Wer heute in einem grossen Supermarkt vor dem Regal mit den Fertigprodukten steht, kann sich nicht mehr nur zwischen Tortellini und Frühlingsrollen entscheiden. Bunte Verpackungen – allen voran grüne – mit Bildern von frischem Gemüse preisen sie an: Gemüsemedaillons, Süsskartoffelburger, Falafelbällchen. Alles vegetarisch, viel davon vegan.
Sich fleischlos oder ganz ohne tierische Produkte zu ernähren wird immer einfacher. Man kann heutzutage nach dem Feierabend einkaufen gehen und kurze Zeit später ein fixfertiges Vegi-Gericht auf seinem Teller haben. Vegetarische oder vegane Fertiggerichte laufen gut. Das weiss auch Nestlé. Die Produkte sind ein wachsendes Geschäft für den Nahrungsmulti.
«Das Wachstum in diesem Bereich ist deutlich zweistellig und steigend. Es ist eine sehr positive Positionierung», sagt Mark Schneider, Konzernleiter von Nestlé.
Je stärker verarbeitet, desto ungesünder
Doch lässt sich sagen, ob Fertiggerichte wie Gemüsebällchen, Vegi-Hackfleisch oder ein Hamburger auf Pflanzenbasis gesund sind? Die Meinungen gehen auseinander.
«Es kommt darauf an, was im Produkt drin ist. Es kommt nicht darauf an, ob es verarbeitet wurde oder nicht. Auch Kochen ist eine Form der Verarbeitung», so Schneider. Wichtiger sei, welche Inhaltsstoffe ein Produkt enthalte und wie es konserviert werde.
Die Ernährungswissenschaftlerin Sabine Rohrmann sieht das anders: «Es kommt sehr wohl darauf an, ob wir von einem einfach verarbeiteten Produkt sprechen, oder von einem stark verarbeiteten Produkt wie zum Beispiel einen veganen Burger-Patty.»
Je stärker verarbeitet ein Produkt ist, desto ungesünder, sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Doch, weshalb? «Hoch verarbeitete Lebensmittel sind in ihrer Textur verändert, es wird viel Fett zugesetzt, es hat Geschmacksverstärker dabei und die Speisen enthalten viel Salz.»
Nestlé findet, man habe genug getan
Die Produkte gesünder zu machen, ist zurzeit nicht das Ziel von Nestlé. «Wir haben schon sehr viel getan, um zum Beispiel die Kalorienmenge deutlich zu reduzieren», so Schneider. Es gehe nun weniger darum, diese noch weiter zu reduzieren, sondern um die Stärkung der Akzeptanz dieser Produkte. «Sodass Kunden häufiger zu einer solchen Alternative greifen.» Schneider ist überzeugt, dass so ein Beitrag zur Gesundheit geleistet werden kann.
Dass es einen Trend zu weniger Salz, Fett und Geschmacksverstärkern in Fertigprodukten gibt, dem stimmt auch Rohrmann zu. «Es kann aber noch mehr gemacht werden», so die ETH-Professorin.
Auf die Menge kommt es an
Gesund oder ungesund, Fleisch oder pflanzenbasiert, eine allgemeingültige Regel gibt es nicht. «Ein zu hoher Fleischkonsum wird in vielen Studien mit einem erhöhten Risiko für chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht», sagt Rohrmann. Auch seien gewisse pflanzenbasierte Fertiggerichte fettreich und salzhaltig. «Sie unterscheiden sich da nicht gross von Fertigprodukten mit Fleisch.»
Die ETH-Professorin verteufelt Fleischersatzprodukte aber nicht per se: «Sie sind eine nette Alternative, wenn man zum Beispiel Lust auf einen Burger hat, aber kein Fleisch essen will.» Die Menge machts aus: «Ich empfehle niemandem täglich einen Burger zu essen, so wie ich niemandem empfehle, täglich ein solches Ersatzprodukt zu essen.»
10vor10, 13.2.2020