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130 Prozent mehr Enormer «Schweiz-Zuschlag» bei Hunde-Kausticks

Das identische Produkt kostet bei Lidl in der Schweiz mehr als doppelt so viel wie in Deutschland.

Die «Orlando»-Kausticks gibt es sowohl bei Lidl in Deutschland als auch in der Schweiz zu kaufen. Hierzulande kosten acht Stück à 11 Gramm 1.79 Franken, in Deutschland dagegen umgerechnet knapp 80 Rappen. Bis auf die Verpackung stellt ein Hörer des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» keinen Unterschied fest. Hersteller, Gewicht und Zutaten: alles identisch. Nur der Preis ist in der Schweiz mehr als doppelt so hoch.

Lidl Schweiz: «Nicht mit dem deutschen Markt vergleichbar»

Dem Hund mag das egal sein, seinem Besitzer nicht. Er fragt bei Lidl Schweiz nach. Der Kundendienst antwortet ihm: «Wir haben bei Lidl die Philosophie: Beste Qualität zum besten Preis. Durch den Import der Waren entstehen bei uns zusätzliche Kosten für Produkte, weshalb wir uns nicht mit dem deutschen Markt vergleichen können.»  

Diese Antwort «ist mir schlecht eingefahren», sagt der Hundebesitzer. Eine solche Standardbegründung mag für ihn bei einem Preisunterschied von 20, höchstens 30 Prozent durchgehen, aber nicht bei dieser enormen Differenz. Der Mann hofft, dass «Espresso» eine bessere Erklärung erhält.

Fehlanzeige.  «Der direkte Vergleich von Produkten über die Grenze hinweg ‹hinkt› aus unserer Sicht. Es gibt zahlreiche Faktoren, die die Preise hier in der Schweiz erhöhen», schreibt Lidl dem SRF-Konsumentenmagazin. Es folgt eine pauschale Aufzählung von Mehrkosten durch Löhne, Gebäude, Transport, Import, Zölle und Schweizer Verpackung.

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Volkswirtschaftsprofessor: «Preise sind durchaus vergleichbar»

Auf die Nachfragen, wie diese Faktoren gerade bei diesen Hunde-Sticks einen Preisunterschied von 130 Prozent ausmachen und wo diese Sticks hergestellt werden, gibt es keine konkrete Antwort. Dafür den bemerkenswerten Satz: «Wir setzen stets alles daran, unseren Kundinnen und Kunden das beste Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten, wobei dies ausnahmslos auch bei dem von Ihnen betrachteten Artikel zutrifft.» Tatsächlich?

«Espresso» will von Volkswirtschaftsprofessor Mathias Binswanger von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW wissen, ob die Begründung von Lidl plausibel sei: «Nein», so seine Antwort. «Es wird ja gar keine Erklärung geliefert. Man kann schon vermuten, dass hier auch versucht wird, die höhere Schweizer Kaufkraft abzuschöpfen.»

Typische Rechtfertigung für Schweiz-Zuschlag

Und was sagt der Experte zur Aussage von Lidl, dass ihre deutschen und Schweizer Preise nicht vergleichbar seien? «Die Preise sind durchaus vergleichbar für identische Produkte. Bei gewissen Produkten gibt es grosse Unterschiede zum Ausland, bei anderen nicht. Das lässt sich nicht mit Gebäude-, Transport- oder Lohnkosten rechtfertigen.»

Also ein typisches Beispiel für einen Schweiz-Zuschlag und die Argumentation der Discounter und Detailhändler? «Ja, ziemlich typisch», findet Binswanger. «Dort wo es möglich ist, versucht man in der Schweiz höhere Preise zu setzen.» Das gelte keineswegs nur für Lidl.

Espresso, 23.06.2022, 08:13 Uhr

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