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Einführung Stellenmeldepflicht Gastrosuisse kritisiert schlechte Dossierauswahl

Seit einem halben Jahr gilt in der Schweiz die Stellenmeldepflicht. Nicht alle Branchen sind zufrieden mit dem Angebot.

Baumeister und Restaurantbetreiber müssen seit dem 1. Juli vergangenen Jahres offene Stellen zuerst den regionalen Arbeitsvermittlungsstellen (RAV) melden und sie erst nach einer Frist von fünf Tagen öffentlich ausschreiben.

Insgesamt sind es 19 Berufsarten, für die die Stellenmeldepflicht gilt, und bei denen registrierte Arbeitslose diesen Vorsprung auf andere Bewerber erhalten. Wenig überraschend hat die Verordnung dazu geführt, dass die Meldungen der Arbeitgeber an die RAV im letzten halben Jahr stark zugenommen haben.

Eine erfolgreiche Vermittlung durch ein RAV kann auf die Meldepflicht zurückzuführen sein, muss aber nicht.
Autor: Boris Zürcher Leiter der Direktion für Arbeit beim Seco

Doch welche Stellensuchenden am Ende auch einstellt würden, sei schwierig herauszufinden, sagt Boris Zürcher vom Seco: «Eine erfolgreiche Vermittlung durch ein RAV kann auf die Meldepflicht zurückzuführen sein, muss aber nicht.»

Mann studiert auf dem RAV Stelleninserate
Legende: Das Seco zieht eine positive Zwischenbilanz nach sechs Monaten Stellenmeldepflicht. Keystone

Genauso wichtige Kriterien für eine erfolgreiche Anstellung können nämlich auch Qualifikation und Alter einer Person sein. Die Spezialisten des Seco sind deshalb daran, die richtigen Zusammenhänge herauszufinden. Das sei ein komplexes Unterfangen und dürfte längere Zeit in Anspruch nehmen.

Was soll die Meldepflicht genau bewirken?

Denn noch sei gar nicht klar, was eigentlich genau das Ziel sei dieser Stellenmeldepflicht sei, erklärt Zürcher: «Die einen sagen, sie soll direkt am Arbeitsmarkt wirken. Andere sagen, sie muss das Verhalten der Arbeitgebenden beeinflussen, damit sie zuerst zu einem RAV gehen, und nicht gleich im Ausland jemanden rekrutieren. Dritte sagen, es muss die Zuwanderung senken.»

Das ist ein subtiler Seitenhieb ans Parlament und an den Bundesrat, welche die Verordnung ausgearbeitet haben – sprich: dem Seco diese Suppe eingebrockt haben, die es nun auslöffeln muss. Denn die Behörde ist primär dafür zuständig, dass die Stellenmeldepflicht korrekt und gesetzeskonform umgesetzt wird.

Die Verwaltung hat geliefert. Nun sind die Arbeitgeber gefordert.
Autor: Gabriel Fischer Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse

Das sei der Fall, sagt Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik beim Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse. Er spielt den Ball den Arbeitgebern zu: «Die Verwaltung hat geliefert, das Tool steht. Nun sind die Arbeitgeber gefordert, auch wirklich arbeitslose Personen wieder anzustellen.»

Bei den Arbeitgebern sind es die Hoteliers und Gastronomen, die sich am stärksten gegen die Umsetzung der Stellenmeldepflicht wehren. Das Gastgewerbe ist eine der Branchen mit der höchsten Arbeitslosenquote.

Gastronomie erhält unpassende Dossiers

Casimir Platzer vom Dachverband Gastrosuisse kritisiert die mangelnde Qualität der Bewerbungsunterlagen: «Wenn wir Stellen melden, ist es so, dass die RAV uns gar keine passenden Dossiers zuschicken können.»

Eine Kritik, für die Zürcher zwar ein gewisses Verständnis aufbringt. Tatsächlich könnten die RAV nicht immer die perfekten Dossiers liefern.

Doch das sei auch nicht das primäre Ziel des Seco: «Unsere Aufgabe ist es, die Chancen der Stellensuchenden zu verbessern, um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen. Das läuft erfolgreich. Das relativiert für uns auch etwas die Kritik zum Beispiel aus dem Gastgewerbe.»

Zürchers Äusserung macht klar: Er will seine Behörde aus der Schusslinie nehmen, was die Kritik der Gastronomen und anderen Arbeitgebern betrifft. Doch ebenso klar ist, dass die hitzigen Diskussionen um Sinn und Unsinn der Verordnung weitergehen werden – und zwar so lange, bis das Seco einen Weg gefunden hat, die Wirksamkeit der Stellenmeldepflicht zu messen.

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