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Beteiligung an Hamburger Hafen «Peking geht es um gezielte, langfristige Interessen»

Die chinesische Staatsreederei Cosco will sich an einem Terminal des Hamburger Hafens beteiligen. Am Deal ist zuletzt massive Kritik laut geworden: Man begebe sich bei kritischer Infrastruktur in eine zu grosse Abhängigkeit von China, heisst es. Welche Pläne China verfolgt, kann der Journalist Fabian Kretschmer einschätzen. Er lebt und arbeitet in Peking.

Fabian Kretschmer

Journalist

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Der Journalist und Autor Fabian Kretschmer berichtet aus Peking für diverse deutschsprachige Medien, darunter die österreichische «Die Presse» sowie die Berliner «Tageszeitung».

SRF News: Was wollen die Chinesen mit einer Beteiligung am Hamburger Hafen erreichen?

Fabian Kretschmer: Es geht für Peking sowohl um wirtschaftliche Interessen als auch um Interessen der nationalen Sicherheit. Wirtschaftlich macht es für grosse Reedereien Sinn, sich an Hafenterminals zu beteiligen, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen. So könnte im Fall von Hamburg der chinesische Cosco-Konzern seine Container in einer Art «Fast Track» am Hafen wohl schneller abwickeln als heute. Eine Zunahme der chinesischen Importe nach Europa über Hamburg wäre wahrscheinlich.

Angesichts möglicher weiterer US-Sanktionen werden die Handelswege nach Europa für China immer wichtiger.

Längerfristig möchte China seine Lieferketten global absichern. Das tut Peking, indem es sich an der Infrastruktur überall auf der Welt beteiligt. Zudem drohen aus den USA mit dem sich zuspitzenden Konflikt weitere Handelssanktionen – deshalb werden die Handelswege zwischen China und Europa immer wichtiger.

Beteiligung am Hamburger Hafen – mit Einschränkungen

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Die deutsche Regierung hat sich inzwischen auf einen Kompromiss verständigt: Cosco darf an einem Terminal des Hamburger Containerhafens bloss einen Anteil von unter 25 Prozent erwerben. Die chinesische Staatsreederei wollte ursprünglich einen Anteil von 35 Prozent.

Zudem verweigert die deutsche Regierung Cosco Sonderrechte: Damit werde eine strategische Beteiligung am Terminal verhindert und der Erwerb auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert, heisst es aus Berlin. Grund für die Teiluntersagung sei, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege. Die Schwelle von 25 Prozent könne auch künftig nicht ohne neues Investitionsprüfverfahren überschritten werden. Weiter heisst es, Cosco werde unter anderem untersagt, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen. (awp)

Wie wichtig ist der Hamburger Hafen für China jetzt schon?

Rund ein Drittel des Umsatzes des Hamburger Hafens hat mit China zu tun. Ausserdem hat Cosco seine Europazentrale in Hamburg.

Aus europäischer Sicht beträgt das Handelsdefizit mit China derzeit rund 1 Milliarde Dollar – pro Tag.

Für China ist Europa die wichtigste Handelsregion, und Deutschland ist besonders wichtig für Peking. Das betrifft nicht den Umfang des Handels, sondern vor allem hochstehende und kritische Technologie. Dabei exportiert China viel mehr Waren nach Europa als umgekehrt: Das Handelsdefizit aus europäischer Sicht beträgt derzeit rund 1 Milliarde Dollar – pro Tag.

Gleiches ist in China nicht möglich

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Europakarte mit eingezeichneten Häfen.
Legende: SRF

China expandiert weltweit, indem es sich an Infrastruktur wie Frachthäfen beteiligt. Peking finanziert und baut auch Bahnlinien und Strassen in Ländern, die sich das sonst nicht leisten könnten – und das alles, damit der Export der chinesischen Waren in alle Welt möglichst reibungslos ablaufen kann.

Doch Gleiches ist für europäische Unternehmen in China nicht möglich: Dort ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass kritische Infrastruktur – etwa Häfen oder die Energieversorgung – in chinesischer Staatshand bleiben muss. Laut dem OECD-Index, welcher die wirtschaftliche Offenheit von Staaten misst , liegt China weit hinter Europa zurück.

Wie berechtigt sind Befürchtungen, dass Peking Einfluss nehmen wird, wenn sich der chinesische Staatskonzern Cosco am Hamburger Hafen beteiligt?

Mit Cosco hat man es direkt mit Peking zu tun: Alle Konzernkader sind Mitglieder der chinesischen kommunistischen Partei. Der Konzern repräsentiert die Interessen des chinesischen Staates, was sich nicht von der Partei trennen lässt. Cosco ist in Europa bereits an rund einem Dutzend Häfen beteiligt. Im griechischen Piräus hält der Konzern sogar eine Mehrheitsbeteiligung.

China könnte in Piräus eines Tages das Löschen von Waren aus Taiwan stoppen – das ist sogar sehr wahrscheinlich.

Zwar gibt es bislang keinen krassen Fall von Einflussnahme in einem dieser Häfen. Doch Fälle aus Südkorea – dort setzte Peking alle Visa aus, weil das Land ein US-Raketenabwehrsystem installierte – oder aus Australien – das Land wurde von Peking massiv boykottiert, weil Canberra eine Untersuchung zum Ausbruch der Pandemie in China forderte – zeigen, dass Peking seine geballte wirtschaftliche Macht einsetzt, um politisch Einfluss zu nehmen. So etwas ist auch in Europa denkbar.

So könnte Peking eines Tages etwa das Löschen von Waren aus Taiwan in Piräus stoppen. Das ist sogar sehr wahrscheinlich. Man muss sich bewusst sein: Peking geht es mit seiner Handelsstrategie um gezielte, langfristige Interessen – und nicht um kurzfristige Unternehmensgewinne.

Das Gespräch führte Vera Deragisch.

SRF 4 News, 26.10.2022, 07:50 Uhr ; 

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