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Geschäft mit dem Finanzwissen Mit ETFs und Aktien: Frauen schliessen Vorsorgelücken

Mit Aktien und ETF wollen immer mehr Frauen Vorsorgelücken vorzeitig schliessen. Speziell konzipierte Kurse sollen den Schritt in die finanzielle Freiheit ebnen – doch die sind teuer.

Für Streamingdienste sind schnell 50 Franken ausgegeben. Doch den Betrag monatlich in einen Fonds zu investieren, erscheint vielen zu riskant. Dabei ist gerade für Frauen der langfristige Vermögensaufbau wichtig. Sie arbeiten mehr Teilzeit, erhalten weniger Lohn und im Schnitt deutlich weniger Rente als die Männer.

Immer mehr von ihnen wollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Finanzkurse speziell für Frauen finden Anklang. Ökonomin Mara Harvey erklärt: «Diese Kurse sind teuer, aber es geht um ein neues Mindset und das braucht Zeit.» Sie hat bei der UBS das Geschäft mit der weiblichen Kundschaft entwickelt. Ihre Erfahrung: Frauen reden über alles, aber nicht über Geld.

Reden über die Finanzen beginnt schon in der Kindheit

Finanzwissen vermitteln will auch Corinne Brecher. Die Finanzexpertin bietet Kurse für Frauen an. Sie kennt die Hürden und will diese aus dem Weg räumen: «Man braucht weder viel Geld noch muss man Expertin sein, um den ersten Schritt zu machen.» Es gehe schlicht darum, dass man anfängt. Je früher, desto besser.

In drei Schritten zur Investorin

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Finanzexpertin Corinne Brecher empfiehlt folgenden Ablauf, um ein erstes Investment zu tätigen:

1. Glaubenssätze notieren: Dazu gehören Mindsets wie: «Das kann ich eh nicht», «Es braucht sehr viel Geld, um zu investieren», «Mir fehlt das nötige Wissen», «Investieren ist keine sichere Angelegenheit».

2. Diese Glaubenssätze genau anschauen. Was will ich verändern? Es braucht weder viel Geld noch viel Wissen, um den ersten Schritt zu machen.

3. In die Praxis gehen: Wichtig ist, direkt in die Umsetzung zu gehen und erste Erfahrungen zu sammeln. Das geht am besten mit kleineren Investments, die einem nicht so weh tun. Zum Beispiel 200 Franken in die Hand nehmen und eine Aktie kaufen oder in einen Fonds investieren und einfach mal abwarten. Dieser Betrag wurde an einem Wochenende ganz sicher schon dümmer ausgegeben.

Gleichzeitig dazu entwickelt man das Gefühl, investiert zu sein. Das Risiko ist dann besser einschätzbar.

Frauen tendieren zum Sparen. Doch Frauen können es sich laut Harvey nicht leisten, nicht zu investieren. Sie verdienen in der Schweiz rund 8 Prozent weniger als Männer. Unterschiede beginnen schon beim Sackgeld. Studien aus Grossbritannien und Holland zeigen, dass Jungs im Schnitt höhere Beträge erhalten, obwohl sie ähnliche Aufgaben im Haushalt übernehmen.

Links eine metallene, grau-bronzene Statue eines Mädchens von hinten, das Arme in die Hüfte stemmt.
Legende: Die Statue «Fearless girl» steht vor der New Yorker Börse. Den Kunstauftrag gab eine Firma, die auf ihren Index-Fonds aufmerksam machen will, der auf Firmen mit hohem Frauenanteil setzt. IMAGO / Jürgen Schwenkenbecher

Mara Harvey erläutert: «Mit Jungs wird eher darüber diskutiert, wie man das Geld verdient, wie es vermehrt werden kann. Bei den Mädchen geht es häufiger ums Ausgeben.» Da müsse man ansetzen. «Mädchen müssen wissen, dass sie zu Diskussionen rund ums Geld dazugehören.» Dafür hat sie die Kinderbuchreihe «A smart way to start» geschrieben, welche Mädchen spielerisch an finanzielle Bildung und Gleichberechtigung heranführen soll.

Finanzkurse und «Finfluencerinnen» im Aufwind

Corinne Brecher hat während ihrer Zeit bei der UBS gemerkt, dass vor allem Männer in die Beratung kamen. Darauf angesprochen meinten die Kunden, die Frau interessiere sich nicht für das Thema: «Dann sagte ich: ‹Nehmen Sie sie mit, ich werde schon dafür sorgen, dass es sie interessiert›.» Was 2017 mit einem Blog angefangen hat, ist heute zu einem 8-wöchigen Kurs mit 150 Teilnehmerinnen herangewachsen, die von einem Team von 10 Leuten betreut werden.

Frau mit dunklem, kurzen Haar sitzt an Holztisch am PC, dieser zeigt einen Aktienkurs.
Legende: Mit verschiedenen Angeboten sollen Frauen Wissenslücken schliessen – und so auch ihre Altersvorsorge verbessern. IMAGO / Zoonar (Symbolbild)

Kostenpunkt: 3000 Franken. Lohnt sich das? Kursteilnehmerin Seraina Lerch sagt: «Ich könnte mir das Wissen natürlich über Youtube oder ein Buch aneignen. Aber nach diesem Kurs habe ich eine fertige Anlagestrategie und bin investiert.»

Frauen und Finanzen bilden in der Schweiz eine junge Kombination. Erst seit der Revision des Eherechts 1988 ist ein Bankkonto ohne Unterschrift des Ehemannes möglich. In den letzten Jahren haben sich Finanzbloggerinnen, sogenannte Finfluencer, etabliert. Blogs wie Ellexx oder Miss Finance haben sich auf Frauen spezialisiert und wollen so Wissen aufbauen und Lücken schliessen.

Noch investieren viel weniger Frauen als Männer. Aber gemäss verschiedenen Studien erzielen Frauen beim Investieren mehr Rendite, weil sie weniger impulsiv handeln. Corinne Brecher möchte Sicherheit und Freude am Geld vermitteln. Und wünscht sich, dass jede einfach mal den ersten Schritt wagt.

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10vor10, 11.8.2025, 21.50 Uhr ;liea

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