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Globales Infrastrukturprojekt Wo steht Chinas neue Seidenstrasse?

In Hamburg will sich China im drittgrössten Seehafen Europas einkaufen. Es scheint, als nehme die chinesische «Belt and Road»-Initiative trotz aller Handelshemmnisse weiter an Fahrt auf.

Chinas «Belt and Road»-Initiative, auch neue Seidenstrasse genannt, gilt als das grösste Infrastrukturprojekt der Neuzeit. Peking will sowohl auf dem Wasser wie auch auf dem Land massiv mehr Güter in die Welt und nach Europa schicken.

Die Karte zeigt die vielen Handelsrouten, die das Projekt zwischen Asien, Europa und Afrika umfasst.
Legende: Knapp eine Billion US-Dollar hat China bereits in die «Belt and Road»-Initiative investiert. Für den Weg zwischen London und der chinesischen Ostküste soll ein Güterzug dereinst 20 Tage brauchen. Natural earth

Die Initiative besteht aus zahlreichen Projekten: Sie reichen von Wasserkraftwerken in Pakistan bis zu Autobahnen im Balkan.

Allerdings sind die Projekte gar nicht alle miteinander verknüpft, erklärt Martin Aldrovandi. Der ehemalige China-Korrespondent von SRF sagt: «Einiges wurde auch noch später unter das Dach der neuen Seidenstrasse genommen.»

Als Chinas Staatschef Xi Jinping vor knapp zehn Jahren erstmals seinen Plan für die «Seidenstrasse des 21. Jahrhunderts» ankündigte, war das Konzept schwer zu fassen. Stand heute hat China entlang der Land- und Seehandelsrouten systematisch Beteiligungen an strategisch wichtigen Infrastrukturen erworben. Die Rede ist von rund einer Billion US-Dollar.

Laut Xi erreichen Güterzüge aus China heute 200 Städte in 24 europäischen Ländern. Weltweit sei in rund 100 Häfen in über 60 Ländern investiert worden. So auch beispielsweise in Sri Lanka, wo sich China im Hafen Hambantota für 99 Jahre die Führung gesichert hatte.

Aktueller Streit um Hamburger Hafen

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Das Bild zeigt ein Containerschiff, das vor einer riesigen China-Fahne durchfährt.
Legende: SRF

Der aktuelle Streit dreht sich um die Frage: Soll man die Chinesen in den Hafen lassen? Hintergrund ist eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited über eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort.

Die deutsche Bundesregierung könnte den Einstieg des chinesischen Terminalbetreibers verbieten. Aber: Eine Rechereche der ARD zeigt, dass der Bundeskanzler Olaf Scholz die Chinesen nicht ausschliessen möchte – obwohl alle Ministerien, die an der Investitionsprüfung beteiligt sind, davor warnen. Wenn die Regierung keinen Beschluss fasst – kommt der Einstieg laut Gesetz automatisch zustande. Dies würde vermutlich Ende Oktober eintreffen. Die Hamburger Hafenbehörde warnte schon, dass ein Verbot der Wirtschaft schaden könnte.

Die Europäische Kommission hat die deutsche Regierung davor gewarnt, eine Investition des chinesischen Unternehmens Cosco in den Hamburger Hafen zu genehmigen. Denn die EU überdenkt ihr Verhältnis zu China .

Die chinesische Regierung fordere laut Agenturmitteilungen Berlin auf, das Angebot nicht zu politisieren.

(dpa)

Experten gehen davon aus, dass China zum weltweit wichtigsten öffentlichen Geldgeber für Entwicklungs- und Schwellenländer geworden sei. Der Ökonom Sebastian Horn schätzte im Interview mit der NZZ, dass China mehr Kredite vergibt als die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds.

Viele Staaten haben sich verschuldet, und es ist fraglich, ob sie das Geld je zurückzahlen können.
Autor: Martin Aldrovandi ehemaliger China-Korrespondent

Der Vorwurf aus dem Westen: China betreibe «Schuldendiplomatie». Martin Aldrovandi erklärt: «Viele Staaten haben sich für die Projekte hoch verschuldet, und es ist fraglich, ob sie das Geld je zurückzahlen können.» Auch darum habe die Skepsis gegenüber der neuen Seidenstrasse in den vergangenen Jahren zugenommen.

Denn letztendlich steigen mit den Schulden auch die chinesischen Einflussgebiete. So beobachtet SRF-Australien-Korrespondent Urs Wälterlin bei verschiedenen Pazifik-Inselstaaten: «Wer Geld will, muss Peking unterstützen und sich beispielsweise diplomatisch von Taiwan abwenden.»

Chinas Einfluss am Beispiel des Balkans

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Montenegro hatte im Jahr 2014 für den Bau einer Autobahn chinesische Kredite in Milliardenhöhe in Anspruch genommen. Die Schulden wurden so hoch, dass das kleine Land an der Adria sogar die EU um Hilfe beten musste. Die EU wollte Montenegro bei der Rückzahlung nicht unterstützen.

Auch in weiteren Teilen des Balkans ist der chinesische Einfluss gross. Peking hat in den letzten Jahren im Westbalkan hohe Kredite vergeben, unter anderem in Serbien, Bosnien und Albanien.

Doch schieben die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und eine abkühlende Weltwirtschaft dem chinesischen Prestige-Projekt nicht einen Riegel vor? Das Gegenteil könnte der Fall sein.

Mit chinesischen Investitionen durch die Krisen

Denn China kann mit seinen finanziellen Mitteln dort in die Bresche springen, wo gewisse Staaten selbst nicht mehr aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten herauskommen. So sprach Xi Jinping am diesjährigen kommunistischen Parteitag von «Chinas Beitrag zu einer Weltwirtschaft, die allen Völkern grösseren Nutzen bringt.»

Chinas Staatschef betonte gleichermassen, wie die neue Seidenstrasse den Wohlstand inmitten der anhaltenden Corona-Pandemie fördern würde.

Partei- und Staatschef Xi Jinping spricht vor dem Mikrophone.
Legende: Mit unter zwei Stunden fasste sich Partei- und Staatschef Xi Jinping am diesjährigen Parteitag kürzer als noch vor fünf Jahren, als er seine Genossinnen und Genossen dreieinhalb Stunden auf seine Ziele einschwor. Imago Images

Die geopolitischen Hindernisse bleiben dennoch. Die im Rahmen der «Belt and Road»-Initiative geplanten Wirtschaftskorridore, die beispielsweise durch Russland, die Ukraine oder den Iran führen, sind nicht zwingend stabil.

Es ist grundsätzlich ein wenig stiller geworden um die neue Seidenstrasse.
Autor: Samuel Emch aktueller China-Korrespondent

Der aktuelle China-Korrespondent von SRF Samuel Emch findet: «Es ist grundsätzlich ein wenig stiller geworden um die neue Seidenstrasse.» Und das sei mitunter den geopolitischen Entwicklungen geschuldet.

SRF 4 News, 24.10.2022, 05:00 Uhr

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