Das Wichtigste in Kürze
- Roche hat die Halbjahreserwartungen übertroffen. Der Umsatz stieg im ersten Semester um 5 Prozent auf 26,3 Mrd. Franken, der Reingewinn um zwei Prozent auf 5,6 Mrd. Franken.
- Doch gerade bei den gewinnträchtigen Immuntherapien – Medikamente, die das Immunsystem im Kampf gegen Krebs aktivieren – ist der Pionier ins Hintertreffen geraten.
- Auch der Ablauf des Patentschutzes zweier umsatzstarker Krebsmedikamente könnte den Umsatz drücken, denn Nachahmerprodukte kommen in Europa und USA auf dem Markt.
- Roche-CEO Severin Schwan gibt sich dennoch zuversichtlich, die Spitzenposition halten zu können. Er verweist auf ein vielsprechendes Portfolio mit neuen Produkten.
Roche, Pionier bei den Krebsmedikamenten, liege im Bereich Immuntherapien zurzeit hinter der Konkurrenz, sagt Michael Nawrath, Pharma-Analyst der Zürcher Kantonalbank. Die Basler hätten eine riesige Geschichte etwas verschlafen. Deshalb seien sie zwei Jahre später auf den Markt gekommen als die US-Konkurrenten Merck und Bristol-Myers Squibb.
Roche hat eine riesige Geschichte etwas verschlafen und liegt zwei Jahre zurück. Das ist Roche noch nie passiert.
«Jetzt ist Roche ja da» hält Konzernchef Severin Schwan entgegen. Er verweist auf das Medikament Tecentriq, das bereits in den USA zugelassen sei und sich dort sehr gut entwickle. Kürzlich sei auch die Empfehlung zur Zulassung in Europa erreicht worden: «Das läuft soweit sehr gut.»
Jetzt kommt's darauf an, wie gut das Geschäft mit den neuen Medikament im zweiten Halbjahr läuft. Aus Sicht des Analysten muss Roche eine Milliarde Franken umsetzen, um hier unter den drei Besten zu bleiben. Bisher spielte Tecentriq 237 Millionen Franken ein.
Mit unserem breiten Portfolios haben wir gute Chancen, ganze vorne mit dabei zu sein.
Schwan gibt sich zuversichtlich: Tecentriq sei jetzt auf dem Markt. Noch wichtiger seien die zehn neuen Medikamente in der klinischen Entwicklung. Nicht alle seien erfahrungsgemäss erfolgreich, aber einige. Das breite Portfolio eröffne gute Chancen, ganz vorne mit dabei zu sein.
Nachahmerprodukte fressen Umsatz weg
Auf Erfolg mit neuen Produkten ist Roche derzeit angewiesen, denn zwei bisherige Umsatzträger im Krebsbereich haben ihren Patentschutz verloren. Nachahmerprodukte, sogenannte Biosimilars, kommen derzeit in Europa auf den Markt, ab 2018 auch in den USA.
Was die Biosimilars an Umsatz kosten werden, weiss auch ZKB-Analyst Nawrath nicht: Sicherlich seien dies nicht 40 bis 50 Prozent wie bei einfachen chemischen Medikamenten. Wenn allerdings bei einem Sieben-Milliarden-Medikament nur einige Prozent wegbrächen, seien es rasch mehrere hundert Millionen. Roche-Chef Schwan ist auch in Bezug auf die Konkurrenz für ältere Roche-Produkte zuversichtlich und glaubt an die Kompensation durch neue Medikamente.
Unabwägbarkeiten
Ob Roche den Spitzenplatz im Bereich der Krebstherapien halten kann, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Klar ist auch, dass sich die Ausgangslage in diesem Geschäft abrupt verändern kann.
Das musste der britisch-schwedische AstraZeneca-Konzern heute erfahren, ein ernstzunehmender Roche-Konkurrent. Sein Hoffnungsträger im Bereich Immuntherapie gegen Lungenkrebs ist in einer wichtigen Studie durchgefallen. Die Anleger reagierten fast schon panisch. Der Aktienkurs von Roche hingegen legte heute Morgen um gut ein Prozent zu.