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Gestiegene Investitionskosten Zinserhöhungen schlagen auf die Exportindustrie durch

Die MEM-Industrie verzeichnet weniger Aufträge – manche Unternehmen bauen bereits Stellen ab.

Mehrere Schweizer Unternehmen verzeichnen deutlich weniger Bestellungen. Dazu gehören der Textilmaschinenhersteller Rieter, der Bauzulieferer Arbonia oder der Technologiekonzern ABB.

Die ersten beiden bauen deshalb sogar Stellen ab. Klar ist: Wenn heute weniger Bestellungen hereinkommen, verspricht das für die Firmen nichts Gutes für die kommenden Monate.

Rieter und Arbonia streichen hunderte Stellen

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Der Spinnmaschinenhersteller Rieter hat den Abbau von rund 300 Stellen bekannt gegeben. Vor allem Angestellte am Hauptsitz in Winterthur, wo Rieter aktuell 580 Mitarbeitende beschäftigt, sowie jene der Niederlassungen in Deutschland dürften betroffen sein. Aktuell beschäftigt das Unternehmen weltweit 5555 Mitarbeitende. Rieter vermeldete für das erste Halbjahr einen Rückgang beim Bestellungseingang um 63 Prozent.

Der Bauzulieferer Arbonia seinerseits plant eine Werkschliessung und einen Personalabbau von bis zu 600 Mitarbeitenden bis Juni 2024. Die Arbeitsplätze in der Schweiz sind davon aber nicht betroffen, wie eine Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP sagte. Im ersten Quartal 2023 war der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent eingebrochen. (sda)

Rückgang hatte sich abgezeichnet

Beim Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, Swissmem, macht man sich schon länger Sorgen. Man habe schon im ersten Quartal einen Bestellrückgang beobachtet, sagt Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor von Swissmem und dort Leiter Wirtschaftspolitik. «Wir gehen davon aus, dass sich das Geschäft in unserer Branche in nächster Zeit rückläufig entwickelt.»

Die MEM-Industrie repräsentiert knapp zehn Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung. Da diese Unternehmen vor allem ins Ausland exportieren, merken sie es besonders stark, wenn es in den Hauptabnehmerregionen – in der EU und in den USA – harzt.

Zinserhöhungen sind Gift für Investitionen

Ein wichtiger Grund für den Bestellungsrückgang sind die gestiegenen Leitzinsen, mit denen die Notenbanken in der EU und in den USA die Teuerung bekämpfen.

«Dadurch steigen für die Firmen die Finanzierungskosten, also investieren sie weniger», erklärt Kohl. Und weil die Schweizer MEM-Industrie vor allem Investitionsgüter herstelle, gehe die Nachfrage zurück.

Dollar schwächelt gegenüber dem Franken

Hinzu kommt der starke Franken, der den Exportunternehmen das Geschäft zusätzlich erschwert. Vor allem gegenüber dem Dollar hat der Franken stark zugelegt, entsprechend sind die Güter aus der Schweiz für Kundinnen und Kunden im Dollar-Raum nochmals teurer geworden, wie der Swissmem-Vizedirektor erläutert.

Für exportorientierte Industrieunternehmen werden die Zeiten härter. Und weil auch jene Industriefirmen, die vornehmlich in der Schweiz geschäften, oft Zulieferer sind für Exportunternehmen, schlägt sich der Rückgang früher oder später auch hier nieder.

Ob das erste Anzeichen sind für einen bevorstehenden Wirtschaftseinbruch, weiss man auch bei Swissmem nicht. Kohl wagt hier keine Prognose. Klar ist für ihn aber: Auch wenn die Notenbanken in den USA und in der EU die Zinserhöhungen bald auslaufen lassen dürften – die weltweite Wirtschaftslage bleibt mehr als unsicher.

Rendez-vous, 20.7.2023, 12:30 Uhr

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