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Edelsteine aus dem Labor Diamanten auch fürs kleine(re) Portemonnaie

Jeder fünfte weltweit verkaufte Diamant ist mittlerweile im Labor gewachsen. Das drückt die Preise – auch des Naturprodukts.

Diamanten sind wertvoll, weil sie selten sind. Das gilt besonders für grosse Diamanten. Mittlerweile wachsen im Labor aber perfekte Imitate. Sie sind optisch identisch und unterscheiden sich auch physikalisch und chemisch nicht von der Naturversion. Und sie können in beliebiger Zahl hergestellt werden: In den letzten Jahren sind mehr Produzenten dazugekommen. Mittlerweile ist jeder fünfte verkaufte Diamant im Labor gewachsen. Die Preise der Diamanten geraten darum unter Druck.

Labordiamanten in dieser Qualität seien seit ungefähr fünf Jahren auf dem Markt, sagt Gilles Walthert, Geschäftsführer von Edigem, einem Tochterunternehmen des Schmuck- und Uhrenhändlers Gübelin: «Grundsätzlich ist nichts gegen synthetische Diamanten einzuwenden. Wichtig ist, dass die Kunden wissen, was sie kaufen.» Denn anders als für das Naturprodukt gebe es für die Kunstvariante fast keinen Zweitmarkt, bei dem die erworbenen Diamanten weiterverkauft werden könnten.

Auch wie es mit dem Zweitmarkt für Naturdiamanten aussieht, ist im Moment ungewiss. Kauft die wohlhabende Kundschaft weiter das teure Naturprodukt, wenn man die Steine nur noch im Labor von der Laborvariante unterscheiden kann? Walthert sagt: «Wer ein wertvolles Schmuckstück erwirbt, möchte dies nach wie vor mit Natursteinen haben.» Ein Schmuckstück, das auch weitervererbt wird.

Ein Diamantring für 50 Dollar

Monika Balbinot, Geschäftsführerin von Green World Diamonds, einem Zürcher Start-up, sieht das anders: «Warum sollten Kundinnen und Kunden für das gleiche Produkt mehr bezahlen?» Die frühere Bankerin würde nie in einen Diamanten investieren. Aber sie hat ein Faible für ihre Schönheit: Darum verkauft sie Schmuck mit Labordiamanten. Am meisten verkauft sie Verlobungsringe an Kunden um die 30. «Es gibt viele Leute, die sich keinen Minendiamanten leisten wollen«, sagt sie.

Die Geschichte der Labordiamanten

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Diamanten sind nicht nur begehrte Schmuckstücke, sondern werden auch in der Industrie verwendet. Weil die Steine so hart sind, sind sie zum Beispiel als Bohreinsätze gefragt. Die ersten Labordiamanten sind für die Industrie hergestellt worden.

Diamanten entstehen, wenn sich unter hohen Temperaturen und starkem Druck Kohlenstoffatome zu einem Kristallgitter zusammenfügen. Diese Bedingungen lassen sich im Labor nachstellen. Die synthetischen Industriediamanten waren aber vor allem hart und nicht besonders schön. Erst in den letzten Jahren hat sich die Technologie entwickelt, mit der auch Schmuckdiamanten höchster Qualität hergestellt werden können.

Bei ihr sind die Diamanten vergleichsweise erschwinglich: Balbinot verkauft einen Ring mit grossem 3-Karat-Diamanten bereits ab 8000 Franken, ein solcher Ring koste mit Naturdiamant zwischen 100'000 und 150'000 Franken. Doch sie spürt den Preisdruck: Online kann man 3-Karat-Labordiamant-Ringe auch für viel weniger Geld kaufen.

Im Fokus: Frauenhand mit filigranem Goldring mit Diamant, hält Hand eines Mannes. Verschwommen weisses Kleid und Anzug
Legende: Verlobungsringe mit Diamanten sind besonders beliebt. IMAGO / Cavan Images

In den USA, dem weltweit grössten Markt für Diamanten, ist der Markt mit Labordiamanten regelrecht geflutet. Bei der Warenhauskette Walmart gibts Diamantringe ab 50 US-Dollar. Das seien Billigdiscounter, die kauften schlechte Qualität. Zum Beispiel Diamanten, die zu schnell gewachsen seien, sagt Balbinot: «Die sind weniger langlebig», da könne auch mal etwas absplittern und die Brillanz sei zum Teil auch anders. Man solle gut wählen, bei wem man kaufe, es gebe viel Betrug in der Branche.

Eine Branche wehrt sich

Die Produzenten von Naturdiamanten sind unter Druck. Der weltweit grösste Produzent DeBeers ist zuerst selber ins Geschäft mit den Labordiamanten eingestiegen. Mittlerweile hat er die Produktion aber wieder eingestellt. Laut Wallstreet Journal will deren Chef 25 Prozent mehr für Marketing ausgeben als bisher. Die Organisation Natural Diamond Council, zu der auch DeBeers gehört, versuche die geförderten Diamanten als einzig echte zu positionieren und jene aus dem Labor als gezüchtete Duplikate zu verunglimpfen.

Für Diamantenproduzenten steht viel auf dem Spiel. Der Edelstein, Symbol für zeitlose Schönheit, hat Konkurrenz aus dem Labor bekommen.

Wie nachhaltig sind Labordiamanten?

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Ein weiteres Kundensegment für Labordiamanten seien Menschen, die sich einen nachhaltigen Diamanten wünschten, sagt Monika Balbinot von Green World Diamonds. Sie setzt voll auf dieses zahlungskräftige Kundensegment. Denn zumindest die Geschichte von Minendiamanten ist blutig, geprägt von Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung. In Ländern wie Angola, Liberia und Sierra Leone haben sie auch Bürgerkriege finanziert. Weil gerade grosse Diamanten so selten sind, muss viel Berg abgebaut werden, um einen zu finden. Der Bergbau braucht sehr viel Wasser und Energie.

Aber auch die Herstellung von Labordiamanten braucht viel Energie, denn die Produktion erfordert hohe Temperaturen und Druck. Im Vergleich zum Bergbau dürfte das aber vernachlässigbar sein. Zu den Arbeitsbedingungen in der Industrie rund um Labordiamanten sagt Balbinot, sie kenne ihre Lieferanten gut und könne gut dahinterstehen: «Das sind ganz andere Jobprofile als in den Minen, dort arbeiten vor allem Arbeiter, in den Labors dagegen Ingenieure.» Unabhängig überprüfen lässt sich diese Aussage nicht.

Rendez-vous, 29.7.2025, 12:30 Uhr;liea

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