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Eine Frage des Geschmacks «Nicht verhandelbar»: Für Bäcker ist der Salzstreuer heilig

Zu viel Salz ist ungesund: Der Bund lädt darum zum Runden Tisch. Doch Bäcker und Confiseure reagieren barsch.

Dass zu viel Zucker nicht gesund ist, ist mittlerweile bekannt. Aber auch zu viel Salz ist schlecht für unsere Gesundheit. Darum hat der Bund am heutigen Dienstag zu einem Runden Tisch geladen. Er will Lebensmittelproduzenten das Versprechen abringen, den Salzgehalt in ihren Produkten zu senken.

Besonders viel Salz nehmen wir übers Brot auf. Aber ausgerechnet der Verband der Schweizer Bäcker und Confiseure will aber nichts von einer Verpflichtung wissen, weniger Salz ins Brot zu mischen.

Bei einem Besuch im Backlabor des Bäckerverbands, dem Kompetenzzentrum Richemont in Luzern, zeigt sich, woher der Widerstand kommt. In der grossen Backstube wird viel Brot gebacken, über 40 Sorten, jede Woche.

Vom Butterzopf über rustikal Chnurzelbrote bis zum Sauerteigbrot ist alles dabei: «Gerade Sauerteigbrote werden immer beliebter», erklärt der Bäcker Daniel Stadelmann und legt den Teig dafür in die Knetmaschine. Wasser rein, anstellen, rühren lassen. Bis aus dem Teig ein fertiges Brot wird, dauert es noch eine Weile.

Man kann die Brote lange gären lassen, dann entstehen mehr Geschmacksstoffe. Man kann gewisse Gewürze beigeben. Aber ganz ohne Salz geht nichts.
Autor: Daniel Stadelmann Bäcker

Doch Bäcker Stadelmann weiss genau, was am Ende herauskommen soll aus dem Ofen: «Es soll mild und aromatisch sein und eine gute Kruste haben.» Vor allem für den Geschmack und die Zubereitung sei eine gehörige Portion Salz unverzichtbar, sagt der Bäcker: «Für uns ist es sehr, sehr wichtig. Denn Salz gibt ein gewisses Aroma für das Brot.»

Doch Salz ist umstritten. Zu viel davon steht im Verdacht, die Gesundheit zu gefährden. Und weil Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz viel Salz über das tägliche Brot aufnehmen, sollen sich die Bäcker freiwillig verpflichten, künftiger weniger Salz in ihr Brot zu mischen.

Salz kann schaden – muss aber nicht

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Wieso wir Lust auf Salziges haben, ist genetisch bedingt. Ernährungswissenschaftlerin Christine Brombach von der ZHAW erklärt: «Unsere Instinkte sind eigentlich wenig ausgeprägt, aber einer ist die Präferenz für Süsses und der andere ist – in niedriger Konzentration – jener für Salziges, weil es bedeutet, dass ein Nahrungsmittel mineralisch ist und damit auch eine entsprechende Versorgung mit Mineralien gewährleistet.»

Die WHO empfiehlt maximal fünf Gramm Salz pro Tag und Person. In der Schweiz lag der Durchschnitt 2011 in einer vom Bund zitierten Studie bei neun Gramm. Der Wert liegt auch heute noch fast um das Doppelte über dem Ziel. Deshalb will der Bund das Salz im Brot reduzieren.

Es gibt Menschen, die mit Bluthochdruck auf eine salzige Ernährung reagieren. «Das heisst, wenn sie zu viel Salz konsumieren, werden die Nieren entsprechend mehr belastet und das kann langfristig zu Nierenschäden und zu Bluthochdruck führen», erklärt Brombach. Allerdings gibt es auch Menschen, denen viel Salz nichts ausmacht. Die WHO sieht dennoch vor, dass ihre Vorgaben auf jeweiliger nationaler Ebene umgesetzt werden müssen.

Doch für Bäcker Stadelmann wie auch für den Verband Swissbaker gilt beim Salzgehalt: «Nicht verhandelbar.» Im Übrigen komme es ja beim Salzkonsum vor allem darauf an, was auf dem Brot draufliege: Salziger Schinken, salzige Butter.

Und so viel Salz, wie von Kritikern von Bund und Konsumentenschützern behauptet, stecke nun auch wieder nicht im Brot, sagt sein Chef Andreas Dossebach, der bei Richemont für die Qualitätssicherung verantwortlich ist.

Er gibt einige Beispiele, jeweils gerechnet auf 100 Gramm: «Ein Standard-Butterzopf liegt beim Salzgehalt bei 1.38 Gramm, ein Buttergipfel bei 1.31 Gramm. Denn der viele Butter gleicht den Geschmack aus.»

Müssen Bäcker an der Preisschraube drehen?

Alternativen gäbe es schon, sagt Bäcker Stadelmann, die würden hier auch getestet, beim Sauerteig zum Beispiel: «Man kann die Brote lange gären lassen, dann entstehen mehr Geschmacksstoffe. Man kann gewisse Gewürze beigeben. Aber ganz ohne Salz geht nichts.»

Das Problem bei dem längeren Gehenlassen ist aber: der Arbeitsaufwand ist höher, darum würde das Brot am Ende mehr Geld kosten. Die Bäcker haben Angst, dass die Konsumentinnen und Konsumenten das am Ende nicht bezahlen würden.

Und noch mehr Brot nicht mehr beim Beck um die Ecke, sondern im Detailhandel kaufen würden, der jetzt schon zwei Drittel des Marktes abdeckt. Bis schwarz auf weiss bewiesen ist, dass tatsächlich zu viel Salz in ihrem Brot steckt, will sich die Branche daher nicht verpflichten, den Teig weniger zu salzen – nicht mal auf freiwilliger Basis.

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