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Affäre um Pierin Vincenz Raiffeisen-CEO Gisel erhält Rückendeckung von Verwaltungsrat

  • Der Präsident der Raiffeisen, Rüegg-Stürm, nimmt Patrik Gisel als Vorsitzenden der Geschäftsleitung gegen Vorwürfe in der Vincenz-Affäre in Schutz.
  • Dies, obwohl Gisel laut Medienberichten schon länger von den mutmasslichen Mauscheleien seines Vorgängers gewusst und nicht interveniert haben soll.

Die möglichen illegalen Machenschaften des ehemaligen Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz seien für die gegenwärtige Geschäftsleitung um Patrik Gisel nicht erkennbar gewesen. Das erklärte Bank-Präsident Johannes Rüegg-Stürm in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».

«Wenn Sie falsche Angaben erhalten oder Ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden, können Sie sich kein korrektes Bild verschaffen», sagte Rüegg-Stürm.

Internen Check «sehr früh» eingeleitet

So habe Vincenz gegenüber dem Management relevante Sachverhalte nicht offengelegt. Dieser habe eine private Beteiligung an der später übernommenen Beratungs- und Investmentgesellschaft Investnet kaschiert.

Raiffeisen-Präsident Rüegg-Stürm bestritt auch, dass der Verwaltungsrat zu wenig genau hingeschaut habe. Als vor rund zwei Jahren erste Verdachtsmomente laut wurden, habe die Bank sehr früh einen internen Check eingeleitet, sagte er. Dabei seien die gesamte rechtliche Konstruktion, die sichtbaren Verflechtungen und mögliche Interessenkonflikte abgeklärt worden.

Erst mit der Eröffnung der Strafuntersuchung seien für den Verwaltungsrat Verdachtsmomente sichtbar geworden, betont der Raiffeisen-Präsident. Eine Strafverfolgungsbehörde habe ganz andere Mittel, um einen Sachverhalt zu klären. Die zutage getretene Entwicklung habe ihn völlig überrascht und schockiert.

«Sonntagszeitung» zeichnet anderes Bild

Ein anderes Bild zeichnen allerdings andere Sonntagsblätter; die «Sonntagszeitung», die «Zentralschweiz am Sonntag» und die Ostschweiz am Sonntag. Ihnen zufolge habe der amtierende Raiffeisen-Chef schon länger von den mutmasslichen Machenschaften seines Vorgängers gewusst.

Ein Rechtsgutachten hätte bereits 2009 indiziert, dass Vincenz beim Millionen-Kauf der Zahlterminal-Firma Commtrain zwar nicht das Gesetz gebrochen habe, aber auf beiden Seiten des Verhandlungstisches gesessen sei. Weiter habe der Finanzblog «Inside Paradeplatz» im Sommer 2016 Vincenz' verdeckte Zahlungen enthüllt.

Präsident räumt Fehler ein

In der «NZZ am Sonntag» räumte Präsident Rüegg-Stürm auch Fehler ein. Die Einsetzung von Vincenz’ Ehefrau als Leiterin der Rechtsabteilung der Bank sei eine «unglückliche Konstellation» gewesen. «Mit dem Wissen von heute würde ich dies selbstverständlich anders handhaben.»

Das Aufsichtsgremium will auch an Gisel als CEO festhalten, obschon dieser zeitweise Präsident jener Beratungsgesellschaft war, die nun Gegenstand der Strafuntersuchung ist. Gisel führe die Raiffeisen-Gruppe sehr erfolgreich, sagte Rüegg-Stürm. Gisel geniesse die vollumfängliche Unterstützung des Verwaltungsrats.

Bank-Präsident tritt wieder an

Bei der Bank kommt es aber ohnehin zu personellen Veränderungen. Neun der zwölf VR-Mitglieder scheiden bis 2020 aus. Im Juni sollen zwei neue Mitglieder gewählt werden. Rüegg-Stürm will zwei weitere Jahre als Präsident antreten.

Rüegg-Stürm seit 2008 im Verwaltungsrat

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Der 1961 geborene HSG-Professor präsidiert den Verwaltungsrat im 50-Prozent-Pensum seit 2011. Ins Gremium berufen wurde er 2008.

Der frühere Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz sitzt seit dieser Woche in Untersuchungshaft. Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung. Vincenz soll bei Firmenübernahmen der Kreditkartengesellschaft Aduno und der Investmentgesellschaft Investnet ein Doppelspiel gespielt und persönlich abkassiert haben.

Aduno reichte im letzten Dezember Anzeige ein. Raiffeisen doppelte letzte Woche nach. Vincenz bestreitet die Vorwürfe.

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