Er ist hochqualifiziert, und trotzdem ist Ruifeng Xu’s berufliche Zukunft in der Schweiz ungewiss. Der 27-jährige Chinese absolviert an der ETH in Zürich ein Informatik-Studium. Im August schliesst er dieses mit einem Master ab, und danach muss er das Land verlassen, wenn er keine Arbeitsbewilligung erhält.
Xu ist einer der gutausgebildeten Fachkräfte aus Drittstaaten, deren Verbleib in der Schweiz durch ein Kontingent geregelt ist (siehe Box). Wirtschaftsvertreter kritisieren diese Kontingente seit einiger Zeit.
Von ausländischem Fachwissen profitieren
«Wenn Ausländer aus Drittstaaten in die Schweiz kommen und bei uns eine Ausbildung machen, wie einen Master oder den Doktortitel, sollen sie in jedem Fall hier arbeiten können», findet der Digitec-Gründer und St. Galler Nationalrat Marcel Dobler.
Er reicht deshalb eine Motion ein, welche die Situation von Start-ups verbessern soll. «Wir investieren Geld in die Ausbildung der ausländischen Fachkräfte, ermöglichen Innovation. Sie sollen einen Beitrag für die Schweiz leisten können», sagt Dobler dazu weiter.
Wir investieren in die Ausbildung von ausländischen Fachkräften. Sie sollen auch einen Beitrag für die Schweiz leisten können.
Start-up-Gründer in die Schweiz holen
Auch der IT-Unternehmer und Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser setzt sich für die Start-ups ein.
Wenn Hochqualifizierte aus Drittstaaten in der Schweiz arbeiten könnten, würde das der ganzen Volkswirtschaft nützen, findet er. Nach vier bis fünf Jahren könne man auch davon ausgehen, dass sie sich schon recht gut integriert haben. «Aber wir haben keine entsprechende Kultur in diesem Land, sondern finden: Wir sind selber gescheit und holen dumme Leute rein».
Bei uns herrscht die Kultur: Wir Schweizer sind selber gescheit und holen nur die Dummen rein.
Parallel zur Motion von Marcel Dobler, reicht Ruedi Noser einen Vorstoss ein. Er geht jedoch weniger weit. Noser fordert eine spezielle Arbeitsbewilligung, eine Art Startup-Visum für Start-up-Gründer aus Drittstaaten und für solche, die in ein Schweizer Start-up investieren wollen.
Seine Motion wird von der gesamten FDP-Fraktion unterstützt. Sein Vorstoss sei nur ein Anfang und löse das Problem der Start-ups nur in einem einen kleinen Bereich, gibt er offen zu. Doch er scheint zu befürchten, dass weiterreichende Vorstösse scheitern könnten.
Rund um die Start-up-Szene bilde sich im Moment einen Hype, der auch wieder zusammenbrechen könne. Seine Motion habe gute Chancen, durchzukommen, und sei als Signal zu verstehen.
Mit den beiden Motionen nehme man die Branche seitens der Politik ernst: «Es geht ziemlich langsam bei uns, aber es geht schrittweise vorwärts».
Überlebenswichtig für kleine Start-ups
Der ETH-Masterstudent Ruifeng arbeitet bereits heute Teilzeit beim Zürcher Start-up Joixes – 15 Stunden in der Woche. Joixes entwickelt eine visuelle Suchmaschine für Unternehmen, die mit sogenannten Chatbots, Präferenzen der Kunden ermitteln wollen. Mitgründer Ben Bösch sagt, Ruifeng Xu sei auf die Chatbot-Technologie spezialisiert. Diese sei im asiatischen Raum schon weiterverbreitet und Ruifeng könne dabei helfen, sie in diesen Markt zu übersetzen.
Ruifeng Xu sei überlebenswichtig für sein Startup, sagt Bösch. Falls Ruifeng in der Schweiz keine Arbeitsbewlligung erhalte, werde das Startup wohl das Land mit ihm zusammen verlassen, und ins nahe Ausland, nach Deutschland, England oder Schweden ziehen.
Suche nach Alternativen
Der chinesische Informatik-Student würde gerne in der Schweiz bleiben, er schätze die Lebensqualität und habe hier einige gute Freunde gefunden. Gleichzeitig schaut er sich, angesichts der unsicheren Situation, im Ausland nach anderen Jobs um.
IT-Spezialisten wie er müssen sich um ihre Zukunft keine Sorgen machen. Die Frage ist, ob die Schweiz das vorhandene Potenzial von hochqualifizierten und hier teuer ausgebildetetn Hochschulabgängern aus Drittstaaten für die eigene Volkswirtschaft hinreichend gut nutzt.