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Angst vor einem Handelskrieg Trump-Berater nimmt Deutschland aufs Korn

Berlin manipuliere den Eurokurs zum eigenen Vorteil, sagt Peter Navarro. SRF-Wirtschaftsredaktorin Maren Peters erklärt, was an den Vorwürfen dran ist.

Das Wichtigste in Kürze

  • Trumps Wirtschaftsberater beschuldigt Deutschland in einem Zeitungsintetview, den Kurs des Euros zu beeinflussen. Deutschland weist 2016 einen Exportüberschuss auf.
  • Finanzmärkte fürchten sich vor einem Handelskrieg. Deshalb sind die Kurse gesunken.
  • Obwohl auch die Schweiz hohe Exportüberschüsse aufweist, steht sie zurzeit nicht im Fokus der USA. dazu ist das Exportvolumen in die USA zu klein.

SRF News: Der ranghöchste Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump hat Deutschland vorgeworfen, sich mit dem schwachen Euro Handelsvorteile zu Lasten der USA zu verschaffen. Worum geht es?

Maren Peters: Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro wirft Deutschland in dem Interview mit der «Financial Times» vor, es manipuliere den Eurokurs zum eigenen Vorteil. Dadurch erschleiche sich Deutschland gegenüber den USA unfaire Handelsvorteile. So profitiere Deutschland von einer «extrem unterbewerteten impliziten Deutschen Mark», sagt Navarro. Das ist starker Tobak. Den Vorwurf der Währungsmanipulation kannte man bislang höchstens im Zusammenhang mit China.

Ist an den Vorwürfen Navarros etwas dran?

Ein bisschen schon, allerdings ist ein Teil der Argumente auch aus der Luft gegriffen. So kann Deutschland den Euro gar nicht selber und willentlich schwächen. Der Euro ist eine Gemeinschaftswährung von 19 Ländern. Ausserdem wird die Geldpolitik von der Europäischen Zentralbank EZB gemacht. Sie muss dabei alle Mitglieder der Währungsunion berücksichtigen: Deutschland genauso wie Griechenland. Auch drängt Deutschland keineswegs darauf, den Euro billiger zu machen. Berlin möchte im Gegenteil seit längerem, dass die EZB ihre lockere Geldpolitik aufgibt. Das würde den Euro eher stärker machen.

Wenn die USA das Gleiche mit China oder auch Japan machen, ist schnell ein ernsthafter, weltweiter Handelskonflikt entbrannt.
Autor: Maren Peters SRF-Wirtschaftsredaktorin

Was stimmt denn an den Vorwürfen Navarros?

Deutschland hat in den letzten Jahren von der Gemeinschaftswährung stark profitiert. Weil der Euro im Vergleich zu anderen Währungen wie dem Dollar oder dem Franken relativ schwach ist, können deutsche Exporteure ihre Waren im Ausland günstig verkaufen. Deutschland hat deshalb einen immensen Exportüberschuss in Höhe von 270 Milliarden Euro angehäuft. Das sind fast neun Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Viele Ökonomen und auch der Internationale Währungsfonds oder die OECD kritisieren dies. Ihr Vorwurf ist aber weniger, dass Deutschland zu viel exportiert, sondern dass es im Verhältnis zu wenig im eigenen Land investiert. Deutschland sollte also zum Beispiel bessere Strassen bauen oder die Bildung verbessern. Das würde nicht nur Deutschland zu mehr Wachstum verhelfen, sondern würde der schwächelnden Eurozone insgesamt zugute kommen.

Bisher attackieren die USA Deutschland erst verbal. Trotzdem haben die Finanzmärkte bereits reagiert: Die Kurse tauchen. Zu Recht?

Wenn die USA tatsächlich zubeissen würden und Deutschland ganz offiziell zum Währungsmanipulator erklären würden, dann könnte es recht schnell sehr ernst werden. Denn dann wären seitens der USA errichtete Handelsbarrieren gerechtfertigt, weil die US-Wirtschaft unter dem im Vergleich zum Euro hohen Dollar leidet. Die USA könnten also beispielsweise höhere Einfuhrzölle für Waren aus Deutschland einführen. In der Folge könnte sich wiederum Deutschland genötigt sehen, Strafzölle auf US-Waren zu erheben. Wenn die USA das Gleiche mit China oder auch Japan machen, ist schnell ein ernsthafter, weltweiter Handelskonflikt – um nicht zu sagen Handelskrieg – entbrannt. Davor fürchten sich die Finanzmärkte und deshalb sind die Kurse bereits gesunken. Eine solche Situation würde allerdings am Ende allen schaden, wie die Erfahrungen aus den 1930er-Jahren zeigen.

Auch die Schweiz hat Handelsüberschüsse: Besteht die Gefahr, dass die US-Regierung irgendwann auch die Schweiz aufs Korn nimmt?

Die Gefahr besteht durchaus. Schon unter der Obama-Regierung setzte das US-Finanzministerium die Schweiz im letzten Herbst auf eine Liste mit potenziellen Währungsmanipulatoren. Grund sind die hohen Exportüberschüsse, aber auch das Vorgehen der Schweizerischen Nationalbank, die den Franken durch gezielte Interventionen am Devisenmarkt bewusst schwächt. Allerdings sind die Exporte aus der Schweiz in die USA verglichen mit jenen Deutschlands kaum der Rede wert. Derzeit finden das die Amerikaner noch nicht gefährlich – die Schweiz dürfte vorerst vor einer direkten Attacke aus Washington einigermassen sicher sein.

Das Gespräch führte Joël Hafner.

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