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Globale Steuerreform Maurer: «Problem ist nicht so riesig, wie es dargestellt wird»

In Washington haben sich die Finanzministerinnen und -minister der G20-Staaten getroffen. Mit dabei war auch Bundesrat Ueli Maurer. Die G20 stellen sich hinter die Einführung einer Minimalsteuer für Unternehmensgewinne, wie sie die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, vorschlägt.

Damit kommt der Plan einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent auf die Zielgerade. Die grössten multinationalen Konzerne sollen dort besteuert werden, wo sie ihren Umsatz machen.

Ueli Maurer

Alt-Bundesrat

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Ueli Maurer ist 1950 geboren. Er erwarb das eidgenössische Buchhalterdiplom und war von 1994 bis 2008 Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbandes. Bis Ende 2008 war er auch Präsident des Verbandes Schweizerischer Gemüseproduzenten und des Schweizer Maschinenrings. Zudem war Maurer von 1996 bis 2008 Präsident der SVP Schweiz. Von 1991 bis zu seiner Wahl in den Bundesrat war er Nationalrat. Der SVP-Politiker war von 2009 bis 2022 Bundesrat, bis 2016 Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und danach Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD).

SRF News: Kommt das Tiefsteuerland Schweiz mit einem blauen Auge davon?

Ueli Maurer: Für die Schweiz sollte die Mindeststeuer umsetzbar sein. Wir rechnen damit, dass gut 200 Firmen mit Sitz in unserem Land betroffen sind. Dazu kommen noch einige tausend ausländische Tochtergesellschaften. Zur Umsetzung braucht es aber eine entsprechende Anpassung der gesetzlichen Grundlagen.

Weltweiter Mindeststeuersatz von 15 Prozent

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Herzstück der weltweiten Konzernsteuerreform ist eine Mindeststeuer von 15 Prozent auf Konzerngewinne. Sie soll für alle Länder bei den Steuern für gleich lange Spiesse sorgen und den Steuerwettbewerb nach unten verhindern. Bislang haben 136 Staaten ihren Willen bekundet, dabei mitzumachen. Nach Willen der G20 soll die Reform schon 2023 in Kraft treten. Die Mindeststeuer gilt für alle internationalen Konzerne mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Dollar. Weltweit werden 7000 bis 8000 Firmen betroffen sein. Die OECD, welche die jahrelangen Verhandlungen über eine Steuerreform koordiniert hat, geht von jährlich weltweit rund 150 Milliarden Dollar aus, die die Staaten zusätzlich als Steuern einnehmen werden.

Die Reform soll auch die internationalen Steuerregeln an das Digitalzeitalter anpassen. Dafür sollen die 100 grössten und profitabelsten Konzerne der Welt mehr Steuern in jenen Ländern zahlen, in denen sie besonders viel Geld verdienen. Davon dürften vor allem Schwellenländer profitieren – es ist eine Art Länderfinanzausgleich auf internationaler Ebene. Das Verschieben von Gewinnen in besonders steuergünstige Staaten soll damit verhindert werden. In der Schweiz liegen die Steuern für Unternehmen in zwei Dritteln aller Kantone unter 15 Prozent. Sie müssen ihre Steuergesetze entsprechend anpassen. Unklar ist, ob auch die Bundesverfassung angepasst werden muss.

Wo sehen sie Spielraum?

Die Frage, wie wir das umsetzen, ist grundsätzlich noch offen. Es gibt verschiedene Ideen, die wir zurzeit mit den Kantonen, die das Steuerregime ja nun anpassen müssen, und den Unternehmen besprechen. Wir hoffen, dass bei der Bemessungsgrundlage etwas Spielraum besteht. Wir sind ein hoch technologisiertes Land – das bedeutet hohe Abschreibungsraten, damit man wieder investieren kann. Es sollte eigentlich möglich sein, gegenüber weniger entwickelten Ländern etwas Vorsprung zu erhalten.

Die KMUs sind von der OECD-Minimalsteuer ausgenommen. Schafft das nicht auch ein neues Problem – und zwar das der ungleichen Behandlung je nach Unternehmensgrösse?

Das ist ein Problem, das wir noch lösen müssen. Rechtsgelehrte diskutieren zurzeit, ob es dazu eine Verfassungsgrundlage braucht.

Ich glaube, wir können es ohne eine Volksabstimmung lösen, weil die Anpassungen nicht so gross sein werden, wie wir das befürchtet haben.
Autor: Ueli Maurer Finanzminister

Grundsätzlich kann man aber sagen, dass das zu lösende Problem nicht so riesig ist, wie es dargestellt wird. Ich glaube, wir können es auch ohne eine Volksabstimmung lösen, weil die Anpassungen schlussendlich nicht so gross sein werden, wie wir das zu Beginn befürchtet haben.

Bis wann kann die OECD-Steuerreform realistischerweise in der Schweiz umgesetzt werden?

Wir brauchen mit der Vernehmlassung, der Gesetzgebung im Parlament und mit der Anpassung in den Kantonen hier wohl drei Jahre. Das ist aber sportlich für unsere Verhältnisse. Das versuche ich denen da immer wieder zu erklären.

Das Gespräch führte Isabelle Jacobi.

SRF 4 News, 14.10.2021, 06:00 Uhr ; 

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