Alters des Präsidenten ist es aus meiner Sicht aber ungewiss, wie gross die Begeisterung bei der republikanischen Partei für einen solchen Plan wäre. 

Warum scheint die USA so uninteressiert zu sein ein Ende des Ukraine-Kriegs herbeizuführen? Habe nie verstanden warum Putin bei der GOP so beliebt zu sein scheint. 

Andrea Christen: Präsident Trump hat eine gut dokumentierte Faszination für Autokraten und Diktatoren. Das war schon in der ersten Amtszeit deutlich – und gilt speziell für Putin. Die Figur des «Strongman», der ohne Rücksicht auf demokratische Prozesse und parlamentarische Aufsicht herrschen kann, scheint Trump zu interessieren. Seine eigenen autoritären Tendenzen sind nicht von der Hand zu weisen. Auch steht Putin einem Teil der Republikanischen Partei wohl ideologisch nahe: Anti-Wokeismus, wie Putin Familie und christlichen Glauben betont, das Vorgehen gegen LGBTQ. Hier erkennt wohl ein Teil der GOP und der Konservativen, Leute wie Tucker Carlson, eine Verwandtschaft. Aber es gilt zu betonen: In der Partei gibt es nach wie vor einen sehr ukrainefreundlichen, putinfeindlichen Flügel, den man eher zur GOP der alten Prägung zählen müsste. Für mich nicht ganz nachvollziehbar ist Trumps Tendenz, Putin eher zu glauben als seinen eigenen Geheimdiensten. 

Wie werten Sie die Chancen auf grössere Unruhen, sollten die bestehenden Ungleichheiten weiter verschärft werden? 

Barbara Colpi: Die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Ungleichheiten sind in den USA erheblich und dürften sich weiter verschärfen. Es ist gut möglich, dass es mehr Protestbewegungen und Demonstrationen geben wird. Im Moment gibt es aber keine Anzeichen, dass es zu grösseren, gar gewalttätigen Unruhen kommen wird. 

Was passiert nach Ihrer Meinung in den nächsten 14 Tagen in Venezuela? 

Barbara Colpi: Die politische und militärische Lage ist angespannt. Die USA haben ihre militärische Präsenz in der Karibik vor der Küste Venezuelas massiv erhöht und planen möglicherweise erste Luftangriffe in den kommenden Tagen, um den Druck auf das Maduro-Regime zu erhöhen. Ob es bei Drohungen bleibt oder ob die Situation eskaliert, ist schwierig einzuschätzen. Einen offenen Krieg mit Venezuela will Donald Trump aber auf keinen Fall. Er möchte einen Regimewechsel herbeiführen, also Maduro durch eine von den USA unterstützte Regierung ersetzen. Die Gründe dafür sind neben dem Kampf gegen Drogenhandel auch wirtschaftliche Interessen, denn Venezuela verfügt über die grössten Ölreserven der Welt, die für US-Energiekonzerne attraktiv sind. 

Wie kam die riesige Überschuldung der USA zustande? Was sind die Wege daraus hinaus? Wie würde sich die Landschaft für Anleger in amerikanische Firmen ändern sollte der Staat das nicht mehr stemmen können die Schulden zu zahlen? 

Andrea Christen: Unter Präsident Bill Clinton erzielten die USA zum letzten Mal einen Haushaltsüberschuss. Danach wuchs die Verschuldung rasch: Die Kriege in Afghanistan und Irak spielten eine Rolle. Aber im Zuge der Wirtschaftskrise von 2008/2009, unter den Präsidenten Bush und Obama zog die Verschuldung deutlich an. Die Republikaner verschärften das Problem, in dem sie Steuersenkungen beschlossen, zuletzt in diesem Jahr unter Präsident Trump. Allein die Zinslast dieser Schuld macht nun einen grossen Teil des US-Budgets aus. Zu lösten ist das Problem nur auf zwei Wegen: Steuererhöhungen. Und Reform der Sozialwerke Social Security, Medicare, Medicaid, die den Löwenanteil der Ausgaben ausmachen. Weil die grosse Babyboomer-Generation nun in einem Alter ist, in dem sie Anspruch auf diese Leistungen hat, verschärft sich das Problem. Und der Kongress (Parlament) ist wohl kaum zu solchen Reformen/Kürzungen in der Lage. Er schafft es ja derzeit nur mit Mühe, einen Government Shutdown wieder zu beenden. Auch gehen die Parteien wohl zu Recht davon aus, dass massive Kürzungen der Sozialwerke politisches Gift wären, das an der Urne wirken würde. Ich bin kein Wirtschaftsexperte: Aber die zunehmende Verschuldung, dass die USA sich vielfach am Abgrund bewegen, was die Erhöhung der Schuldenobergrenze (die regelmässig vom Kongress gehoben werden muss) angeht, dass Government Shutdowns häufiger werden...all das hat wohl keine guten Auswirkungen auf die Stabilität des US-Finanzmarktes. Meines Wissens wurde die Kreditwürdigkeit der US-Regierung, ein zentrales Element des globalen Finanzsystems, von renommierten Ratingagenturen schon herabgesetzt. 

Was passiert, wenn die Dokumente zwar herausgegeben werden, aber mehrheitlich eingeschätzt sind? Könnte das nicht auch ein Zeichen sein, dass etwas Negatives über Trump in den Akten ist? 

Barbara Colpi: Es ist in der Tat sehr gut möglich, dass die Epstein-Akten zwar veröffentlicht werden, aber sehr viele Passagen geschwärzt sein werden. Dies wird weitere Spekulationen, ob etwas vertuscht wird, befeuern. Spätestens zwei Wochen nach der Herausgabe der Dokumente muss das Justizministerium dem Kongress eine vollständige Liste aller freigegebenen und zurückgehaltenen Materialien, einen vollständigen Bericht über alle Schwärzungen und eine Liste aller Regierungsbeamten und «politisch exponierten Personen», die in den Dokumenten genannt werden, vorlegen. 

Wie werten Sie die amerikanische Wirtschaft im Moment? Ich investiere bevorzugt darin, da die Kurssteigerungen bei Aktien die Schweiz fast immer übertreffen doch die Unsicherheit in der Politik und der schwache Dollar machen mir Sorgen. 

Roger Aebli: Zunächst muss ich festhalten, dass ich weder Anlagetipps geben kann noch ein ausgewiesener Wirtschafts-Fachredaktor bin. Die neuesten Zahlen zum Arbeitsmarkt, die vor einer guten Stunde publiziert wurden, zeigen ein gemischtes Bild. So wurden im September (dem letzten vollständig erfassten Monat, weil nachher der Shutdown kam) 119'000 Jobs geschaffen, was mehr ist als prognostiziert. Gleichzeitig wurden die ohnehin schon schwachen Jobzahlen für Juli und August nachträglich nach unten korrigiert. Kommt dazu, dass im September die Arbeitslosenquote auf 4.4 Prozent angestiegen ist. Mehr Jobs im September bei steigender Arbeitslosenquote – widersprüchliche Daten, die es der Notenbank nächsten Monat schwer machen, sich für oder gegen eine erneute Zinssenkung auszusprechen. Mit Blick auf die Wall Street waren gestern viele Händler erleichtert über die starken Zahlen von Nvidia, die darauf schliessen lassen, dass der KI-Boom anhalten könnte. Aber ohnehin seien die Aktienkurse kein Spiegelbild der realen Wirtschaft, wie mir vor wenigen Tagen ein Ökonom der New York University im Interview sagte. Trumps Zölle bleiben ein Unsicherheitsfaktor und könnten die Inflation hier im Land in den nächsten Monaten ansteigen lassen. Der zitierte Wirtschaftsprofessor jedenfalls hält eine Kurskorrektur an den Aktienmärkten im kommenden Jahr von 10 bis 15 Prozent für durchaus vorstellbar. 

Wie stellt SRF sicher, dass die verwendeten Quellen zuverlässig, ausgewogen und vertrauenswürdig sind? Können Sie erläutern, wie Sie politische Einseitigkeit vermeiden – insbesondere den Vorwurf einer «linksgerichteten» Berichterstattung? Gibt es bei SRF interne Standards oder Kontrollmechanismen, die garantieren, dass Informationen nicht einfach aus einer einzigen Quelle wie Reuters übernommen werden, sondern aus einem breiten, neutralen Spektrum stammen? Und wie stellen Sie im Live-Chat sicher, dass Ihre Antworten sachlich und politisch neutral bleiben? 

Andrea Christen: Wir haben erstens publizistische Leitlinien, die unser journalistisches Schaffen leiten: https://publizistische-leitlinien.srf.ch/ Darin sind Dinge wie die «Zwei-Quellen-Regel» oder die korrekte Nennung von Quellen festgeschrieben. Zweitens, und ich gehe jetzt von meiner Arbeit als USA-Korrespondent aus, versuche ich wo immer möglich, die Originalquellen zu finden: Die Originalaussagen des Präsidenten, Gerichtsurteile und Gesetzesvorlagen im Wortlaut. Ich konsultiere Expert:innen, oder hole mir die Meinung einfacher Amerikanerinnen und Amerikaner. Ich lese die Meinungsspalten von liberalen Medien (New York Times, Washington Post etc.) genauso wie jene von konservativen (National Review, Wall Street Journal etc.). Ich schaue/höre liberale Shows (Pod Save America etc.) genauso wie konservative (Tucker Carlson etc.). Daraus bilde ich mir ein Gesamtbild, das so hoffentlich auch bei den Hörerinnen und Usern ankommt. Das Obige verdeutlicht übrigens auch, weshalb Korrespondenten und Korrespondentinnen Sinn machen, die «on the ground», im Berichtsgebiet die Lage überschauen. Das heisst nicht, dass ich nicht sage, was Sache ist. Es ist nicht am mir, politische Inhalte der derzeitigen Regierung zu bewerten. Aber falls Trump nachweisbar die Unwahrheit sagt, was er sehr oft tut, so muss ich darauf hinweisen. 

Wie glaubhaft ist der Wandel von Marjorie Taylor Greene, zuvor grosse Trump-Supporterin, die sich nun gegen Trump stellt und sich in einem Interview der CNN für ihr eigenes toxisches Verhalten in der Politik entschuldigt hat? Ist es eine Taktik, um sich von Trump unabhängig zu machen, in Anbetracht der Midterms 2026? 

Barbara Colpi: Tatsächlich könnten persönliche politische Interessen eine Rolle spielen. Marjorie Taylor Greene ist bis jetzt die prominenteste MAGA-Vertreterin, die Trump als Belastung für die Zukunft sieht. Andere könnten folgen. MTG liebäugelt möglicherweise auch mit einem Senatssitz oder dem Gouverneursamt in Georgia. Zwar hat sie eigentlich bereits gesagt, für keinen der Posten antreten zu wollen, doch nicht zuletzt, hatte ihr dies Donald Trump ausgeredet und sie als chancenlos bezeichnet. Ihre neue, versöhnlichere Rhetorik könnte ebenfalls darauf abzielen eine breitere Wählerschaft anzusprechen. 

Die USA haben gerade den längsten Shutdown ihrer Geschichte hinter sich. Am Ende waren es vor allem die Demokraten, die Zugeständnisse machen mussten. Kann man das als Zeichen für eine Schwäche der Demokratischen Partei werten? 

Andrea Christen: Die Demokraten wollten staatliche Zuschüsse verlängern, um stark steigende Krankenkassenprämien (Obamacare) zu verhindern. Damit haben sie bei den Republikanern und bei Präsident Trump auf Granit gebissen. Anlässlich der Folgen des Shutdowns, die immer gravierender wurden, gaben acht Demokraten (genau gesagt: sieben Demokrat:innen und ein Unabhängiger, der in der dem. Fraktion sitzt) im Senat nach. Also ja: eine Niederlage. Und eine gespaltene, in den Augen vieler dem. Wähler in den USA auch eine schwache Partei, die Trump die Stange nicht halten kann. Aber: Die Demokraten haben es geschafft, das Thema Lebenshaltungskosten und Krankenkassenprämien auf die Agenda zu setzen. Sie werden, wenn die Prämien stark ansteigen, auf die Republikaner verweisen können und sagen: Sie sind schuld. Das könnte langfristig, mit Blick auf die Kongresswahlen in einem Jahr, für die Republikaner zum Rohrkrepierer werden. Denn: Manche ihrer Wähler, speziell in ländlich-ärmlichen Teilen des Landes, sind auf Obamacare angewiesen. Dass die Botschaft der Demokraten eine Resonanz hat, zeigten kürzlich die Wahlen in New Jersey, New York City, Virginia, wo sie überzeugende Siege einfuhren. 


Wie ist die wirtschaftliche Lage in den USA, steigt die Inflation? 

Barbara Colpi: Die Inflation ist in den letzten Monaten zwar stetig, insgesamt zeigt sich die US-Wirtschaft trotz handelspolitischen Spannungen und Zöllen robust. Konsumentinnen und Konsumenten spüren aber einen Preisanstieg bei Lebensmitteln, Wohnraum und von Zöllen betroffenen Produkten. 

Warum sind die Epstein-Akten überhaupt so brisant? Dem POTUS und seiner Gefolgschaft scheint das eh alles egal zu sein oder sein Image sogar noch zu verbessern. 

Andrea Christen: Ich sah es längere Zeit ähnlich wie sie. Trump wird sich, trotz des Geredes einer dritten Amtszeit, nie mehr den Wählerinnen und Wählern stellen müssen. Aber Epstein scheint das einzige Thema zu sein, bei dem er ständig in der Defensive ist. Und es scheint wie kein anderes Thema in der Lage, Trumps Basis von ihm zu entfremden. Bislang hat Trump auf einen sehr gefügigen Kongress (Parlament) zählen können. Bei Epstein zeichnete sich ab, dass einige Republikaner ausscheren würde. Trump musste eine Kehrtwende machen. Das ist, wenn man bedenkt, wie eisern Trump die Partei kontrollierte, bemerkenswert. Das könnten erste Anzeichen davon sein, dass die Partei, wenigstens teilweise, sich traut auszuscheren. Denn im Gegensatz zu Trump wollen viele wiedergewählt werden. 

Wie steht es eigentlich inzwischen um die politische sowie auch gesellschaftliche Polarisierung und Spaltung in den USA? Hat sich diese zusätzlich verschärft und inwiefern wirkt sich diese auf den Zusammenhalt der Menschen in den Vereinigten Staaten und auf Demokratie des Landes aus. 

Barbara Colpi: Die politische und gesellschaftliche Polarisierung in den USA hat sich nach aktuellen Analysen 2025 weiter verschärft. Die Fronten zwischen Republikanern und Demokraten sind verhärtet. Diese Polarisierung wirkt sich auch negativ auf die Demokratie der USA aus. Das Vertrauen in demokratische Institutionen wie Präsident, Kongress und den Obersten Gerichtshof ist deutlich gesunken. Ich habe in den letzten Wochen mit vielen Menschen gesprochen, die politisch entweder sehr rechts oder sehr links stehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass viele auch «müde» sind von hasserfüllten Grabenkämpfen und sich eigentlich wieder etwas mehr Konsens wünschten. 

Wie beurteilen Sie die langsam aufkommende Gegenbewegung, die sich aktiv gegen die Handlungen von Trump und den Republikanern aussprechen. Prominente Persönlichkeiten wie Mamdani mit viel Einfluss scheinen im Internet zumindest für ein Umdenken der Menschen zu sorgen, was die Debatte nur zusätzlich aufheizt. Haben die Demokraten die Fähigkeit, langfristig eine stabile Unterstützungsgruppe zu schaffen, um ihre Agenda durchzuführen? 

Roger Aebli: Mit Prognosen zu solchen Entwicklungen kann man sich eigentlich nur in die Nesseln setzen, wie die jüngste Vergangenheit zur US-Politik zeigt. Aber viele Beobachterinnen und Beobachter waren erstaunt über die deutlichen Wahlsiege der Demokraten Anfang Monat. Und just heute wurde eine Umfrage publiziert, die den Aufwärtstrend bestätigt. Würden die Zwischenwahlen 2026 bereits jetzt stattfinden, hätten die Demokraten einen Vorsprung von 14 Prozentpunkten gegenüber den Republikanern. Das sind die besten Umfragewerte für die Demokraten seit acht Jahren. Selbstverständlich ist das eine Momentaufnahme. Es zeigt aber, dass viele Wählende unzufrieden sind mit Teilen der Trump-Agenda. Insbesondere bei den Latinos, von denen letztes Jahr so viele wie noch nie für die Republikaner gestimmt hatten, findet ein Umdenken statt bzw. eine Rückkehr zur demokratischen Partei. Das hat sicherlich auch mit dem Vorgehen der Einwanderungsbehörde ICE gegen Migrantinnen und Migranten zu tun. Das politische Klima kann in einem Jahr aber wieder ganz anders aussehen und deshalb müssen die Demokraten zunächst die eigenen Hausaufgaben machen, sprich sich wieder darauf besinnen, wofür man eigentlich steht und wie man die Probleme der Bürgerinnen und Bürger anpacken will. Angesichts des Erstarkens einiger selbst ernannter demokratischer Sozialisten wie Mamdani sind Flügelkämpfe programmiert. Die Tatsache, dass Anfang Monat aber sowohl linke Kandidaten wie Zohran Mamdani wie auch moderate Politikerinnen wie Abigail Spanberger und Mikie Sherrill bei den Wählenden punkten konnten, indem sie Lösungen für «kitchen table issues» (Alltagsprobleme) versprachen, dürfte die Partei zuversichtlich stimmen für die Zwischenwahlen 2026. 

Die USA setzen zunehmend auf «Reshoring». Wie stark wird das die globalen Lieferketten verändern – und was bedeutet das langfristig für Schweizer Firmen, die in US-Supply-Chains eingebunden sind? 

Andrea Christen: Ich glaube die Pandemie hat die US-Regierung teils aufgerüttelt. Gezieltes Reshoring, etwa bei Halbleitern, war schon unter Präsident Biden ein Ziel. Präsident Donald Trump will es nun auf breiter Front, mit Zöllen, durchsetzen. Die Analyse, dass die Globalisierung, dass der Freihandel speziell mit China, Teil der industriellen USA sehr hart getroffen haben, ist richtig. Die Frage ist, ob die Reindustrialisierung, wie Trump sie sich vorstellt, realistisch ist. Nicht nur fragt sich, ob die USA über genügend Fachkräfte verfügt. Und selbst wenn Zölle in dieser Hinsicht erfolgreich wären: Das würde eine langfristige, stete Handelspolitik voraussetzen. Doch Trump hat viele seiner Zölle, die er am 2. April verkündet hatte, wieder heruntergeschraubt. Je näher die Kongresswahlen kommen und je höher die Preise werden/bleiben in den USA, umso höher dürfte der Druck werden, noch mehr zurückzukrebsen. Selbst wenn die Zölle vielleicht nicht ganz verschwinden: Der nächste demokratische Präsident wird sie wohl zurücknehmen. Auch wird das Oberste Gericht in den USA bald urteilen, ob Trump nur wegen Handelsdefiziten überhaupt solche globalen Zölle einführen durfte. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten frage ich mich, ob Unternehmen nicht teils einfach auch abwarten. Aber das ist reine Spekulation, auch könnte wohl unsere Wirtschaftsredaktion eine vertiefendere Antwort geben. 

Wie kann es sein, dass es so einen krassen Riss gibt zwischen den USA als fortschrittlichsten Player in Wissenschaft, Unterhaltung, Kultur… Und gleichzeitig die Menschen unter einem autoritären Regime leiden und die Essensgutscheine für die ärmsten wegfallen? Was wäre der Weg da raus und warum kümmert das so wenige? 

Barbara Colpi: Ihre Beobachtung ist präzis, und obwohl ich im Land lebe, bin ich immer wieder aufs Neue gefordert, diese Kluft zwischen Fortschritt und Rückschritt zu verstehen zu versuchen. Ein wichtiger Faktor ist die stark polarisierte und sozial ungleiche Gesellschaft. Die Menschen haben die Möglichkeit, sich politisch für ihre Interessen einzusetzen und zu wählen, doch in der Tat gibt es viele Menschen, die sich nur begrenzt kümmern. Die von Armut am stärksten Betroffenen sind oft überfordert von politischen Prozessen, andere fühlen sich machtlos oder wollen an der Situation nichts ändern. 

Würden Sie sagen,dass die Menschen in den USA freundlicher, offener und zuvorkommender sind als wir? Man hört ja immer wieder von dem Datingwandel hin zu mehr App lastigem Dating in der Schweiz,weil soziale Situation sonst seltener werden sehen sie das auch dort? 

Andrea Christen: Aus meiner eigenen Erfahrung: eindeutig ja. Ich wohne in Chicago, das mitten im Mittleren Westen liegt. Das «midwest nice» spüre ich hier tagtäglich. Es ist einfach mit Menschen zu reden (was in unserem Beruf ein Geschenk ist), man wird als Ausländer rasch akzeptiert. Wenn ich Wildfremde auf der Strasse kreuze, werde ich gegrüsst, was für die drittgrösste US-Stadt bemerkenswert ist. Natürlich ist diese Nettigkeit teilweise oberflächlich...aber sie ist halt doch nett. In anderen Teilen des Landes merke ich Unterschiede: Southern hospitality ist toll, an der Ostküste sind die Menschen zurückhaltender, aber doch freundlich. Ich habe manchmal Mühe, diese Freundlichkeit und Offenheit mit der bitteren politischen Stimmung, mit der Wut in der Politik und der Polarisierung zusammenzubringen. 

Warum bringt die Schweiz in den Zollgesprächen nie die politischen Vertretungsmandate für die USA zur Debatte? Es ist einfach unglaublich, wie wir uns vorführen lassen. Und die SVP macht dieses Dreckspiel fröhlich mit. 

Andrea Christen: Ich will nicht die Verhandlungsstrategie der Schweiz bewerten. Aber vielleicht sehr generell geantwortet: Die Schweiz ist nicht das einzige Land, das merken musste, dass der mächtigste Mann der Welt sich nicht um Regeln schert. Wer Resultate will muss schmeicheln, Gold schenken (siehe die Krone, die Trump in Asien erhielt), Trump für den Friedenobelpreis vorschlagen, zu Staatsbesuchen einladen (siehe Keir Starmer). Wer sich wehrt, muss damit rechnen im Oval Office gedemütigt zu werden (siehe Selenski). Viele Regierungs- und Staatschefs kamen wohl zum Schluss, dass dies der einzige Weg ist, auch angesichts von dem, was politisch und wirtschaftlich für ihre Länder auf dem Spiel steht. 

Wo der Dollar im Moment so schwach ist, was sind ihrer Meinung nach die schönsten, aber auch sichersten Ferienziele in den USA? Wie werten Sie insgesamt die Sicherheitslage für Touristen in Amerika? 

Andrea Christen: Die Sicherheitslage hat sich nicht grundsätzlich verändert. Es gilt, was in den USA schon immer galt, etwa dass es in den grossen Städten problematische Quartiere gibt, die man meiden sollte. Aber ansonsten ist und bleibt die USA ein tolles Reiseland. Ich hätte auch in den letzten Monaten nicht gehört, dass Schweizer Touristen Probleme bei der Einreise hätten. Ich bin grosser Fan einiger Nationalparks: Olympic National Park (fast etwas Geheimtipp), Yellowstone/Grand Teton, Acadia (generell ist Neu-England toll). Touristen spüren wohl auch nicht sehr viel von der geladenen politischen Stimmung. Man kann sich natürlich überlegen, ob man angesichts der politischen Verhältnisse hierherreisen will, aber das ist schlussendlich eine moralisch-ethische Entscheidung eines jeden Einzelnen. 

Wie verändert sich die globale Rolle der USA, wenn China technologisch und wirtschaftlich immer schneller aufholt – und wie wird diese Verschiebung hinter den Kulissen in Washington bewertet? Wo sieht man die Schweiz in dieser Rolle? 

Barbara Colpi: Um diese Frage umfassend beantworten zu können, reicht dieser Chat natürlich nicht. Ich versuche, die wichtigsten Punkte zu erwähnen: In Washington ist man sich der Herausforderung durch China sehr bewusst und die USA versuchen, ihre Vormachtstellung zu halten, nicht zuletzt, deshalb eskalierte ein Handelsstreit und nicht zuletzt deshalb, drängte Präsident Trump so sehr auf Exportrestriktionen gegenüber chinesischen Technologie-Firmen. Die USA versuchen in Schlüsselindustrien (z. B. Mikrochips) unabhängiger zu werden von China. Was die Schweiz betrifft, kann ich nur aus der Ferne beobachten. Als hoch technologisiertes Land mit engen wirtschaftlichen Verflechtungen zu den USA und zu China achtet die Schweiz darauf, stabilitätsfördernd und partnerschaftlich zu agieren. 

Was bedeutet der 15% Zollentscheid für die Schweizer Pharma-Industrie? 

Barbara Colpi: Die Schweizer Pharmaindustrie ist derzeit von den 15%-Zöllen ausgenommen, spielt aber trotzdem eine wichtige Rolle. Die Pharma-Industrie investiert massiv in ihre US-Standorte, um diese Ausnahmeregelung beibehalten zu können, denn angedroht hat Präsident Trump Zölle auf Pharmaprodukte. Und die Schweizer Pharma-Industrie steht zudem unter Druck, Preise für Medikamente in den USA zu senken. 

Die Art, wie Trump vor Putin immer wieder kuscht, zeigt doch, dass Trump – psychologisch gesehen – Putins Gehilfe ist oder von Putin erpresst wird. Bleibt einfach die Frage, womit. Epstein? Ein anderes dunkles Kapitel aus Trumps Vergangenheit? 

Andrea Christen: Trumps Neigung, Putins Positionen zu vertreten und ihm sogar mehr zu trauen als den eigenen US-Geheimdiensten, ist wirklich bemerkenswert. Dass der Kreml Mittel hat, um Trump unter Druck zu setzen, wird immer wieder vermutet, ist aber unbewiesen. Ich denke, eine Faszination Trumps für die Autokraten dieser Welt ist nicht von der Hand zu weisen. Er scheint beeindruckt von den «Strongmen», die vorbei an ihren Parlamenten, ohne Rücksicht auf demokratische Normen, herrschen. Diese Tendenz lässt sich auch an Trumps eigenem Versuch, die präsidiale Macht auszubauen, ablesen. Eine gewisse ideologische Verbundenheit mit Putin gilt auch für Teile der Republikanischen Partei und der Konservativen in den USA: Anti-Wokeismus, Ablehnung von LGBTQ etc. Es gilt zu betonen, dass andere, eher traditionelle Republikaner, sehr betont auf der Seite der Ukraine stehen und Putin vehement ablehnen. 

Wie wahrscheinlich ist es, dass Trump und Putin sich so einigen, dass Trump die Ukraine aufgibt und Putin im Gegenzug seine Unterstützung für Venezuela zurückfährt, dass sie also gewissermassen Gebiete zugunsten ihrer «Einflusssphäre» tauschen? 

Barbara Colpi: Tatsächlich gibt es Theorien, dass Trump und Putin beim Alaska-Gipfel über einen solchen «Kuhhandel» diskutiert haben. Natürlich wäre Venezuela mit seinen Ölreserven für Trump attraktiv, während Putin durch weitgehende Kontrolle über die Ukraine politisch und territorial profitieren würde. Die Lage ist aber weitaus komplexer und ich erachte dieses Szenario als rein spekulativ. 

Echo der Zeit, 15.11.25, 18 Uhr ; 

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