Was zeigen die Zahlen? Die Pandemie hat auch das Zahlungsverhalten verändert. Innert kürzester Zeit stellten viele Menschen von bar auf bargeldlos um. Seither hat auch die Zahl der Bancomaten in der Schweiz deutlich abgenommen: von deutlich über 7000 auf noch gut 6000. Und das bei steigender Bevölkerungszahl. Ähnliches zeigt die Zahl der Transaktionen an Postomaten. Gemäss der Nachrichtenagentur AWP hat Postfinance im ersten Halbjahr ein Minus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnet.
Ist der klassische Geldautomat ein Auslaufmodell? Man würde es vermuten, denn längst gilt: Karte respektive App schlägt Cash. Die digitalen Zahlungsmethoden haben sich durchgesetzt. Hinzu kommen neue Bezugsmodelle für alle, die weiterhin Bargeld möchten. So ist es mittlerweile bei diversen Detailhändlern oder auch an Kiosken möglich, Bargeld an der Kasse zu beziehen. Wenn nun immer weniger Geld am Bancomaten bezogen wird, lohnt sich der Aufwand für die Finanzinstitute und Betreiber immer weniger. Last, but not least sind Bancomaten auch ein Sicherheitsrisiko, wie kriminelle Angriffe wie Bancomat-Sprengungen zeigen.
Was spricht gegen ein Geldautomatensterben? In der Schweiz ist Bargeld immer noch sehr beliebt. Gemäss einer Umfrage der Schweizerischen Nationalbank SNB tätigen die Leute rund ein Drittel der täglichen Geld-Transaktionen bar. 95 Prozent der Befragten wollen demnach am Bargeld festhalten. Auch unter jungen, App-affinen Leuten wolle lediglich eine kleine Minderheit (zehn Prozent), dass Bargeld abgeschafft werde. Bargeld hat hierzulande einen so guten Stand, dass die SNB davon ausgeht, dass das so bleibt. So hat sie kürzlich eine neue Banknotenserie angekündigt, die in den 2030er-Jahren in Umlauf komme. Auch die Politik beschäftigt das Thema Bargeld: So will eine Volksinitiative eine «ausreichende Versorgung mit Münzen und Noten» in der Verfassung verankern.
Diese Alltagsgegenstände sind ebenfalls vom Aussterben bedroht
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Bild 1 von 6. Der entfernte Verwandte des Bancomats stirbt aus. Bus- und Bahntickets soll es in Zukunft nur noch digital geben. Bildquelle: Keystone / CHRISTIAN BEUTLER.
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Bild 2 von 6. Der analoge Wecker ist ein Gegenstand von vielen, der langsam vom Smartphone ersetzt wird. Bildquelle: Keystone / CHRISTOPH SOEDER.
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Bild 3 von 6. Auch Taschenlampen landen bald im Museum, da sie im privaten Kontext immer mehr von den in Smartphones integrierten Leuchten verdrängt werden. Bildquelle: IMAGO / Depositphotos.
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Bild 4 von 6. Analoge Stadtkarten müssen ebenfalls ihren digitalen Gegenstücken weichen, wie dieses Bild aus Luzern verdeutlicht. Bildquelle: Keystone / GAETAN BALLY.
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Bild 5 von 6. Bald Schluss mit Kabelsalat? Die Bluetooth-Funktion von vielen Geräten macht oft lästige Kabel überflüssig. Bildquelle: Keystone / PETER KLAUNZER.
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Bild 6 von 6. Der Heimdrucker: für einige bereits heute ein Relikt, für andere noch immer unverzichtbar. Bildquelle: IMAGO / Addictive Stock.
Was überwiegt jetzt – Pro oder Kontra? Bargeld ist in der Schweiz weiterhin beliebt, doch es ist nicht mehr das wichtigste Zahlungsmittel. Digitale Bezahllösungen setzen sich zunehmend durch. Das illustriert übrigens auch die Sprache – so hat sich «twinten» als Verb weitgehend etabliert. Handkehrum bleibt das in Umlauf befindliche Bargeld gemäss SNB mit etwa 73 Milliarden Franken einigermassen konstant. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Menschen Bargeld horten. Die Pläne der Nationalbank für neue «Nötli» sowie Volksbegehren, die das Bargeld in die Verfassung schreiben wollen, sprechen ebenfalls für eine besondere Beziehung der Schweizerinnen und Schweizer zu ihrer Währung und zum Bargeld. Sie lassen eher ein «Sowohl-als-auch» vermuten als ein «Entweder-oder». Anders erging es der Telefonkabine: 2019 wurde die letzte in der Schweiz abmontiert.