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Diskussion um Stromflaute Drohen künftig Blackouts im Winter?

Die Elcom befürchtet künftig Engpässe im Winter, doch ETH-Forscher geben Entwarnung: So lange die Importe aus Frankreich und Deutschland möglich seien, gebe es bis 2030 in der Schweiz genug Strom.

Im letzten Jahr fiel der Strom in der Schweiz im Durchschnitt für 23 Minuten aus – ein sehr tiefer Wert im internationalen Vergleich, wie die Elektrizitätskommission (Elcom) anlässlich der Jahresmedienkonferenz ausführte.

Genug Strom ohne AKWs?

Doch Alt Ständerat Carlo Schmid, Präsident der Kommission, befürchtet, dass sich das ändern könnte. Schmid glaubt, dass es zu Engpässen bei der Stromversorgung kommen könnte. In den nächsten Jahren werde sich die Situation verschärfen.

So nähere sich die Schweiz immer mehr dem Moment, an dem die Atomkraftwerke – sie produzieren rund 40 Prozent des in der Schweiz verbrauchten Stroms – vom Netz genommen werden. «Wir müssen uns überlegen, wie wir im Winter zusätzlichen Strom produzieren wollen», sagt Schmid.

Bereits heute ist die Schweiz in den Wintermonaten auf Stromimporte aus den Nachbarländern angewiesen. Die Elcom warnt davor, dass die Schweiz künftig noch mehr Strom importieren müsse. Gleichzeitig aber könnten Deutschland und Frankreich in Zukunft weniger Strom liefern.

ETH beschwichtigt: Es hat genug Strom

Rein rechnerisch sei die Situation mindestens in den nächsten zehn Jahren unkritisch, entgegnet dazu Turhan Demiray von der Forschungssstelle Energienetze (FEN) der ETH Zürich. Er hat zusammen mit Kollegen der Uni Basel die künftige Stromproduktion in Deutschland, Frankreich und der Schweiz im Auftrag des Bundesamtes für Energie berechnet. «Wenn man die Importmöglichkeit hat, ist es bis 2025, sogar bis 2030 nicht problematisch», sagt Demiray. Dies hätten die Analysen gezeigt.

Den Zahlen widerspricht Elcom-Präsident Schmid nicht. Doch seien bei diesen «hoch technischen» Berechnungen keine politischen Aspekte mit eingeflossen. «Können wir immer auf diese Importe zählen?», stellt Schmid die rhetorische Frage. «Nein, das können wir nicht», kommt er zum Schluss.

Doch es gibt auch noch die Politik

Tatsächlich könne man die nackten Zahlen negativ oder positiv interpretieren, räumt Ingenieur Demiray ein. Sein Team habe die politischen Entscheidungen in Frankreich und Deutschland zur Reduktion von Atom- und Kohlekraft zwar eingerechnet. Noch nicht in Betracht gezogen worden sei die Möglichkeit, dass ein Land den Stromexport in ein anderes Land explizit verweigern könnte.

Neue unpolitische Zahlen zur Versorgungssicherheit auf längere Frist, nämlich bis 2040, wollen die Forscherinnen und Forscher bis im Spätsommer vorlegen.

Dynamische Strompreise als Regulativ?

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Teilweise liesse sich die Gefahr von Stromausfällen im Winter mit einer Integration der Schweiz in den europäischen Strommarkt – also mit einem Stromabkommen mit der EU – verkleinern. So würde der internationale Stromfluss effizienter geregelt, die Gefahr von plötzlichen, möglicherweise fatalen Stromlastflüssen wäre kleiner. Doch mit einem Abkommen allein ist noch keine zusätzliche Kilowattstunde Strom produziert. Wenn es also einmal tatsächlich knapp werden sollte, nützt das auch nichts. Doch es gäbe andere Möglichkeiten, auf den Verbrauch von Strom Einfluss zu nehmen, wenn er knapp wird: über den Preis. Die Kilowattstunde Strom würde umso teurer, je knapper der Strom wird. Allerdings könnte der Strompreis so in einem Fall eines windstillen, dunklen und kalten Wintertags drastisch steigen – deshalb wird diese Idee noch etliche politische Debatten provozieren.

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