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Antizyklischer Kapitalpuffer Obacht bei Hypotheken-Vergabe oder beim Kauf eines Eigenheims

Jetzt also doch: Die Schweizerische Nationalbank SNB zieht die Notbremse. Sie hat dem Bundesrat beantragt, den sogenannten «antizyklischen Kapitalpuffer» zu reaktivieren. Es ist ihr schlicht zu brenzlig geworden auf dem einheimischen Immobilienmarkt. Die Preise für Wohnliegenschaften und das Volumen der vergebenen Hypotheken sind deutlich gestiegen; und zwar stärker als das beispielsweise die Konsumentenpreise, die Einkommen oder das Bruttoinlandprodukt nahelegen würden. Corona mit den Lockdowns hat den Run auf Eigenheime zusätzlich befeuert.

In so einer Situation würde eine Notenbank eigentlich nach Lehrbuch die Zinsen anheben. Damit würde sie indirekt Hypothekarkredite verteuern und so den Boom bremsen. Doch die SNB kann ihre Zinsen momentan nicht anheben. Sie würde damit riskieren, dass der Schweizer Franken noch attraktiver, und damit noch stärker würde: Das wäre Gift für die hiesige Wirtschaft.

Zweitbestes Mittel kommt zum Zug

Nun greift sie also zu dem Mittel, das ihr effektiv noch zur Verfügung steht: den antizyklischen Kapitalpuffer. Sie hat nach Rücksprache mit der Finanzmarktaufsicht Finma dem Bundesrat beantragt, den Puffer zu reaktivieren: Ab Ende September beträgt das zusätzliche Kapitalpolster die vollen 2.5 Prozent, die laut Reglement möglich sind.

Antizyklischer Kapitalpuffer

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Der antizyklische Kapitalpuffer ist ein Instrument, mit dem die Behörden einer Überhitzung im Immobilienmarkt vorbeugen können. Ist er aktiviert, müssen die Banken Hypotheken, die sie vergeben, mit zusätzlichem Eigenkapital absichern. Das dient als Sicherheitspolster und macht die Banken krisenfester. Sie können damit im Krisenfall grössere Verluste auffangen.

Im März 2020 hatten Nationalbank und Bundesrat den antizyklischen Puffer ausser Kraft gesetzt. Sie wollten damals den Banken Luft verschaffen, damit die in der Pandemie notleidenden Unternehmen mit Krediten unter die Arme greifen können. Inzwischen überwiegen aber die Risiken auf dem Immobilienmarkt, sodass der Bundesrat auf Antrag der Nationalbank den Puffer reaktiviert.

Mit der Reaktivierung dieses Puffers verfolgen die Behörden zwei Ziele: Zum einen werden Banken dadurch robuster. Sollten Kundinnen und Kunden ihre Hypothek gleich reihenweise nicht mehr bedienen können, könnten Banken künftig höhere Ausfälle auffangen, ohne selber ins Wanken zu kommen. Zum andern verteuert der Puffer indirekt die Vergabe von Hypotheken, was den Run auf Eigenheime bremsen könnte.

Eher zu spät als zu früh

Dass die Nationalbank diesen Puffer reaktiviert, kommt nicht überraschend. Im Gegenteil: Sie hätte das auch schon früher tun können. Einerseits ist die Gefahr einer Immobilienkrise stetig grösser geworden. Andererseits sind die Banken gut durch die Coronakrise gekommen und sind entsprechend auch in der Lage, sich dieses zusätzliche Sicherheitspolster «zu leisten».

Die Bankiervereinigung zeigt auf Anfrage zwar wenig Verständnis für die Massnahme der Behörden. Sie hätte sich - wenn überhaupt - eine sanftere Variante gewünscht, etwa mit einem tieferen Prozentsatz als der nun verhängten 2.5 Prozent. Doch in Anbetracht, wie schmerzhaft eine Immobilienkrise für alle Beteiligten wäre, ist das Durchgreifen der Behörden nachvollziehbar.

Die Botschaft von Nationalbank, Bundesrat und Finma ist klar und deutlich: Passt auf beim Vergeben von Hypotheken oder beim Kaufen eines Eigenheims! Dieses Warnsignal ist mindestens so wichtig wie die Implementierung des Kapitalpuffers.

Eveline Kobler

Wirtschaftsredaktorin

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Eveline Kobler ist seit 2007 bei Radio SRF tätig und leitet seit Dezember 2016 die Wirtschaftsredaktion.

SRF 4 News, 26.1.2022, 16:00 Uhr

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