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Erhebung der Arbeitslosigkeit Was taugen die Arbeitslosenzahlen?

Die Arbeitslosenquote wird immer wieder kritisiert. Doch auch die Erwerbslosenquote ist nicht über alle Zweifel erhaben.

Die Arbeitslosenquote verharrt im Juli bei 2.1 Prozent, das zeigen die heute vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) veröffentlichten Zahlen zum Schweizer Arbeitsmarkt.

Das grössere Arbeitsangebot im Baubereich und dem Gastgewerbe reduzieren die Arbeitslosigkeit normalerweise leicht im ersten halben Jahr. Im Spätsommer treten viele Schul- und Lehrabgänger in den Arbeitsmarkt ein und lassen die Zahl der Arbeitslosen wieder ansteigen.

Immer wieder wird die Evaluation des Arbeitsmarkts durch die Arbeitslosenquote kritisiert, denn viele Ökonomen erachten die Erwerbslosenquote als aussagekräftiger. Im Gegensatz zur Arbeitslosenquote erfasst sie auch jene Personen, die nicht bei der regionalen Arbeitsvermittlung (RAV) erfasst sind. Beide Quoten entwickeln sich mehr oder weniger parallel, die Erwerbslosenquote fällt jedoch über ein Prozent höher aus.

Die vielfach kritisierte Arbeitslosenquote

Erhebungsmethode: Die monatlich erhobenen Daten basieren auf einer Register-Erhebung der Arbeitsvermittlungszentren durch das Seco. Alle Personen, die am Ende des Monats bei einem RAV registriert sind, werden in der Erhebung berücksichtigt. Dazu gehören auch nichtarbeitslose Stellensuchende, die eine Umschulung absolvieren, einen Zwischenverdienst haben oder unterbeschäftigt sind.

Vorteile: Die Arbeitslosenquote wird monatlich erhoben und bis am 10. des Folgemonats publiziert. Sie ist extrem genau weil sie auf einer Vollerhebung beruht und bietet sich für frühzeitige Konjunktureinschätzungen an.

Kritik: Personen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht bei einem RAV gemeldet sind und trotzdem auf der Suche nach Arbeit sind, bleiben unberücksichtigt. Insbesondere Ausgesteuerte und Personen, die eine Stigmatisierung fürchten und sich deshalb nicht melden, werden übergangen. Oft taucht daher der Vorwurf auf, die Arbeitslosenquote beschönige die reale Situation auf dem Arbeitsmarkt.

Erwerbslosenquote ist umfassender

Erhebungsmethode: Als erwerbslos gilt, wer in der Woche der Erhebung ohne Arbeit ist, seit einem Monat aktiv eine Stelle sucht und sofort verfügbar ist. Pro Quartal werden 30'000 Personen telefonisch befragt. Mittels Hochrechnung berechnet das Bundesamt für Statistik daraus die Quote für die Gesamtpopulation.

Vorteile: Hauptvorteil dieser Erhebung ist der Miteinbezug der Ausgesteuerten. Die Erwerbslosenquote richtet sich nach den Vorgaben der internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Während Arbeitslosenquoten national unterschiedlich definiert werden, gibt die ILO eine standardisierte Methode vor und ermöglicht internationale Ländervergleiche.

Im internationalen Vergleich der Erwerbslosigkeit steht die Schweiz nicht allzu vorteilhaft da. Mit 4.7 Prozent (1. Quartal 2019) steht sie deutlich über Ländern wie Deutschland, Tschechien oder Ungarn.

Kritik: Die Erhebung via Telefon ist deutlich fehleranfälliger als die Vollerhebung via Register. Unter anderem, weil Ausländer nicht in allen Fällen eine Amtssprache beherrschen. Zudem sind erwerbslose Personen telefonisch in der Regel besser erreichbar als erwerbstätige.

Auch die statistische Hochrechnung beinhaltet eine gewisse Unschärfe. Die Daten werden ausserdem nur quartalsweise erhoben und mit einer Verzögerung von ca. 1.5 Monaten veröffentlicht. Das erschwert die Einschätzung konjunktureller Entwicklungen.

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