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Erwarteter Bundesratsentscheid Hilfe für Härtefälle: Wie weiter?

Wie soll es jetzt – da die Pandemie dem Ende zugeht – mit notleidenden Unternehmen weitergehen? Am Mittwoch will der Bundesrat offenbar entscheiden.

René Kaufmann, der Wirt des Restaurants «Rössli Illnau», hat im Januar 40 Prozent weniger Umsatz gemacht. «Etwa 60 Banketts wurden abgesagt. Das gibt einem schon zu denken, wie man in Zukunft da steht», sagt Kaufmann. Vor allem das Saalgeschäft sei komplett tot. Aktuell habe man keine Anfragen – das schmerze.

Damit ist Kaufmann nicht alleine: Laut einer Umfrage von Gastrosuisse verzeichneten 70 Prozent der Betriebe markante Einbussen. Mit einer neuen Härtefall-Regelung will der Bund dieser schwierigen Situation Rechnung tragen. Bisher musste ein Betrieb nachweisen, dass er in den vergangenen Monaten an Umsatz eingebüsst hatte. Dann erhielt der Betrieb quasi rückwirkend Geld – und zwar maximal 20 bis 30 Prozent des Jahresumsatzes. Neu soll ein Teil der ungedeckten, laufenden Kosten entschädigt werden. Bedingung ist, dass der Betrieb die Existenzgefährdung belegen kann – zum Beispiel, dass bereits Kurzarbeitsentschädigung bezogen worden ist.

Der Haken bei der neuen Verordnung

Doch das Problem für die betroffenen Branchen: Viele Unternehmen haben aus betrieblichen Gründen keine Kurzarbeitsentschädigung angemeldet. Deshalb wären sie gar nicht berechtigt, die neuen Härtefallgelder zu beantragen. In der Fitnessbranche rechnen drei Viertel der Betriebe damit, dass sich der Umsatz halbieren könnte. Der Verband befürchtet einen Gesamtschaden von 700 Millionen Franken pro Jahr.

Roland Steiner vom Verband Schweizerische Fitness- und Gesundheitscenter erklärt: «Es ist in unserer Branche so, dass wir durch die langen Öffnungszeiten eigentlich darauf angewiesen sind, mit den Mitarbeitenden zu arbeiten, die wir haben. Deshalb haben sicher viele bis jetzt keine Kurzarbeit geltend gemacht.»

Wir kritisieren, dass man beweisen muss, dass man ohne fremde Hilfe nicht über die Runden kommt. Es wird kantonal ausgelegt und ist schwierig zu beweisen.
Autor: Urs Pfäffli Präsident Gastrosuisse

Ein weiterer möglicher Stolperstein in der neuen Härtefallverordnung sind die sogenannten Selbsthilfe-Massnahmen. Diese bereiten dem Präsidenten von Gastrosuisse, Urs Pfäffli, Bauchschmerzen. «Wir kritisieren, dass man beweisen muss, dass man ohne fremde Hilfe nicht über die Runden kommt. Es wird kantonal ausgelegt und ist schwierig zu beweisen.»

Die gestellten Anforderungen gehen fast ins Uferlose. Im Vollzug kann man sehr viele Unterlagen verlangen und vieles einfordern von den Unternehmen.
Autor: Leo Müller Präsident der Wirtschaftskommission des Nationalrats

So sieht das auch der Präsident der Wirtschaftskommission des Nationalrats, Leo Müller (Die Mitte). Es brauche eine klarere Definition. «Die gestellten Anforderungen gehen fast ins Uferlose. Im Vollzug kann man sehr viele Unterlagen verlangen und vieles einfordern von den Unternehmen.» Die Kommission war deshalb der Meinung, dass das zu weit gehe und eingegrenzt werden müsse.

Neue Regelung als Kompromiss

Trotz einigen Mängeln ist die neue Verordnung für den Leiter der Konjunkturforschungsstelle das richtige Instrument für Härtefälle. «Das Dilemma besteht darin, einerseits so freigiebig wie möglich zu sein, andererseits nicht unnötig Geld auszugeben», erklärt Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunktur-Forschungsstelle ETH Zürich. Da müsse man die Bilanz zwischen Bürokratie und Freigiebigkeit darstellen.

Trotz Umsatzeinbusse im Januar ist sich Wirt René Kaufmann nicht sicher, ob er nochmals Härtefallgelder beantragen will. Der Aufwand sei immens und in der Vergangenheit habe finanziell kaum etwas herausgeschaut dabei.

Inwiefern die Kritik der verschiedenen Branchen berücksichtigt wird, dürfte sich am Mittwoch zeigen. Dann präsentiert der Bundesrat wohl die neue Härtefallverordnung.

10vor10, 01.02.2022, 21:50 Uhr ; 

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