Kopfhörer und Brille: Apple lanciert die Live-Übersetzung auf allen Geräten, also iPhone, Tablet und Computer. Die Programme werden auch in die neuesten Kopfhörer integriert. Person A spricht deutsch und Person B antwortet auf Französisch. Wenn beide über solche Kopfhörer verfügen, dann wird das Gespräch direkt ins Ohr übersetzt. Die Kopfhörer mit Live-Übersetzung kommen in etlichen Ländern in den Verkauf, aus rechtlichen Gründen vorerst noch nicht in der EU. So oder so geht Apple in die Offensive und reagiert auf die Konkurrenz, die schon länger Simultanübersetzungen anbieten. Der Technologiekonzern Meta, zu dem Facebook, Whatsapp und Instagram gehören, hat bereits eine Brille auf dem Markt, welche mit integriertem Mikrofon und Kopfhörer Simultanübersetzungen ermöglicht.
Übersetzerbranche unter Druck: «Ich glaube, der Beruf der Dolmetscherin und des Simultanübersetzers ist in zehn Jahren Geschichte», sagt Dietrich Weidmann. Weidmann hat 40 Jahre in der Übersetzerbranche gearbeitet. Aus zwei Gründen sei es künftig für den Dolmetscherberuf schwierig. Erstens die Kosten: Die Entschädigung für eine Dolmetscherin variiert zwar, man müsse aber mit einer Tagespauschale von rund 1200 Franken rechnen. Inklusive Vorbereitung und Technik können es 2000 Franken sein. Bei einer Konferenz mit zehn verschiedenen Sprachen summieren sich die Beträge. Automatische Programme seien günstiger. Der zweite Grund für die pessimistische Prognose sei die Qualität der Programme. Die künstliche Intelligenz könne schon jetzt mit einem mittelmässigen Dolmetscher mithalten, sagt Weidmann. Die Fehlertoleranz bei Simultanübersetzungen sei grösser als bei Texten. Denn auch der Mensch mache bei spontanen Übersetzungen Fehler.
Neue Art der Übersetzungsarbeit: «Ich sehe das mit der Entwicklung genau gleich», sagt Samuel Läubli, Chef der Übersetzungsagentur Supertext. Es gehe nun sehr schnell, die Fortschritte im Bereich der Simultanübersetzungen in den letzten zwei Jahren seien unglaublich. Die Simultanübersetzung durch Menschen sei gefährdeter als die Übersetzung von Texten. Wenn man Texte übersetze, dann brauche es am Schluss auch jemanden, der dazu stehen könne, zum Beispiel, wenn es um Geschäftsberichte gehe oder wichtige Dokumente. Die Zertifizierung spiele eine wichtige Rolle, deshalb brauche es weiterhin Übersetzungsbüros. Die Art und Weise der Arbeit habe sich aber verändert. «Die klassische Übersetzerbranche hat ausgedient», sagt Läubli. Es werde immer mehr mit KI gearbeitet.
Die Giganten der Branche: Für viele Übersetzungsbüros ist die rasante Entwicklung eine Herausforderung, vor allem für die kleinen Agenturen, die weniger Ressourcen haben. Die ganz grossen globalen Firmen allerdings haben längst reagiert und arbeiten mittlerweile mit eigener Software und Programmen. Die Übersetzungsbranche macht weltweit dutzende von Milliarden Franken Umsatz. Die grössten Firmen kommen aus den USA und Grossbritannien. Allerdings schafft es auch ein Unternehmen aus der Schweiz unter die Top-Ten, die Star Group aus Ramsen im Kanton Schaffhausen. In der breiten Öffentlichkeit ist die Übersetzungsfirma kaum bekannt, obwohl sie mehr als 1000 Personen beschäftigt, ein stiller Gigant. Die globalen Firmen sind von der neuen Konkurrenz von Apple kaum betroffen, weil sie breit aufgestellt sind, mit einer etablierten Kundschaft.