Berufseinsteiger trifft ein Wirtschaftseinbruch doppelt hart. Zum einen fällt es ihnen schwer, eine Stelle zu finden. Zum anderen wirkt diese Bürde noch lange nach.
Verschiedene internationale Studien zeigen: Im Vergleich zu Neueinsteigern in wirtschaftlich normalen Zeiten sind Einsteiger in Krisen später häufiger arbeitslos, verdienen weniger und steigen seltener auf.
Man trägt sichtbar eine Narbe mit sich rum.
Stefan Wolter, Bildungsökonom an der Universität Bern, hat mögliche Erklärungen: «Die von einer Arbeitslosenperiode verursachte Lücke und die schlechteren ersten Jobs bleiben für immer im Lebenslauf sichtbar.» Dies verschlechtere die Ausgangsposition der Betroffenen, wenn sie später wieder eine neue Stelle suchen oder aufsteigen möchten. «Die Betroffenen tragen sichtbar eine Narbe mit sich rum», sagt Wolter.
Bund sieht stabile Lehrstellensituation
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Die Lehrstellensituation in der Schweiz ist nach Angaben des Bundes trotz angespannter Wirtschaftslage insgesamt weitgehend stabil. Gesamtschweizerisch wurden per Ende Mai vier Prozent weniger Lehrverträge abgeschlossen als vor einem Jahr.
In der ganzen Schweiz sind per Ende Mai 2020 knapp 48'000 Lehrverträge unterzeichnet worden, wie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) mitteilt.
Trendmeldungen seitens der Kantone zeigten für die Deutschschweizer Kantone eine insgesamt stabile Lehrstellensituation. Ein grosser Teil der Lehrstellen habe bereits vergeben werden können. Mehrere Kantone verzeichneten wie in früheren Jahren sogar einen Lehrstellenüberschuss.
Entsprechend müssten sie auch Stellen akzeptieren, die ein höheres Risiko aufweisen, später wieder abgebaut zu werden. Oder sich mit tieferen Löhnen begnügen.
Das schwächste Glied in der Kette
Oft geraten Junge in Krisen unverschuldet in eine solche Situation. Sie sind Opfer des rationalen, betriebswirtschaftlichen Handelns der Unternehmen. Bei schwacher Auftragslage werden keine Stellen geschaffen, sondern teilweise sogar abgebaut. Darunter leiden stellensuchende Neueinsteiger als erste und am stärksten. In Krisen ist das immer der Fall. Das zeigt der Blick in die Vergangenheit.
Internationale Forschungsliteratur
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Zum Berufseinstieg in Krisen existiert eine umfangreiche Forschungsliteratur. Laut Michael Siegenthaler von der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich gilt eine Studie aus Kanada als Standardreferenz.
Anhand von männlichen College-Absolventen wurden die Auswirkungen eines Einstiegs in einer Rezession untersucht. Demnach hatten die Abgänger im Vergleich zu solchen in wirtschaftlichen Normalzeiten im Mittel zehn Jahre Nachteile in Form von tieferen Löhnen.
Die individuellen Unterschiede waren gross. Wer gut abschloss und vor allem schon Arbeitserfahrung mitbrachte, war deutlich weniger betroffen. Häufige Jobwechsel halfen, das Defizit auszugleichen.
Verschiedenste Untersuchungen aus Ländern Europas, Nordamerikas und Ostasiens belegen zudem: Im Mittel sind Berufseinsteiger in Rezessionen in ihrem Berufsleben häufiger arbeitslos, verdienen weniger und steigen seltener auf. Die Länge der Benachteiligung variiert zwischen weniger als fünf Jahren und deutlich mehr als zehn Jahren.
Auch aktuell signalisieren die Zahlen des Bundes gleiches. Seit Ausbruch des Coronavirus schnellt die Jugendarbeitslosigkeit der 15- bis 24-Jährigen in die Höhe – weit stärker als die Gesamtarbeitslosigkeit. Und ein Ende sei vorerst nicht in Sicht, sagt Stefan Wolter: «Vor allem im Sommer, wenn die Schulen fertig sind, dürfte die Jugendarbeitslosigkeit weiter stark ansteigen.»
Die Krise birgt Chancen
Dieser «Corona-Jahrgang» wird für die Zukunft stigmatisiert bleiben. Umso wichtiger ist es für sie, dass die Wirtschaft schnell wieder auf Touren kommt. Nur dies werde die Arbeitslosenperiode der betroffenen Jugendlichen abkürzen, so Wolter. Und damit auch den langfristigen negativen Effekt.
Schweizer Forschungsliteratur
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Für die Situation in der Schweiz liegt ein Papier der Universität Basel vor. Demnach müssen sich Studienabgänger pro Prozentpunkt Anstieg der regionalen Arbeitslosenquote durchschnittlich mit einem um 2.2 Prozent tieferen Einstieglohn begnügen. Auch nach fünf Jahren war noch ein kleiner negativer Effekt erkennbar. Dass es Einsteiger in Krisen schwierig haben, eine Vollzeitstelle zu finden, nennen die Forscher als Hauptgrund.
Zudem zeigt eine Studie der Universität Bern: Schweizer Universitätsabsolventen, die beim Studienabschluss keine Stelle fanden, hatten auch fünf Jahre nach Abschluss immer noch eine dreimal so hohe Erwerbslosigkeit als jene, die ohne Probleme in den Arbeitsmarkt eingetreten waren.
Doch statt lediglich auf einen Aufschwung zu hoffen, können Betroffene die Krise für zusätzliche Ausbildungen nutzen. Lehrabgängern ohne Berufsmatura beispielsweise biete sich die Möglichkeit, die Berufsmatura nachzuholen, sagt Wolter. Oder Leute mit Lehrabschluss und Berufsmatura könnten an eine Hochschule wechseln. Das würden auch deutlich mehr Personen tun als in Normalzeiten, prognostiziert der Bildungsökonom.
Investitionen in die Ausbildung sind die besten Möglichkeiten, über die Krise hinwegzukommen.
Das sei gut, denn Investitionen in die Ausbildung seien die besten Möglichkeiten, über die Krise hinwegzukommen. Und möglicherweise profitieren einzelne Jugendliche längerfristig gar von der Krise, wenn sie ihretwegen zusätzliche Ausbildungen absolvieren.
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