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Einkaufen am Wochenende Streit über Folgen von mehr Sonntagsarbeit

Die Sonntagsarbeit sei auf dem Vormarsch und gesundheitsgefährdend, warnt eine Allianz. Die Beschäftigtenzahlen sind aber stabil.

Darum gehts: Eine Allianz aus Frauenverbänden, Gewerkschaften, politischen Parteien und kirchlichen Organisationen warnt vor einer Ausweitung der Sonntagsarbeit. Eine vom Bündnis in Auftrag gegebene Studie zeige auf, welche physischen, psychischen und sozialen Risiken damit verbunden seien. Die Sonntagsallianz hat sich zum Ziel gesetzt, den freien Sonntag als Erholungstag beizubehalten. In der Herbstsession dürften sie das Thema wieder auf das politische Tapet bringen.

Das sagt die Sonntagsallianz: Die gesundheitlichen Folgen reichen gemäss der Studie von Schlafstörungen über Herz-Kreislauf-Krankheiten bis zu Depressionen. Ausserdem sei die Sonntagsarbeit diskriminierend: Es treffe überdurchschnittlich häufig Frauen, Migranten und Migrantinnen sowie prekär Beschäftigte. Die Gewerkschaft Travailsuisse schreibt, gemeinsame freie Tage seien essenziell für die Pflege sozialer Beziehungen. Unkoordinierte Arbeitszeiten hingegen zögen einen Rattenschwanz an sozialen und gesundheitlichen Problemen nach sich.

Hier geht es zur Studie

Das ist die Gesetzeslage: Grundsätzlich ist Sonntagsarbeit in der Schweiz verboten. Von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind Branchen, in denen Sonntagsarbeit betriebsnotwendig ist. Dazu zählen insbesondere das Gesundheitswesen, das Gastgewerbe, die Medien, Bäckereien, Kioske, sowie Betriebe an Flughäfen und in grossen Bahnhöfen. Für alle anderen sind zudem maximal vier Sonntagsverkäufe pro Jahr erlaubt.

Frauen formen Teig in einer Bäckerei.
Legende: Wer wenig Gestaltungsmöglichkeiten hat bei der Arbeitszeit, ist laut dem Bündnis Sonntagsarbeit besonders gefährdet. KEYSTONE/Christian Beutler

Das sind die Zahlen: Trotz der Gesetzeslage müssten immer mehr Beschäftigte am Sonntag arbeiten, weil immer mehr Ausnahmen gelten würden, sagt die Sonntagsallianz. Laut Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) ist der Anteil der Arbeitnehmenden, die manchmal oder immer Sonntagsarbeit leisten, zwischen 2001 und 2024 allerdings von 26 auf 23 Prozent gesunken. Zwischen 2023 und 2024 kam es sogar zu einem Rückgang bei den absoluten Zahlen – trotz steigender Beschäftigtenzahlen.

Betrachtet man den Detailhandel isoliert, zeigt sich ein leichter Anstieg in derselben Zeitspanne:

Vania Alleva vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) betont, dass in absoluten Zahlen heute mehr Menschen am Sonntag arbeiten als früher. Und sie fügt hinzu: «Die Gewerkschaften haben eine Ausweitung der Sonntagsarbeit mehrfach bekämpft.»

Das ist der Stand der politischen Debatte: Im Parlament sind derzeit zwei Vorstösse hängig, die Homeoffice am Sonntag erleichtern und die Zahl der Sonntagsverkäufe von heute vier auf zwölf erhöhen wollen. Besonders Letzteres ist Vania Alleva ein Dorn im Auge: «Wir befürchten, dass das Parlament Ja sagen könnte zu zwölf Sonntagsverkäufen. Das wäre dreimal so viel wie wir heute haben und für das Verkaufspersonal eine massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.»

Das sagt der Arbeitgeberverband: Daniela Lützelschwab, Ressortleiterin Arbeitsmarkt, sagt: «Es ist unbestritten, dass wir genügend arbeitsfreie Zeit brauchen, damit wir uns erholen können.» Es stelle sich aber die Frage, ob es noch zeitgemäss sei, dass der Staat vorschreibe, dass die meisten Personen diesen freien Arbeitstag am Sonntag haben müssten. Ausserdem sei es eine Realität, dass heute viele am Wochenende einkaufen wollen. Lützelschwab zeigt sich mit dem Status Quo zufrieden – fügt aber auch hinzu: «Es braucht dann aber auch den Willen, Ausnahmen einzuführen.»

Mitarbeit: Liz Horowitz

Tagesschau, 22.8.25, 19:30 Uhr ; 

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