Die neusten Enthüllungen zeichneten in der Tat ein unschönes Bild der Medtech-Branche, räumt Peter Studer vom Verband Swiss Medtech ein. Er beschwichtigt aber: Es handle sich hier vor allem um alte Fälle. «Damals führten die Prüfstellen ihre Arbeit noch nicht auf dem gleichen qualitativen Niveau durch, wie heute», so Studer. Die Branche sei jung, ebenso ihre Regulierung.
Wichtig sind unabhängige Prüfer
In der Schweiz ist die erste Medizinprodukte-Verordnung 1996 erlassen worden. Seither sei die Regulierung laufend verbessert worden, sagt Studer. Dass die Implantate und Medtech-Produkte nicht vom Staat, sondern von privaten Prüfstellen kontrolliert und bewilligt würden, sei kein Problem. Wichtig sei, dass die Prüfer unabhängig seien und qualitativ gut arbeiteten.
Nach dem Skandal um Brust-Implantate 2011 sei die Qualität der Prüfstellen massgeblich verbessert worden, betont Studer. Ausserdem steht ein weiterer Regulierungsschub bevor: Ab Mai 2020 gilt in der EU und in der Schweiz ein neues, strengeres Regelwerk. Unter anderem werden dann die Prüfstellen und deren Angestellte noch stärker überwacht.
Datenbank mehr Sicherheit bringen
Ausserdem ist die Zulassung für Medizinprodukte im Unterschied etwa zu Arzneimitteln zeitlich befristet. So müssen die Produkte nach fünf Jahren re-zertifiziert werden.
Transparenz soll auch eine europaweite, zentrale Datenbank bringen, die öffentlich zugänglich sein wird. Darin sind etwa Informationen über den Hersteller eines Produkts, Berichte über dessen Sicherheit oder Meldungen über allfällige Mängel zu finden. Damit sollen Missstände in Zukunft möglichst verhindert werden.
Mehr Aufwand – dafür mehr Sicherheit
Für die Branche heisst das, dass der Zulassungsprozess aufwendiger und teurer wird. Die Innovationsfähigkeit werde dadurch mittelfristig aber kaum leiden, ist Studer von Swiss Medtech überzeugt. «Das Ganze wird sich zu Gunsten von sichereren Produkten auf dem Markt einpendeln.»
Die Investoren von Medtech-Firmen dürften die Verschärfungen aber wenig freuen. Es heisst, manche von ihnen drängten die Unternehmen, neue Produkte möglichst rasch auf den Markt zu bringen und dabei Abstriche bei der Sicherheit hinzunehmen. So wollen sie möglichst rasch Geld verdienen.
Vertrauen wiederherstellen
In der Tat sei auch wirtschaftlicher Druck vorhanden, bestätigt Studer. Deshalb müsse sichergestellt sein, dass sich alle an die regulatorischen Vorgaben halten müssten. «Dann kann man auch mit dem wirtschaftlichen Druck umgehen.»
Studer ist sich sicher, dass das Regelwerk das Vertrauen in die Medizintechnik-Branche nach den jüngsten Enthüllungen wieder stärken wird.