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Einfluss russischer Investoren «Sulzer würden die neuen US-Sanktionen voll treffen»

Sulzer kauft Aktien von seinem Mehrheitsaktionär Renova zurück. Die Beteiligungsfirma des russischen Investors Viktor Vekselberg besitzt somit noch knapp 49 Prozent des Winterthurer Maschinenbaukonzerns.

Grund dafür seien die Sanktionen, welche die US-Regierung vergangenen Freitag gegen Vekselberg und andere russische Oligarchen ausgesprochen hat, hiess es. Wirtschaftsredaktor Philipp Meyer erklärt, ob die Gefahr damit gebannt ist.

Philip Meyer

Wirtschaftsredaktor

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Philip Meyer berichtet als Wirtschaftsredaktor über IT- und Telekomunternehmen, Transport- und Logistikthemen sowie alte und neue Medien. Er ist ausserdem Mitglied der Abteilungsleitung Audio / Digital von SRF.

SRF News: Warum sah sich Sulzer zu diesem Aktienrückkauf genötigt?

Philipp Meyer: Sulzer würden die neuen US-Sanktionen momentan voll treffen. Firmen und Privatpersonen in den USA dürften keine Geschäfte mehr mit Sulzer machen. Denn Viktor Vekselberg, respektive dessen Firma Renova, besitzt derzeit fast zwei Drittel der Aktien des Maschinenbauers. Doch nach der neuen Regelung der US-Regierung dürfen sanktionierte Personen oder Unternehmen noch höchstens 49,9 Prozent der Aktien besitzen, damit das Unternehmen nicht als zu stark von ihnen kontrolliert gilt.

Ob diese Hauruckaktion wirklich erfolgreich ist, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.

Mit dem über das Wochenende eingefädelten Rückkauf eines stattlichen Anteils könne man sich deshalb genügend von der Investorin Renova distanzieren, sagt Rainer Weihofen, Sprecher von Sulzer: «Die amerikanischen Regeln sind sehr klar. Sie beziehen sich einzig und allein auf diesen Schritt auf unter 50 Prozent. Wir sind uns sicher, dass wir das Problem mit dieser Transaktion gelöst haben.» Ob diese Hauruckaktion aber wirklich erfolgreich ist, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.

Und dieses Vorgehen ist völlig legal?

Das klärt Sulzer im Moment noch mit den US-Behörden ab. Denn der Aktienrückkauf ist ja im Prinzip ein Geschäft mit einer seit Freitag sanktionierten Firma. Im Moment geht Sulzer aber davon aus, dass diese Transaktion bewilligt wird. Ein weiterer heikler Punkt ist, dass Sulzer die Aktien dann sehr schnell wieder am Markt platzieren muss. Laut Gesetz darf ein Schweizer Unternehmen nicht mehr als zehn Prozent der eigenen Aktien besitzen. Mit dem Rückkauf läge Sulzer darüber. Ein Weiterverkauf dürfte aber ohnehin das Ziel sein. Denn für Sulzer ist die Übernahme des Pakets teuer.

Vekselberg ist an weiteren Unternehmen in der Schweiz beteiligt, unter anderem am Hightechkonzern Oerlikon und an der Stahlfirma Schmolz+Bickenbach. Und er ist nicht der einzige Oligarch auf dieser US-Sanktionsliste, der Schweizer Beteiligungen hält. Heisst das, es folgen weitere Massnahmen dieser Art?

Nein. Denn an all diesen Firmen hält Vekselberg schon jetzt weniger als 50 Prozent. Bei Oerlikon sind es zum Beispiel 43 Prozent. Auch andere Schweizer Firmen, etwa jene, an denen der Ölmagnat Oleg Deripaska beteiligt ist, müssen sich wegen dieser Regel keine Sorgen machen. Deshalb sagen diese Firmen heute auch dezidiert, sie seien von den Sanktionen nicht betroffen.

Sulzer, Oerlikon und andere müssen jedem noch so kleinen Verdacht auf Umgehungsgeschäfte zugunsten Vekselbergs nachgehen, um in den USA nicht doch noch in Schwierigkeiten zu geraten.

Bedeutet das, diese Unternehmen sind nun sicher vor der US-Justiz?

Es ist noch zu früh, um das abschliessend zu beantworten. Streng nach dem Buchstaben der Sanktionsregelung schon. Allerdings dürften die US-Behörden den Firmen in nächster Zeit ziemlich genau auf die Finger schauen, sagt der Schweizer Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz: «Der eigentliche Chef im Haus ist und bleibt Vekselberg. Ich vermute mal, dass die Amerikaner, wenn es um Sanktionen geht, die Sache nicht so sehr formell betrachten werden, sondern schauen, ob Vekselberg nach wie vor massgeblichen Einfluss nimmt oder nicht.» Deshalb müssen Sulzer, Oerlikon und andere jedem noch so kleinen Verdacht auf Umgehungsgeschäfte zugunsten Vekselbergs nachgehen, um in den USA nicht doch noch in Schwierigkeiten zu geraten.

Und was ist mit einem Imageschaden für diese Unternehmen?

Amerikanische Kunden könnten natürlich dennoch Angst haben, Probleme mit der Justiz zu bekommen. Und es kann allenfalls plötzlich als unamerikanisch gelten, wenn bekannt wird, dass sie mit einer Firma geschäften, an der ein sanktionierter Oligarch stark beteiligt ist. Deshalb kommt auch kommunikativ sehr viel Arbeit auf Sulzer und andere Firmen mit russischer Beteiligung zu.

Das Gespräch führte Samuel Wyss.

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