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Braucht es die Postfinance noch?
Aus Rendez-vous vom 07.09.2018. Bild: Keystone
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Debatte um die Grundversorgung Braucht es die Postfinance noch?

Ihre Existenzberechtigung wird infrage gestellt. Experte Matthias Finger meint: Diese werde sich am Markt beweisen.

Der Bundesrat hat am Mittwoch vorgeschlagen, der Postfinance den Eintritt ins Kredit- und Hypothekargeschäft zu erlauben. Gleichzeitig solle das Unternehmen teilweise privatisiert werden. Diese Idee kommt bei den politischen Parteien von links bis rechts schlecht an. Der emeritierte Zürcher Bankenprofessor Urs Bircher hat gar die Existenzberechtigung der Postfinance in Frage gestellt.

Der Auftrag der Postfinance ist klar: Sie hat die Pflicht, landesweit den Zahlungsverkehr sicherzustellen. Wer will, kann auf einer Poststelle Geld einzahlen aufs Konto und natürlich auch wieder abheben. Geldüberweisungen gehören ebenfalls zum Grundversorgungsauftrag.

Zuverlässiges Netz für Geldgeschäfte

Der Bund wacht darüber, dass die Postfinance diesen Auftrag in allen Landesteilen erfüllt. Konkret müssen 90 Prozent der Bevölkerung eine Poststelle innerhalb von einer halben Stunde erreichen können, um dort zum Beispiel Zahlungen zu erledigen. Und in letzter Zeit hat der Bund diese Leistungspflicht sogar verschärft. Ab dem nächsten Januar müssen 20 Minuten genügen, um zur nächsten Filiale zu gelangen – zu Fuss oder mit dem öffentlichen Verkehr. So sieht es die Revision der Postverordnung vor.

Politisch ist der Grundversorgungsauftrag der Postfinance gewollt.
Autor: Matthias FingerProf. Management von Netzwerkindustrien, ETH Lausanne

Matthias Finger, Infrastruktur-Experte von der ETH Lausanne, sagt: «Politisch ist dieser Grundversorgungsauftrag gewollt». Das gehe bis auf die Ursprünge der Postfinance zurück: «Historisch war das immer so. Ich glaube nicht, dass man heute eine andere Meinung dazu hätte.»

Grundversorgung ist ein Auftrag

Tatsächlich betreibt die Postfinance den Zahlungsverkehr schon seit über einem Jahrhundert: Damals, im Jahr 1906, ging es darum, dass die Schweiz ein zuverlässiges Netz für solche Geldgeschäfte bekommt – neben dem Angebot der Kantonalbanken.

Doch die Frage, ob man das heute noch brauche, sei berechtigt – angesichts der Digitalisierung und des breiten Finanzdienstleistungs-Angebots in der Schweiz, findet auch Matthias Finger. Dann allerdings müsste die Politik auch den Grundversorgungsauftrag der Postfinance aufheben.

Stattdessen will nun der Bundesrat der Postfinance erlauben, Kredite zu vergeben, zum Beispiel für den Kauf eines Eigenheims.

Ein Kreditinstitut, wie alle anderen?

Für Bund und Parlament ist die Aufhebung des Kreditverbots keine neue Frage. Vor acht Jahren lehnten die eidgenössischen Räte ab, der Postfinance den Zutritt zum Kreditmarkt zu gewähren. Es bestehe kein Bedarf nach einem weiteren Kreditinstitut. Auch der Bundesrat war in den Zeiten der grossen Finanzkrise der Meinung, die Post-Tochter solle sich keine zusätzlichen Finanzrisiken aufhalsen mit dem Einstieg ins Kreditgeschäft.

Die Postfinance hat gute Chancen, sich zu behaupten.
Autor: Matthias FingerProf. Management von Netzwerkindustrien, ETH Lausanne

Heute ist die Ausgangslage wieder anders: In den letzten Jahren steuerte die Postfinance im Schnitt rund zwei Drittel zum Gewinn der Schweizer Post bei. Das ermöglichte dem Staatsbetrieb, stattliche Dividenden an den Bund abzuliefern. Nur sind diese Einnahmen mittlerweile versiegt, weil die Postfinance immer weniger Geld verdient: Denn die Anlage der Kundengelder am Finanzmarkt bringt – wegen der tiefen Zinsen – nur noch sehr schmale Renditen ein. Und die Erfüllung des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr ist ohnedies kein Geschäft.

Legende:
Zinsgeschäft Postfinance Zinsgeschäft in Mio. Franken. Geschäftsbericht Postfinance 2017

Sollte nun das Parlament der Postfinance erlauben, mit Krediten zusätzliches Geld zu verdienen, dann werde das Unternehmen beweisen müssen, ob es im Markt bestehen kann, meint Infrastruktur-Professor Matthias Finger: «Die Postfinance ist gross. Sie hat gute Chancen, sich zu behaupten.» Die Frage der Existenzberechtigung wäre dann auf diesem Weg geklärt: nämlich im Wettbewerb mit den übrigen Banken.

Aber ob die Politik diesen Bewährungstest zulassen wird, ist angesichts der harschen Reaktionen auf den bundesrätlichen Vorschlag äusserst zweifelhaft.

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