Gigantische Schulden: Es ist die jüngste Hiobsbotschaft aus der Branche der Lieferanten von Autoteilen. Die US-Firma First Brands hat in Texas Insolvenz angemeldet. Die Verbindlichkeiten belaufen sich je nach Berechnungsart auf zwischen 10 und 50 Milliarden Dollar. Demgegenüber stehen Vermögenswerte von nur maximal 10 Milliarden Dollar. Es bleibt ein gigantisches Loch. Der Fall lässt aufhorchen und zeigt beispielhaft, dass die Autozulieferer mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Wer ist First Brands: Das Unternehmen gehört zu den grössten und wichtigsten Lieferanten von Autoteilen und führt unterschiedliche Marken im Sortiment. Es sind Scheibenwischer, Bremsklötze, Kraftstoffpumpen, Hebestützen, Zündkerzen, Filter und vieles mehr. Die Firma ist in privatem Besitz, ist also nicht börsenkotiert. First Brands wuchs in den vergangenen Jahren durch Übernahmen stark, die Firmenkäufe wurden mit Krediten bezahlt. Inzwischen sind die Umsätze rückläufig, die Firma macht Verluste und ist dadurch in die Insolvenz gerutscht. Der Kollaps wird als chaotisch bezeichnet, die Gläubiger versuchen sich einen Überblick über die Schulden zu verschaffen.
Hiobsbotschaften auch aus Europa: Nicht nur in den USA kämpft die Branche mit Schwierigkeiten, sondern auch in Europa. Es gibt Massenentlassungen und Insolvenzen, vor allem in Deutschland. Der Autozulieferer Bosch zum Beispiel hat den Abbau von 13'000 Stellen angekündigt, der Konkurrent ZF Friedrichshafen baut bis zu 14'000 Arbeitsplätze ab. Bereits im Sommer hat die Huber Automotive AG in Göppingen Deutschland einen Insolvenzantrag gestellt und auch die MVI Group in Wolfsburg steckt in einem Insolvenzverfahren.
Zulieferer sind nicht mehr wettbewerbsfähig: «Bis zum Jahr 2030 gehen wir davon aus, dass im gesamten Zulieferfeld rund 100'000 Arbeitsplätze in Deutschland wegfallen», sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in der Bild-Zeitung. Es seien wie Dominosteine, die fallen. Deutschland sei zu teuer und nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber den günstigeren Konkurrenten aus Asien. 2019 seien bei den Autofirmen und den Zulieferern in Deutschland 834'000 Personen beschäftigt gewesen, jetzt seien es nur noch 720'000, so der Autoexperte. Nun reagiert die Regierung. Bundeskanzler Friedrich Merz organisiert in den kommenden Tagen einen Krisengipfel zur Autoindustrie.
Enge Verflechtung mit der Schweiz: Für die Schweiz ist Deutschland der wichtigste Handelspartner und dies gilt insbesondere auch im Bereich der Autoteile – es gibt einen regen Austausch zwischen den Firmen beider Länder. Wenn die Autoindustrie in Deutschland in die Tiefe rutscht, dann hat dies auch Folgen für die Zulieferer aus der Schweiz. Das Geschäft mit Autoteilen ist schon seit längerer Zeit rückläufig. Die Schweizer Exporte in die Welt sind in den vergangenen 10 Jahren um einen Viertel eingebrochen. Nach der Pandemie zeichnete sich zunächst eine Erholung ab, doch nun sind die Exporte weiter rückläufig.
Bedeutung der Branche: Die Autos sind für die Schweizer Industrie und für die Schweizer Wirtschaft generell wichtig. Laut einer Studie der Universität Zürich arbeiten in der Schweiz rund 32'000 Personen in der Branche der Zulieferer. Es sind vor allem auch viele kleinere und mittelgrosse Betriebe, die zusammen einen Umsatz von 13 Milliarden Franken generieren.