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Corona-Effekt ist vorbei Schweizer Tourismus verzeichnet Trendwende

Lieber nach Tunesien als ins Tessin, lieber in die Lombardei als ins Lötschental – so geht es derzeit vielen Menschen in der Schweiz.

Die Struktur im Schweizer Tourismus verändert sich: Zum ersten Mal nimmt die Zahl der einheimischen Gäste wieder ab. Dies zeigen die neusten Zahlen. Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus, erklärt: «Der Wendepunkt ist gekommen, an dem die Schweizer das Ausland wieder entdecken und weniger innerhalb der Schweiz reisen.»

Dies zeigen laut Nydegger Umfragen bei den Destinationen wie auch erste Indikatoren beim Bundesamt für Statistik. «Und vor allem können es die Seilbahnen bereits ganz klar nachvollziehen.»

Ist es zu Hause nicht mehr am schönsten?

Die provisorischen Zahlen zeigen, dass es im Juli fast sieben Prozent weniger Gäste aus der Schweiz gibt. Betroffen vom Rückgang sind unter anderem Graubünden, die Ostschweiz und auch das Tessin: Regionen, die in den vergangenen Jahren von den Gästen aus der Schweiz profitiert hatten. Entsprechend vermelden nun auch die Seilbahnen sinkende Zahlen.

Mann auf dem Walensee, mit Hund und Stand-Up-Paddel
Legende: In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben so viele Menschen aus der Schweiz hierzulande Ferien gemacht wie noch nie. Nun aber steigt die Lust, wieder einmal eine Reise ins Ausland zu machen. Keystone/Gian Ehrenzeller

Schweizerinnen und Schweizer machen wieder vermehrt Ferien im Ausland. Der Wendepunkt im Schweizer Tourismus wurde erst im Juli erreicht – denn die Monate zuvor waren noch positiv. Im ersten Halbjahr verzeichneten die Hotels nach wie vor 17 Prozent mehr Übernachtungen von Schweizer Gästen als vor der Pandemie.

Der Boom lässt nach, die Zeit der Rekorde ist vorbei. Unklar ist, wie stark die Übernachtungen einheimischer Gäste sinken werden. «Wir gehen davon aus, dass der Rückgang in Regionen, die ganz intensiv von den Schweizern profitiert haben, doch etwas stärker ist. Er kann dort durchaus zweistellig sein», sagt Nydegger.

Gäste aus China fehlen noch

Bei den Gästen aus dem Ausland zeichnet sich ein gemischtes Bild ab. Aus den USA reisen nach wie vor viele Touristinnen und Touristen in die Schweiz, die Nachfrage aus Europa nimmt aber ab und aus Übersee fehlen die Menschen. Aus Indien zum Beispiel kommt ein Drittel weniger Gäste als vor der Pandemie, aus China sogar 80 Prozent weniger. Vor der Pandemie war China das drittwichtigste Herkunftsland.

«Die chinesischen Gäste werden voraussichtlich nicht im gleichen Volumen zurückkehren», prognostiziert Nydegger. Das sei auch stark auf die veränderte Nachfrage zurückführen: Der Trend gehe nämlich zu kleineren Gruppen, die nicht mehr ganz Europa, sondern einzelne Länder bereisen möchten. «Und das ist für beide Seiten deutlich besser – für uns als Schweizer Anbieter wie auch für die chinesischen Gäste.»

Der goldene Tourismus-Herbst

Die Branchenorganisation Schweiz Tourismus will nun mit einer breiten Kampagne wieder vermehrt Touristinnen und Touristen aus der Welt in die Schweiz holen und fokussiert sich jetzt auf den kommenden Herbst. Dieser werde sonniger, wärmer, trockener – und damit auch attraktiver, sagt Nydegger. «Er hat für uns nun einen ganz hohen Stellenwert: Wir bewerben ihn nun auch mit eigenen Kampagnen. Es ist eine ganz entscheidende Saison für den Tourismus.»

Mit einer Kampagne soll der Rückgang im Schweizer Tourismus gebremst werden. Unter dem Strich muss sich die Branche aber wohl auf etwas magerere Zeiten vorbereiten. Die nach wie vor zum Teil fehlenden Touristinnen und Touristen aus dem Ausland werden nun nicht mehr durch die einheimische Nachfrage kompensiert.

Rendez-vous, 24.08.2023, 12:30 Uhr

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