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Fusion im Gesundheitswesen Pflegeheimriese Tertianum übernimmt Senevita – die Hintergründe

Es ist die bisher grösste Übernahme in der Pflegeheimbranche: Tertianum übernimmt Senevita. Die wichtigsten Fakten.

Das ist neu: Mit der Übernahme von Senevita ist Tertianum der mit Abstand grösste Anbieter von Wohnen und Pflege im Alter. Insgesamt betreibt die Gruppe 100 Standorte. Senevita ist mit 40 Standorten die Nummer zwei. Mit der Übernahme betreibt Tertianum neu 6450 Pflegebetten, das sind rund sieben Prozent aller Pflegebetten in der Schweiz. Dazu kommen 4400 Wohnungen mit Dienstleistungen. Die Wettbewerbskommission Weko hat dem Deal bereits zugestimmt.

Pflegekraft spricht mit älteren Menschen in einem Gemeinschaftsraum
Legende: Mit dieser Übernahme von Senevita entsteht in der Schweiz der mit Abstand grösste Anbieter im Bereich der Alterspflege. KEYSTONE / Valentin Flauraud

Darum übernimmt Tertianum Senevita: Tertianum will wachsen und tut das seit Jahren. In den letzten zehn Jahren ist Tertianum von weniger als 30 Standorten auf 100 Standorte gewachsen, mit der Übernahme von Senevita werden es neu 140 Standorte sein. Das Wachstum ist Teil der Strategie der Besitzerin Capvis, einer Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Zug. Solche Firmen kaufen in der Regel Firmen auf, beraten sie, machen sie grösser und verkaufen sie – wenn alles gut läuft – mit Gewinn wieder weiter. Wegen des demografischen Wandels wird die Nachfrage nach Pflege und Betreuung im Alter in den kommenden Jahren deutlich zunehmen.

Das sagt Tertianum zur Übernahme:

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  • Warum hat sich Tertianum entschieden, Senevita zu übernehmen?
    Die Übernahme ist ein konsequenter Schritt in der Umsetzung der langfristigen Wachstumsstrategie von Tertianum. Sie stärkt die Präsenz in der Deutschschweiz, erweitert das Angebot und schafft zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Mitarbeitenden. Gleichzeitig können wir Synergien nutzen, um die Versorgungsqualität weiterzuentwickeln. Mit rund 800 Lernenden stärkt die Gruppe zudem ihre Rolle als eine der führenden Ausbildungsorganisationen im Pflegebereich der Schweiz.
  • Senevita gehört dem skandalumwobenen Unternehmen Emeis (früher Orpea) und hat auch in der Schweiz keinen besonders guten Ruf: Fürchten Sie keinen Reputationsschaden?
    Senevita ist ein Schweizer Unternehmen mit einem guten Ruf und einer wertorientierten Führung. Wie alle Pflegeinstitutionen in der Schweiz wird Senevita regelmässig durch kantonale Behörden kontrolliert. Zudem führen Senevita wie auch Tertianum regelmässige interne Audits durch. Für uns ist klar: Qualität und Verantwortung stehen über allem – und daran wird sich auch künftig nichts ändern.
  • Wo sehen Sie die grössten Synergien?
    Im Vordergrund stehen klar die Wachstumschancen. Synergien in Systemen und Prozessen leisten einen Beitrag zur Effizienz, ohne die Qualität zu beeinträchtigen. Entscheidend ist aber vor allem die Bündelung des grossen gemeinsamen Know-hows, das eine weiter verbesserte Qualität in der Alterspflege in der Schweiz ermöglicht.
  • Wo sind die grössten Herausforderungen?
    Die grösste Herausforderung liegt klar in der sorgfältigen Integration zweier gewachsener Organisationen. Es geht darum, unterschiedliche Kulturen, Arbeitsweisen und Systeme schrittweise zusammenzuführen – ohne den laufenden Betrieb zu beeinträchtigen. Unser oberstes Ziel ist dabei die Stabilität: für unsere Gäste, deren Angehörige und unsere Mitarbeitenden. Integration braucht Zeit, klare Kommunikation und gegenseitigen Respekt. Darauf legen wir grossen Wert.

    Die Fragen beantwortete der Kommunikationschef von Tertianum, Frank Nehlig.

Das hat Tertianum bezahlt: Tertianum selber will den Übernahmepreis nicht kommunizieren. Aber die Verkäuferin von Senevita Emeis schreibt in einer Mitteilung, sie hätte Senevita für 250 Millionen Franken verkauft. Den grössten Teil der Firma haben sie an Tertianum verkauft, einige Immobilien gehen an zwei Immobiliengesellschaften. Senevita hat im letzten Jahr 350 Millionen Franken umgesetzt, Tertianum 750 Millionen, insgesamt wird das neue Unternehmen also 1.1 Milliarden Franken umsetzen.

So betrifft es die Mitarbeitenden: Neu beschäftigt der Konzern 11'000 Mitarbeitende. Der Chef von Tertianum, Luca Stäger, sagt: «Der Zusammenschluss ermöglicht zahlreiche Synergien.» Für die Angestellten sind Synergien nicht unbedingt eine gute Nachricht, sie bedeuten oft Entlassungen. Tertianum schreibt aber auf Anfrage, dass sie die Mitarbeitenden behalten wollten. Ganz ausschliessen könnten sie einzelne Entlassungen aber nicht, weil es gewisse Funktionen jetzt doppelt gebe. Für die Mitarbeitenden kann die Übernahme aber auch eine gute Nachricht sein, denn Senevita hat als Arbeitgeberin keinen besonders guten Ruf: hoher Kostendruck, Führungsprobleme und eine hohe Fluktuation. Rund um Tertianum gibt es dagegen keine Skandalgeschichten.

So verdient man in der Branche Geld: Die Pflege ist in der Schweiz streng reguliert, die Kosten übernehmen die Krankenkassen, die Kantone und die Gemeinden. Da lässt sich nicht viel Geld verdienen. Weniger stark reguliert sind dagegen die Betreuung und die Hotellerie. Grundsätzlich gilt: je luxuriöser das Angebot, desto höher die Marge. Tertianum bietet die gesamte Palette an, also auch Pflegebetten für Bewohnerinnen, die den Platz im Pflegeheim nur mithilfe von Ergänzungsleistungen bezahlen können. Lukrativ sind aber vor allem Wohnungen mit Dienstleistungen. Das sind altersgerechte Wohnungen, meist neben einem Pflegeheim gebaut. Die Mieter und Mieterinnen bezahlen nicht nur die Wohnung, sondern auch fürs tägliche Mittagessen im Heimrestaurant, für die Reinigung und den Zugang zu Betreuung und Pflege. Auch hier ist die Preisspanne gross, es gibt Wohnungen für 2000 Franken pro Monat. Eine 2.5-Zimmer-Wohnung mit Seeblick, Mittagessen inklusive, kostet schnell über 6000 Franken pro Monat – da sind Betreuung und Pflege noch nicht bezahlt.

Rendez-vous, 12.12.25, 12.30 Uhr; herb

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