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Alpiq-CEO Jens Alder «Uns ist schlicht das Geld ausgegangen»

2018 hat Alpiq 63 Millionen Franken Verlust gemacht. Der umsatzmässig stärkste Energie-Konzern der Schweiz existiert seit gut 10 Jahren und hat in dieser Zeit überwiegend für negative Schlagzeilen gesorgt.

Im «ECO»-Interview spricht Jens Alder über seine Doppelfunktion als Konzernchef und Verwaltungsratspräsident und erklärt, weshalb Alpiq ihr Tafelsilber verkaufen musste.

Jens Alder

CEO und VR-Präsident Alpiq

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Jens Alder ist der neue Konzernchef von Alpiq, des umsatzstärksten Energieunternehmens der Schweiz. Seit seine Vorgängerin Jasmin Staiblin auf Ende 2018 das Unternehmen verlassen hat, führt Jens Alder ein Doppelmandat aus: Er ist ebenfalls Verwaltungsratspräsident von Alpiq.

SRF: Sie haben mit dem Industriegeschäft die Zukunftstechnologie verkauft – das Feld, wo künftiges Wachstum möglich wäre. Ist es nicht schlimm für eine Firma, dass sie die zukunftsträchtigsten Sparten verkaufen muss?

Jens Alder: Ja. Ich würde das nicht als Zukunftsfeld betrachten. Es ist eine Diversifikation mit attraktiven Gewinnaussichten. Das stimmt so. Aber wir haben das auch aus der Not gemacht, uns ist schlicht das Geld ausgegangen. Wir mussten diesen Teil verkaufen.

Jetzt sind wir auf dem Kerngeschäft. Das muss gut gehen.

Das heisst, wir haben keine Diversifikationsstrategie mehr: Jetzt sind wir auf dem Kerngeschäft. Das muss gut gehen.

Im Klartext: Hätten Sie nicht verkauft, hätten Sie zu viele Schulden gehabt, zu wenig Liquidität und wären Pleite gegangen?

Das kann man so nicht sagen. Das Risiko wäre überproportional angestiegen. Man versucht ja, als Verwaltungsrat und als Geschäftsleitung möglichst früh die Ruder richtig einzustellen. Aber wir haben gesehen: Es gibt relativ grosse Risiken am Ende, wenn wir dieses Tafelsilber – hätte ich fast gesagt – nicht verkauft hätten.

Sie mussten verkaufen an Bouygues. Jetzt haben Sie noch eine Auseinandersetzung mit Bouygues: Die wollen 200 Millionen – fast ein Viertel – von Ihnen wieder zurück. War das so schlecht aufgegleist, so schlecht durchgerechnet?

Ja, ich muss sagen, wir sind sehr erstaunt über diese Forderung. Wir können sie nicht nachvollziehen.

Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind. Deshalb haben wir beide das Schiedsgericht angerufen.

Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind. Deshalb haben wir beide das Schiedsgericht angerufen. Wir werden sehen, was dabei rauskommt.

Wann wird das Schiedsgericht entscheiden? Das wird Sie wahrscheinlich über Jahre hinweg beschäftigen?

Vor allem wird es die Juristen eine ganze Weile beschäftigen. Die Konzernleitung eher nicht mehr. Ich gehe nicht davon aus, dass wir in diesem Jahr einen Entscheid haben. Und dann werden wir sehen.

Sie haben heute 63 Millionen Franken Verlust verkündet. Wenn Sie jetzt 200 Millionen wieder zurückzahlen müssten, ginge das an die Substanz, oder?

Wenn dieser Fall eintreten würde – von dem wir nicht ausgehen – dann wäre das natürlich sehr unangenehm. Es ginge nicht an die Substanz – wir verfügen immerhin noch über 1,2 Milliarden Franken Liquidität.

Sie machen immer noch Verlust. Alle Aktionäre und Anleger wollen wissen: Wann macht denn Alpiq endlich wieder mal Gewinn?

Ich kann es Ihnen sagen: Im Jahr 2020 und später.

Das wissen Sie jetzt schon?

Das wissen wir jetzt schon: Wir haben – das ist üblich in dieser Art von Stromgeschäft – unsere Stromkapazität aus der Schweiz schon verkauft für das Jahr 2020 und 2021 – fest verkauft, fest eingebucht. Diese Preise kennen wir: Die sind einiges höher als die heutigen. Wir sehen den Gewinn. Der kommt ganz sicher 2020 und später.

Sie sind Verwaltungsratspräsident und Konzernchef – eine Doppelfunktion, die heute gemäss Standard der guten Unternehmensführung eigentlich gar nicht mehr möglich ist. Weshalb trotzdem bei Alpiq?

Gut, es ist legal schon noch möglich. Aber Sie haben Recht, es ist nicht Usus. Wir haben das sehr genau überlegt und auch im Verwaltungsrat evaluiert. Wir haben alle Optionen angeschaut. Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir nach der Transformation vom letzten Jahr eine Stabilisierungsphase wollen. Uns scheint das im Augenblick das beste Modell zu sein.

Sie sind der Stabilitätsanker, aber wie lange wollen Sie das machen?

Ja, möglichst nicht lange. Ich gehe davon aus, dass es ein paar wenige Jahre dauern wird, bis wir am Ende dieser Konsolidierungsphase wieder Wachstum sehen. Dann trete ich zurück.

Ein paar wenige Jahre wollen Sie das machen. In drei Jahren sind sie immer noch beides?

Das weiss ich nicht. Ich würde es mal so sagen: 2019 werde ich es sicher noch sein, in fünf Jahren bin ich es ganz sicher nicht mehr.

Das Gespräch führte Reto Lipp.

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