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China dominiert den Markt Solarpanels: grüner Strom, dreckige Herkunft?

80 Prozent des Rohstoffs Polysilizium, das in den Solarpanels steckt, stammt aus China. Ein Grossteil davon wird in der Region Xinjiang verarbeitet, wo Zwangsarbeit vermutet wird. Die Schweizer Solar-Branche fordert den Bund auf, Richtlinien herauszugeben, wie sich Schweizer Firmen verhalten sollen.

Seit rund sechs Jahren dominiert China den weltweiten Markt für Solar-Energie. Chinesische Firmen bieten Solarzellen oder fertige Solarmodule zu unschlagbaren Preisen an. Möglich ist dies nicht zuletzt dank staatlicher Subventionen und tiefer Stromkosten. Denn China setzt noch immer stark auf Kohlekraftwerke.

Zur Kritik der Wettbewerbsverzerrung gesellt sich im Westen seit einigen Jahren der Vorwurf der Zwangsarbeit. Menschenrechtsorganisationen sind überzeugt, die chinesischen Firmen würden mittellose Uiguren aus ihren Familien reissen und für Tiefstlöhne in den Fabriken von Xinjiang schuften lassen. China weist den Vorwurf der Zwangsarbeit vehement zurück, macht gleichzeitig aber keine Anstalten, Transparenz zu schaffen.

Schweizer Firmen fühlen sich machtlos

«Für Schweizer Firmen ist es nahezu unmöglich zu überprüfen, was nun stimmt», sagt David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swissolar, dem Schweizerischen Verband für Sonnenenergie. Er zeigt sich besorgt ob der Situation.

Arbeiter in chinesischer Firma steht vor Solarpanel
Legende: Produktion von Solarpanels in China. Menschenrechtsorganisationen vermuten Zwangsarbeit. Getty Images / Barcoft Media

Im Januar suchte er das Gespräch mit fünf Schweizer Grosshändlern und zwei Solarmodul-Produzenten, die Produkte aus China beziehen. «Ich riet ihnen, sich von den chinesischen Zulieferfirmen zumindest zusichern zu lassen, dass keine Menschenrechtsverletzungen stattfinden.»

Laut David Stickelberger befindet sich nicht nur die Solar-Branche in einem Dilemma: «Auf der einen Seite sind Menschenrechte für uns wichtig, auf der anderen Seite sind wir derzeit enorm abhängig von China.»

Der Bund soll aktiv werden

Sein Verband wird darum am Montag den Bund schriftlich auffordern, branchenübergreifende Richtlinien im Umgang mit China zu definieren: Wie sollen sich Schweizer Unternehmen gegenüber China verhalten? Was ist tolerierbar und was nicht? Diese Fragen müsse der Bund beantworten, Schweizer Unternehmen dürften nicht alleine gelassen werden, sagt Stickelberger. Er verweist auf den «Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte», in dem sich der Bund verpflichtet habe, die Wirtschaft zu unterstützen.

Wie gross das Problem mit Zwangsarbeit ist, weiss niemand. Immerhin: Immer mehr Arbeitsschritte im Wertschöpfungsprozess werden automatisiert, sprich es braucht deutlich weniger Angestellte als früher.

Abhängigkeit von China reduzieren

Und es gibt zunehmend Bestrebungen in Europa, die eigene, einst grosse Solar-Industrie wiederaufzubauen. Denn die Solarenergie gilt als grosser Hoffnungsträger für die Energiewende, die Abhängigkeit von China macht auch aus wirtschaftlicher Sicht wenig Sinn. Von den chinesischen Produkten abheben könnten sich europäische Solarpanels, wenn sie nicht nur sauberen Strom produzierten, sondern auch nachvollziehbar menschenrechtskonform hergestellt würden. Ob die Endkonsumenten bereit sind, dafür einen Aufpreis zu zahlen, muss sich zeigen.

Tagesschau, 10.06.2021, 20 Uhr

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