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China wächst langsamer «Der Rückgang von Chinas Aussenhandel ist dramatisch»

Chinas Wachstum verringert sich und ist im zweiten Quartal trotz teuer erkaufter Gegenmassnahmen auf 6.2 Prozent gefallen. Bedeutender als die BIP-Zahlen sei allerdings der Rückgang des Aussenhandels, sagt Wirtschaftsjournalist Felix Lee.

Felix Lee

Journalist

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Felix Lee ist Journalist und berichtet aus Peking über China, vor allem für die deutsche «taz». Er wuchs als Kind von chinesischen Eltern in Deutschland auf. Lee studierte Volkswirtschaft und Politik und absolvierte später eine Journalistenschule in Deutschland.

SRF News: Sind die Zahlen eine direkte Folge der US-Sanktionen?

Felix Lee: Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft von 6,2 Prozent im zweiten Quartal ist an und für sich kein dramatischer Wert. Dramatisch sind schon eher die Kenndaten dahinter. Das betrifft vor allem den Aussenhandel, der seit Jahresanfang um zwei Prozent und im Juni sogar um vier Prozent zurückgegangen ist. Die Industrieproduktion entwickelt sich seit zwei Monaten in Folge schlecht. Es ist von ersten Werkschliessungen im Süden des Landes die Rede. Auch die Erzeugerpreise belegen, dass es mit Chinas Konjunktur derzeit alles andere als rund läuft. Der von den USA angezettelte Handelsstreit hinterlässt dabei sehr wohl seine Spuren.

Liegt das langsamere Wachstum wirklich nur am Handelsstreit?

Das jetzige Wachstum auf dem Niveau wie vor knapp 30 Jahren liegt eigentlich in dem von der Regierung vorgesehenen Rahmen. Zweistellige Wachstumsraten gibt es eh nicht mehr. Dafür ist die Volkswirtschaft zu gross und in weiten Teilen inzwischen auch gesättigt. Dass die Wirtschaft langsamer wächst, ist also normal. Dramatischer sind aber die Einzelwerte.

Mit welchen Massnahmen will die chinesische Führung ist Gegensteuer geben?

Um die 6.2 Prozent Wachstum zu erreichen und aufrechtzuerhalten, sind zahlreiche Gegenmassnahmen erfolgt. Diese sind teuer erkauft. Das betrifft Steuersenkungen, grosse Konjunkturpakete sowie eine lockere Geldpolitik mit günstiger Kreditvergabe.

Chinas Verschuldung: 271 Prozent

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Die Verschuldung Chinas ist nach einer Schätzung der Finanznachrichtenagentur Bloomberg auf 271 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen – von 164 Prozent vor der globalen Finanzkrise 2008.

Als langfristige Massnahme sollen die Hürden für ausländische Unternehmen abgebaut werden. Was ist davon zu halten?

Das ist sehr glaubwürdig. China steht nicht zuletzt wegen des Handelsstreits unter Druck, die Wirtschaft zu öffnen. Nicht nur von den USA, sondern auch von den Europäern. Das versucht Chinas Führung jetzt in Angriff zu nehmen. Insofern sind diese Massnahmen auch tatsächlich ernst gemeint.

Lässt sich die Wirtschaft mit diesen Massnahmen wieder ankurbeln?

Weite Landesteile in China haben immer noch Potenzial. Mit Konjunkturpaketen ist Peking den Tiefs schon in den letzten Jahren wiederholt entgegengetreten. Das klappt auch weiterhin für die nächsten Jahre. Ob das dauerhaft so weitergeht, wenn es schuldenfinanziert ist, ist aber eine andere Frage.

Ist eine baldige Lösung im Handelsstreit mit den USA in Sicht?

Das sieht nicht so aus. Es gibt zwar seit letzter Woche wieder Gespräche, aber kaum Fortschritte. Den USA geht es längst nicht mehr nur darum, die Handelsbilanz auszugleichen. Es geht vielmehr um einen Technologiestreit und darum, wer die führende Weltmacht sein wird.

Die Welt steht erst am Anfang eines Konflikts zweier Giganten.
Autor: Felix Lee Journalist

Selbst wenn bei den US-Präsidentschaftswahlen in anderthalb Jahren Trump nicht wiedergewählt würde, zeichnet sich ab, dass die Demokraten an einem konfrontativen Kurs mit China festhalten würden. Die Welt steht erst am Anfang eines Konflikts zweier Giganten. Das wird noch mehr Schaden anrichten als die jetzt eintrübende Konjunktur in China.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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