- Eine Person habe die Corona-Isolation missachtet, deshalb habe man 280 Menschen in Quarantäne schicken müssen. Das meldete der Kanton Solothurn am 3. Juli.
- Die Person soll am 27. Juni an einer Party in Grenchen teilgenommen haben, trotz angeordneter Isolation.
- Nun meldet sich die 21-jährige Partygängerin via Anwalt zu Wort und wehrt sich gegen die Vorwürfe.
- Es sei alles ein Missverständnis, betont sie. Dass sie an die Party ging, sei auf eine behördliche Auskunft zurückzuführen.
Die Aufregung war gewaltig, als der Kanton Solothurn am 3. Juli eine Mitteilung verschickte. Darin hiess es, am 27. Juni sei an einer Party in Grenchen eine Person anwesend gewesen, die positiv auf Corona getestet worden sei. Diese Person hätte eigentlich bis zum 1. Juli in Selbstisolation sein müssen. Sie habe diese Auflage aber missachtet. Später folgte eine Anzeige des Kantons gegen die Person.
Die Zeitung «Blick» schrieb einige Tage später, bei der Person handle es sich um eine 21-jährige Frau aus Grenchen. Diese stand damit landesweit am Pranger. Die Reaktionen waren heftig. Unter anderem in den sozialen Medien wurde das Verhalten der Frau kritisiert, es sei absolut unverantwortlich. Wie könne man als infizierte Person an eine Party gehen und somit die Ansteckung von anderen Menschen riskieren, fragten viele.
Verschiedene Medien berichteten darüber, dass unter den 280 Personen in Quarantäne auch ein Hochzeitspaar sei, das wegen der Massnahme die Hochzeit, für die schon alles organisiert gewesen sei, nun habe absagen müssen. Der Schaden sei riesig.
Am Montagabend, 13. Juli, verschickte die Frau über ihren Anwalt eine Mitteilung. Sie stellt den Sachverhalt anders als der Kanton dar: Am 16. Juni habe sie erste Symptome wahrgenommen. Am 22. Juni habe sie sich testen lassen, das Resultat sei positiv gewesen. Die Arztpraxis habe den Zeitpunkt für die ersten Symptome auf den 21. Juni datiert. Der Kanton habe ab diesem Zeitpunkt 10 Tage dazugerechnet und eine Quarantäne bis zum 1. Juli verordnet.
Am 24. Juni, so die Mitteilung des Anwalts, habe die Frau mit dem kantonalen Contact Tracing Center telefoniert. Die Frau habe gesagt, sie habe keine Symptome mehr, die ersten Symptome seien schon am 16. Juni aufgetreten. Die Mitarbeiterin des Kantons habe gesagt, dass die Quarantänefrist 10 Tage nach dem Auftreten der ersten Symptome ablaufe, also am 26. Juni.
Deshalb, so der Anwalt, habe die Frau angenommen, sie sei nicht mehr ansteckend und sei am 27. Juni an die Party gegangen. «Meine Mandantin und deren Familie weisen den Vorwurf, dass sie die Ansteckung von zahlreichen Personen bewusst in Kauf genommen habe, deshalb klar zurück», heisst es in der Medienmitteilung.
Der Anwalt erwähnt, im zuständigen Departement des Kantons Solothurn habe die Vorsteherin eine Untersuchung eingeleitet. Auf Anfrage im Departement des Innern heisst es, man kläre die Vorgänge ab.
Die Auskunft der Behörde
Was stimmt? Der Anwalt und die Frau bestreiten nicht, dass die Isolation bis zum 1. Juli verfügt war und dass diese Frist offensichtlich missachtet worden ist. Sie sagen aber, aufgrund einer behördlichen Auskunft sei es zu einem Missverständnis gekommen und deshalb sei die Frau an die Party gegangen.
Das kann stimmen. Es kann aber auch sein, dass die Frau Angst hat vor der Anzeige des Kantons, die zu einer Busse von bis zu 10'000 Franken führen könnte. Es könnte auch sein, dass noch Schadenersatzforderungen der 280 Personen kommen, die in Quarantäne gehen mussten. Und das könnte der Grund dafür sein, dass die Frau jetzt einen Anwalt engagiert hat. Sie will wohl in der Öffentlichkeit als Person da stehen, die zwar die Isolations-Vorschrift missachtet hat, aber aufgrund einer (angeblichen) behördlichen Auskunft davon ausging, dass sie an eine Party gehen könne, ohne für andere Menschen ansteckend zu sein.