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Gedankenexperiment Was wäre, wenn es eine Währung für die ganze Welt gäbe?

Weniger Kosten bei Import und Export, keine schwankenden Wechselkurse: Eine globale Einheitswährung klingt attraktiv – birgt aber beträchtliche Risiken. Das zeigt schon der Euro.

In den 90er-Jahren war für eine Reise durch Europa ein dickes Portemonnaie gefragt – dabei waren die Münzen und Noten darin kaum etwas wert: Für einen Franken gab es 1000 italienische Lira, 170 spanische Peseta und 70 portugiesische Escudos.

175 Jahre Schweizer Franken

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Der Schweizer Franken hat Geburtstag. Am 7. Mai 1850, vor 175 Jahren, wurde unsere Währung aus der Taufe gehoben. Zwei Jahre zuvor – 1848 – war der Bundesstaat gegründet worden. Nur logisch also, dass der Wirrwarr kantonaler Münzen (darunter etwa Dicken, Rösseler oder Cornuto) beendet wurde und die Schweiz eine Einheitswährung bekam.

Anfänglich war der Kurs des Schweizer Franken noch an den französischen Franc angebunden, der allerdings zu Kapriolen neigte. Erst mit der Gründung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im Jahr 1907 begann der stetige Aufstieg zur starken und begehrten Währung.

2002 war Schluss mit der Währungsdiversität. Die europäische Einheitswährung eroberte die Kassen: der Euro. Buchhalterisch wurde der Euro schon am 1. Januar 1999 eingeführt. Nach einer Übergangsphase von drei Jahren gab’s dann auch Noten und Münzen. Das Portemonnaie auf der Europareise wurde schlanker. Wenn das Experiment Einheitswährung in der EU funktioniert hat, weshalb wendet man die Strategie nicht für die ganze Welt an?

Keine Transaktionskosten, keine schwankenden Wechselkurse

Auf den ersten Blick habe eine Einheitswährung tatsächlich Vorteile, sagt Tobias Straumann, Wirtschaftshistoriker an der Universität Zürich. «Man muss nicht immer umtauschen oder verschiedene Währungen bei sich haben. Für Firmen ist es einfacher und vor allem billiger, Transaktionen über die Grenzen zu machen. Das sind an sich bestechende Argumente.»

Frau im Wintermantel bestellt an einem Imbissfenster.
Legende: Den Kaffee bezahlen in der Schweiz, Polen oder Kanada ohne Wechselkursumrechnung: Eine Einheitswährung scheint auf den ersten Blick vorteilhaft. IMAGO / Pond5 Images

Kosten, die entstehen, wenn eine Firma Güter über die Grenze von einem Währungsraum in einen anderen exportiert, nennen Experten also Transaktionskosten. Die Banken profitieren von Import- und Exportgeschäften. Sie erheben Gebühren für die Währungsumwandlungen. Der grosse Rest der Volkswirtschaft ist hingegen froh, wenn die Transaktionskosten – dank Einheitswährung – wegfallen.

Bei einer globalen Einheitswährung gäbe es weltweit keine Transaktionskosten mehr. Die Einheitswährung habe einen weiteren wesentlichen Vorteil, sagt Stefanie Walter, Professorin für politische Ökonomie an der Uni Zürich.

Die SRF-Rubrik Was wäre, wenn ...?

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In der multimedialen Rubrik «Was wäre, wenn …?» leuchtet SRF Zukunftsszenarien aus. In einem Gedankenexperiment wird eine radikale oder unerwartete Entwicklung durchgespielt. Dieser Ansatz soll helfen, besser zu verstehen, was in der Zukunft geschehen könnte. SRF begleitet das jeweilige Thema rund 24 Stunden online, am Radio und im TV. Dabei werden Zuschauerinnen und User eingeladen, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen.

Alle Artikel, Expertenchats und Videos der Rubrik «Was wäre, wenn …?» finden Sie hier.

Haben Sie weitere Ideen für Zukunftsszenarien, die SRF beleuchten soll? Schicken Sie uns gerne Ihren Input an communities@srf.ch.

«Wenn Sie zum Beispiel eine Maschine einem Kunden in einem Land mit anderer Währung verkaufen, und die Maschine ist erst in mehreren Monaten fertig, dann wissen Sie gar nicht, wie der Wechselkurs in ein paar Monaten aussieht.» Hat man Glück, verdient man mehr als gedacht mit der Maschine. «Es kann aber auch sein, dass sich der Wechselkurs zu Ihren Ungunsten entwickelt. Und plötzlich machen Sie Verlust.» Haben beide Länder dieselbe Währung, könne das nicht passieren.

Im Schraubstock der Währung gefangen

Doch das Konzept Einheitswährung hat auch erhebliche Nachteile. So richtig offenbar wurden diese erst während der Eurokrise ab 2010. Es zeigte sich, dass strukturschwächere Länder wie Griechenland eigentlich die falsche Währung haben. «Griechenland hat viel zu hohe Preise. Die müssen eigentlich viel schwächere Währung haben. Sie müssen tiefere Löhne und Preise haben im Vergleich zu den stärkeren Ländern. Das geht aber nicht in einem Einheitswährungsraum», sagt Tanner. Die Griechen sind sozusagen im Schraubstock des Euro gefangen. Eine eigenständige Währungspolitik ist nicht mehr möglich.

Was also wäre, wenn morgen eine globale Einheitswährung beschlossen würde? Erhebliche Probleme wären die Folge. Denn die sogenannten ärmeren Länder hätten kein währungspolitisches Tool mehr, um ihre Währung abzuwerten, um so ihre Waren und Dienstleistungen günstiger anbieten zu können. «Wenn man eine Weltwährung will, die wirklich für alle Länder gleich wäre, funktioniere das nicht», sagt der Wirtschaftshistoriker Straumann. Dafür seien die Länder zu unterschiedlich.

10vor10, 5.5.2025, 21:50 Uhr; herb

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