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Trinkwasser-Initiativen Der bange Blick der Bauern auf das neue Jahr

Viele Bauern fühlen sich von zwei kommenden Abstimmungen bedroht. Deren Annahme ist für sie ein Horrorszenario.

Den rund 200 Mastschweinen auf dem Hof von Samuel Schwab scheint es gut zu gehen. Neugierig beschnüffeln die bei Feinschmeckern beliebten Duroc-Schweine jede Ecke ihres Laufstalls. Etwas weniger zufrieden ist der Bauer.

Schwab macht sich Sorgen. Wenn die Trinkwasserinitiativen dieses Jahr angenommen werde, hätte das Konsequenzen für seinen Betrieb: «Wir müssten mehr als den halben Bestand unserer Zuchtsäue sowie einige Arbeitsplätze abbauen. Manche Gebäude würden leer stehen. Vor allem wäre unser ganzes Herzblut, das wir die letzten zwanzig Jahre in diese Zucht gesteckt haben, vernichtet.»

Der Laufstall von Samuel Schwabs Schweinen in Worb. Es sind Aarethal-Duroc-Schweine.
Legende: Der Laufstall von Samuel Schwabs Schweinen in Worb. Es sind Aarethal-Duroc-Schweine für Feinschmecker. SRF

Die Annahme der Initiativen ist auch ein Horrorszenario für den obersten Bauern der Schweiz. Bauernverbandspräsident Markus Ritter hat seinen Verband auf 2 x Nein zu den Trinkwasserinitiativen eingeschworen – ohne Gegenvorschlag.

Er ist zudem skeptisch gegenüber dem Freihandelsabkommen mit südamerikanischen Agrarstaaten und von der in der Agrarpolitik 22+ angedachten Reduktion des Tierbestandes hält er ebenfalls wenig: «Weniger Tiere bedeutet mehr Import. Bei Importen haben wir keine Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Darum ist für uns wichtig, dass wir jene Lebensmittel, die wir unter höchsten Tierwohl- und Umweltstandards produzieren können, hier produzieren.»

Futter wird importiert

Was aber wirklich Schweizer Lebensmittel sind, ist nicht so klar. Fast die Hälfte des Futters für Schweizer Schweine und rund 80 Prozent des Futters für die Schweizer Geflügelproduktion werden aus dem Ausland importiert. Das wäre nach Annahme der Trinkwasserinitiative nicht mehr möglich.

Über die Konsequenzen für etliche Betriebe ist sich auch Andreas Bosshart im Klaren. Er ist Geschäftsführer von Vision Landwirtschaft, einer Denkfabrik kritischer Agrarfachleute: «Es geht darum, die Futtermittelimporte und die zu hohen Ammoniak-Emissionen zu reduzieren. In Gebieten, wo die Tierbestände zu hoch sind, geht das nur mit weniger Tieren.»

Weniger Tiere und mehr Ackerflächen, das schwebt auch Kathrin Bertschy vor. Die grünliberale Berner Nationalrätin fordert graslandbasierte Fleischwirtschaft. Es sollen nur so viel Tiere auf einem Hof leben, wie dort Futter produziert und die anfallende Gülle verwertet werden kann. Eine solch nachhaltige Lebensmittelproduktion dürfe man von einer hoch subventionierten Branche erwarten: «Wir haben 3.5 Milliarden Franken Direktzahlungen und noch einmal so viel Zollschutz. Und die Konsumierenden und Steuerzahlenden erwarten, dass sie mit diesen sieben Milliarden nicht die Umweltzerstörung subventionieren.» So einfach sei das.

Das sieht auch Agrarexperte Bosshard so. Seit zwanzig Jahren blockierten die führenden Bauernpolitiker alle Anstrengungen für mehr Umweltschutz: «Am Schluss leiden die einzelnen Bauern darunter, das ist deprimierend.»

Den Bauern geht es nicht gut

Bauernverbandspräsident Ritter bestreitet, dass sich in der Landwirtschaft nichts bewege. Der Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln beispielsweise sei in den letzten zehn Jahren um 27 Prozent gesunken, jener von Antibiotika in der Tiermedizin um die Hälfte.

Der Laufstall von Samuel Schwabs Schweinen in Worb. Es sind Aarethal-Duroc-Schweine.
Legende: Der Laufstall von Samuel Schwabs Schweinen in Worb. Es sind Aarethal-Duroc-Schweine. SRF

Doch die Stimmung unter den Bäuerinnen und Bauern sei gedrückt. Denn sie würden für so manches Übel der Welt verantwortlich gemacht: vom Artensterben über die Gewässerverschmutzung bis hin zum Klimawandel. Das schlage aufs Gemüt, den Menschen jedenfalls. Den Schweinen ist es herzlich egal.

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