In zahlreichen Ländern der Welt begannen Regierungen Ende der 1990er-Jahre damit, ihre Märkte zu öffnen und Staatsunternehmen zum Teil vollständig zu privatisieren – so auch die Schweiz.
Doch hierzulande wäre eine komplette Privatisierung der PTT Telecom, wie die Swisscom vor dem Börsengang hiess, nicht mehrheitsfähig gewesen. Bei einer Vollprivatisierung wäre die Swisscom viel stärker reguliert worden, wie der langjährige Swisscom-Beobachter und Netzwerk-Ökonom Matthias Finger sagt. «Das wäre schlecht fürs Business gewesen.»
Millionen für die Bundeskasse
Der Bund hatte als Mehrheitsaktionär kein Interesse an einem zu engen Korsett für die Swisscom. Denn so hätte er deren künftige Entwicklung unter Umständen gehemmt. In der Folge profitierte die Eidgenossenschaft Jahr für Jahr von Dividenden in Millionenhöhe. Die Teilprivatisierung sorgte für die im Telekommarkt nötige Agilität der Swisscom.
Allerdings sorge das Zwitter-Gebilde einer börsendotierten Firma in Mehrheitsbesitz des Bundes für eine Verzerrung des Marktes, so ETH-Lausanne-Professor Finger. Seiner Ansicht nach hätte eine komplette Privatisierung durchaus Vorteile. So hätte man einen «saubereren» Markt, den man besser regulieren könnte. Dies hätte laut Finger auch für die Konsumenten Vorteile – sprich tendeziell tiefere Preise. «Doch ob es für die Swisscom ebenfalls besser wäre, ist eine andere Frage», so Finger.
Gut positioniert in einem schwierigen Umfeld
Blickt man zurück, stellt man fest, dass es für die Swisscom in den letzten Jahren trotz rückläufigem Telefoniegeschäft äusserst gut lief. So hat sich der einstige Staatsbetrieb neue Geschäfte aufgebaut. Dazu gehört etwa das zeitversetzte Fernsehen oder Cloud-basierte Speicherlösungen. Allerdings war der Jahresumsatz vor 20 Jahren mit 10,5 Milliarden Franken nur wenig tiefer als heute. Und der damalige Betriebsgewinn war mit 2,9 Milliarden Franken sogar höher als heute.
Die Gründe dafür liegen im stark umkämpften Schweizer Telekommarkt. Die Möglichkeiten für eine Geschäftsausdehnung seien eher beschränkt, stellt Finger fest. Zwar könne man versuchen, ins Ausland zu expandieren. Doch das sei risikobehaftet und von der Politik nicht wirklich gewünscht. Oder man könne diversifizieren. «Doch dann tritt man immer anderen auf die Füsse.»
Vollprivatisierung hat wenig Chancen
Die Bilanz 20 Jahre nach dem Börsengang sei aus Sicht der Swisscom, des Bundes und der Aktionäre durchaus ein Erfolg, so der Netzwerk-Ökonom weiter.
Doch in der Politik sehen das nicht alle so. Immer wieder kommt das Thema einer vollständigen Swisscom-Privatisierung aufs Tapet. Allerdings sind die Meinungen dazu heute kritischer als noch vor 20 Jahren. Damals war eine regelrechte Privatisierungswelle im Gang.