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Der Währungsfonds als Krisengewinnler
Aus Echo der Zeit vom 17.10.2021. Bild: Keystone-SDA
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Einnahmen durch Strafgebühren Wie der IWF von der Krise profitiert

Der IWF hilft finanziell angeschlagenen Ländern – wenn das Geld ausgeht, kein Investor neues einschiessen will und die Pleite droht. Seit Beginn der Pandemie ist das besonders oft der Fall gewesen: 85 Länder haben Kredite von zusammen mehr als 100 Milliarden Dollar erhalten. Dass der Währungsfonds trotzdem nicht als Rettungsengel wahrgenommen wird, hat handfeste Gründe: Hilfe vom Währungsfonds gibt es nicht umsonst.

Kein Land klopfe daher freiwillig an die Tür des IWF, sagt US-Ökonom Mark Weisbrot von der Denkfabrik Center for Economic and Policy Research in Washington bei einer Video-Konferenz von Kritikern des IWF-Geschäftsmodells: «Das machen sie nur, wenn sie nirgends anderswo hingehen können.»

Ein IWF-Kredit ist immer mit einem Stigma verbunden.
Autor: Mark Weisbrod Ökonom

Viele Gründe sprächen gegen IWF-Kredite, sagt Weisbrot: «Da sind zum einen die Kreditbedingungen. Oft sind die Sparauflagen hart, was politisch unbeliebt ist. Weil das betroffene Land die Auflagen erfüllen muss, gibt es zudem die Kontrolle über seine Wirtschaftspolitik zum Teil an den IWF ab. Ausserdem ist ein IWF-Kredit immer mit einem Stigma verbunden.»

Ein IWF-Kredit kann teuer werden

Denn: Wer um Kredite betteln muss, hat offensichtlich ein gröberes Problem. Das schreckt Investoren ab. Zunehmend für Unmut sorgen auch die saftigen Strafgebühren. Sie werden – zusätzlich zu den Zinsen – fällig, wenn Schuldnerländer mit der Rückzahlung in Verzug geraten. Betroffen sind vor allem Schwellenländer wie Argentinien, Ecuador, Ägypten oder Pakistan.

Zu sehen ein Gebäude
Legende: IWF-Zentrale in Washington: Strafgebühren für Kredite gehören zu den Haupteinnahmequellen des Fonds. imago images

Gemäss IWF soll diese Strafgebühren sie motivieren, Kredite schneller zurückzuzahlen und dem IWF mehr Einnahmen bescheren, die er dann wieder als Kredite weiterreichen könne. Wie teuer dieser Zuschlag werden kann, zeigt das Beispiel Argentinien. Das südamerikanische Land ist mit einem Kredit von 45 Milliarden Dollar derzeit grösster Schuldner des IWF – und mit der Rückzahlung in Verzug.

Damit könnte Argentinien seine Bevölkerung neunmal gegen Covid impfen.
Autor: Mark Weisbrod Ökonom

Gemäss US-Ökonom Weisbrot muss Argentinien bis zum kommenden Jahr allein 3.3 Milliarden Dollar an Strafgebühren zahlen: «Mit dem Geld könnte Argentinien seine ganze Bevölkerung neunmal komplett gegen Covid impfen lassen», rechnet der Ökonom vor.

Für die betroffenen Länder sei das eine grosse Zusatz-Belastung zur Unzeit, sagt Ökonom Martin Abeles von der UNO-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik: «Wenn krisengeplagte Länder die hohen Strafgebühren nicht schultern können und weitere Schuldenrestrukturierungen sind, dann kann das die Länder erst recht destabilisieren und das Wirtschaftswachstum bremsen.»

Wachsende Kritik und Widerstand

Es entbehrt daher nicht einer gewissen Ironie, dass die Strafgebühren inzwischen zur wichtigsten Einnahmequelle des Währungsfonds geworden sind. Sie machen – nach IWF-Angaben – bereits mehr als die Hälfte seiner operativen Einnahmen aus. Mit zunehmender Tendenz.

Bei betroffenen IWF-Mitgliedsländern regt sich zunehmend Widerstand gegen das umstrittene Geschäftsmodell. Sie argumentieren: Die Kriegskasse des IWF sei auch ohne diese Strafgebühren gut gefüllt. Bei der demnächst anstehenden Überprüfung des Gebührensystems muss der Fonds daher gute Argumente aus dem Hut zaubern, um seine umstrittenste Einnahmequelle zu rechtfertigen.

Echo der Zeit, 17.10.2021, 18 Uhr

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