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Gefahr für die Finanzmärkte Der wachsende Markt der Schattenbanken

Sie folgen kaum Vorschriften und wachsen international rasant: Schattenbanken. Die Behörden warnen vor wachsenden Risiken für die Finanzmärkte. Aber was sind Schattenbanken eigentlich und wie funktionieren sie?

Was sind Schattenbanken? Schattenbanken sind Finanzinstitute, die Kredite vermitteln und andere bankähnliche Dienste anbieten, jedoch ohne Banklizenz und ausserhalb der üblichen Bankenregulierung geschäften. Der Begriff umfasst Akteure wie Hedgefonds, Geldmarktfonds, Factoringgesellschaften, Leasingfirmen und Vermögensverwalter. Sie finanzieren sich meist über Investorengelder statt über Kundeneinlagen.

Der Fall Blackstone

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Der US-Immobilienfonds Blackstone verwaltet über 100 Milliarden Dollar. Anleger zahlen ein, der Fonds kauft Wohnungen und Hotels. Als 2023 viele Anleger gleichzeitig ihr Geld zurückforderten, musste Blackstone die Auszahlungen stoppen. Einer Bank wäre das nicht erlaubt.

Was tun Schattenbanken? Schattenbanken vergeben Kredite an Firmen, Start-ups, Immobilienprojekte oder grosse Einkaufszentren. Oder investieren in komplexe Finanzprodukte. Im Gegensatz zu Banken greifen sie dabei jedoch nicht auf Kundengelder zurück, sondern nutzen das Kapital von Anlegern wie Versicherungen, Rentenfonds oder wohlhabenden Privatpersonen. Die Schattenbanken finanzieren unter anderem Projekte, die «herkömmliche» Finanzinstitute wegen strenger Auflagen oder hoher Risiken ablehnen. Das kann für die Investoren durchaus lukrativ sein, ist aber eben auch mit einem höheren Ausfallrisiko verbunden. Interessant: Auch Banken investieren in solche Fonds (siehe Kasten).

Der Fall First Brands

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Der US-Autozulieferer First Brands meldete im September 2025 Insolvenz an, nachdem er über 4 Milliarden Dollar an Krediten von Schatten­banken und anderen Nichtbank-Kreditgebern aufgenommen hatte. Das zeigt, wie dieser Sektor Kredite vergibt, die vormals Bankendomäne waren. Auch die UBS ist über mehrere Investmentfonds mit rund 500 Millionen Dollar bei First Brands investiert.

Wie gross ist der Markt? Der globale Schattenbankensektor ist riesig. Sein Volumen liegt bei 60 bis 70 Billionen Dollar – fast so viel wie das des klassischen Bankensystems. Manche Schattenbanken verwalten mehr Geld als mehrere Grossbanken zusammen. Bewegen sie grosse Summen, beeinflussen sie Aktienkurse, Immobilienpreise oder ganze Kreditmärkte. Experten sehen in der Expansion dieses unregulierten Sektors eine grosse Gefahr für den Finanzmarkt.

Die Corona-Panik

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Ein anschauliches Beispiel lieferte der Finanzschock im März 2020 zu Beginn der Coronapandemie. Anleger verloren das Vertrauen und zogen innerhalb weniger Tage über 125 Milliarden US-Dollar aus Geldmarktfonds ab – Fonds, die als «sicher» gelten und kurzfristige Anleihen halten. Viele dieser Fonds konnten das Geld nicht sofort auszahlen, da sie ihre Anlagen nur mit hohen Verlusten hätten verkaufen können. Es kam zu einem Run: Jeder wollte sein Geld abziehen, bevor die Kurse weiter fielen. Die US-Notenbank (Federal Reserve) musste eingreifen und ein spezielles Hilfsprogramm auflegen.

Wie gross sind die Risiken für den Finanzmarkt? Das grösste Risiko besteht darin, dass Schattenbanken langfristig Geld verleihen, während Anleger ihr Kapital kurzfristig zurückfordern können. Ziehen viele Anleger gleichzeitig ihr Geld ab, müssen Schattenbanken rasch Vermögenswerte verkaufen – oft mit Verlust. Da sie eng mit Banken und der Börse, den Finanzmärkten vernetzt sind, können Probleme schnell auf andere Bereiche übergreifen. Es kann zu einem Dominoeffekt kommen.

Wachstum in den USA

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In den USA wuchsen Schattenbanken deutlich schneller als traditionelle Institute. In den 1980er-Jahren waren sie noch kaum wahrnehmbar, doch nach der Finanzkrise 2007/2008 verdoppelte sich ihr Volumen, wie ein neuer Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel zeigt. Heute entfallen laut BIZ etwa 75 Prozent der finanziellen Vermögenswerte des weltgrössten Finanzmarktes auf Nichtbanken.

Wer kritisiert die Schattenbanken? Internationale Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Europäische Zentralbank (EZB) und Finanzministerien warnen: Schattenbanken wachsen zu schnell und bleiben zu wenig überwacht. JP Morgan-Chef Jamie Dimon meinte 2024, dass im Private-Credit-Sektor «viele Kakerlaken» seien — also versteckte Risiken. Stürzt eine Schattenbank, kann sie Banken mit in den Abgrund reissen.

Gebäude mit BlackRock-Schriftzug und US-Flaggen.
Legende: Blackrock gilt als grösste Schattenbank der Welt. Der US-Konzern verwaltet Anlagen von knapp 13.5 Billionen Dollar. AP Photo / Mark Lennihan

Werden diese Fonds bald strenger reguliert? Internationale Organisationen wie der IWF, die EZB und das Financial Stability Board drängen auf strengere Regeln für Schattenbanken. Diese verwalten enorme Vermögen und können in Krisen das Finanzsystem destabilisieren. Auch die Banken selbst befürworten eine stärkere Kontrolle. In der EU entstehen neue Vorschriften, die Fonds zu mehr Transparenz und Liquidität verpflichten sollen. Die USA erwägen ähnliche Schritte. Vieles bleibt noch unklar, doch der Handlungsdruck wächst.

Die grösste Schattenbank der Welt

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Der US-Konzern Blackrock verwaltet ein Anlagevolumen von knapp 13.5 Billionen US-Dollar und gilt als grösste Schattenbank der Welt. EZB und IWF halten Blackrock für «systemrelevant», da seine Verkaufsentscheidungen ganze Märkte beeinflussen können.

Politiker in den USA und der EU werfen dem Unternehmen Interessenkonflikte vor: Es berät Regierungen bei der Regulierung und investiert zugleich in Firmen, die von diesen Regeln betroffen sind. Auch NGOs kritisieren die fehlende Transparenz und die enorme Marktmacht, die ohne Bankaufsicht auskommt.

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Tagesschau, 29.10.2025, 19:30 Uhr;liea

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