«Vergangene Woche hat es geregnet, da ist sicher einiges Gold angeschwemmt worden», sagt Stefan Grossenbacher. Die Grosse Fontanne ist einer seiner Lieblingsorte. Der Nebenfluss der Kleinen Emme im Kanton Luzern fliesst durch das Entlebuch. Hier, am Fuss des Napfkegels, lagert Gold. Abgetragen von den Alpen, über Millionen Jahre durch Wasser in die Täler gespült. Grossenbacher kennt diese Geschichte des Goldes – und auch seine Spuren.
Gold ist schwerer als Sand und Stein
Mit seiner Schaufel nimmt Grossenbacher Geröll und Steine aus dem Bachbett und legt sie in seine Pfanne. Vorsichtig entfernt er grobes Gestein, sanft schwenkt er die Goldpfanne – bis nur noch Sand darin liegt.
Dann blitzt etwas auf: ein Flitterchen Gold. «Das Edelmetall ist schwerer als Sand und Stein», erklärt Grossenbacher. «Etwa achtmal so schwer. Es hat eine höhere Dichte und setzt sich darum am Pfannenboden ab.» Selbst unter Blech und Zivilisationsschrott – überall kann sich ein Körnchen Gold verstecken.
Mit einer Pipette saugt er die Flitterchen auf und füllt sie in ein Glasfläschchen. «Klar, es ist eine Faszination, die man hat oder nicht hat», sagt der 61-Jährige, der mit geübten Bewegungen Sand, Kies und Schlamm aussiebt. «Aber wenn man mal eine gute Stelle gefunden hat, dann packt es fast jeden.»
30 Gramm Gold täglich in Neuseeland
Der gelernte Chemielaborant hat früh mit dem Goldwaschen begonnen, «schon als Jugendlicher im Napfgebiet», erinnert sich Grossenbacher. Daraus wurde Leidenschaft und später Berufung. Er schürfte in Italien, Frankreich, Liberia und Ghana.
Seine Entscheidung fiel aber in Kalifornien: Dort absolvierte er eine professionelle Ausbildung. Danach ging es nach Neuseeland – in Flüsse mit echtem Potenzial: «Im Gray River hatte ich das Recht, maschinell Gold zu waschen – 16 Jahre lang. Ich bin mit Neoprenanzug und Bleigurt getaucht, habe mit einem Unterwasserstaubsauger gearbeitet – sechs bis neun Stunden pro Tag.»
Das Resultat: bis zu 30 Gramm Gold täglich im Schnitt einer ganzen Saison. Damals lag der Goldpreis bei 14'000 Franken pro Kilo – heute bei über 100'000. «Der Goldpreis heute ist extrem», sagt Grossenbacher.
In der Schweiz mit Glück fünf Franken pro Tag
In der Schweiz sind solche Funde nicht realistisch – auch weil das maschinelle Goldsuchen hierzulande verboten ist. Doch an der Grossen Fontanne geht es um etwas anderes: «Hier geht es nicht ums Geld. Aber wer gerne draussen ist, in der Natur, für den lohnt sich das absolut.» Ein, zwei, vielleicht drei Flitterchen pro Pfanne – das ist die Realität im Entlebuch. Und manchmal, mit etwas Glück, ein Fund im Wert von fünf Franken.
Doch Grossenbachers Goldsuche ist noch nicht zu Ende. «Ich werde in den nächsten Jahren wieder nach Neuseeland gehen», sagt er. Sieben Kilometer Fluss hat er dort gepachtet – mit exklusivem Goldrecht. Diesmal möchte er jemanden mitnehmen: seinen Sohn. Ihm zeigen, wie er gelebt hat. Wie das Gold sein Leben geprägt hat – nicht als Schatz, sondern als ständige Suche.