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Insolvenz von Signa «Die Politik hat René Benko stets hofiert»

Grössen aus Österreichs Politik suchten die Nähe des Immobilienunternehmers René Benko. Ehemalige Kanzler standen auf seiner Lohnliste. Nun ist Benkos Signa-Gruppe am Zusammenbrechen. Es fragt sich, welche Rolle die Politik beim Aufstieg und Fall des René Benko spielte. Die österreichische Journalistin Eva Linsinger kennt viele Verstrickungen von Wunderwuzzi Benko und Politikern.

Eva Linsinger

Journalistin

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Eva Linsinger ist seit 2015 Chefin des Ressorts Österreich beim Nachrichtenmagazin «Profil». Davor war sie bei anderen österreichischen Medien als Redaktorin und Korrespondentin aus Brüssel tätig. Sie ist auch Autorin mehrerer Bücher.

SRF News: Als was würden Sie die Beziehung zwischen René Benko und der österreichischen Politik bezeichnen?

Eva Linsinger: Als zu eng. Die Politik hat René Benko stets hofiert. Es stehen auch eine grosse Menge ehemaliger Spitzenpolitiker auf seiner Payroll. Das war zu nahe.

Verstrickungen in die Politik

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Die Verstrickungen gehen weit über eine Partei hinaus:

  • Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP): Kurz vermittelte den Kauf der Möbelkette Kika/Leiner durch Benko. Er kam danach auf Benkos Payroll. Er fungierte als Vermittler und Berater.
  • Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ): Gusenbauer ist in mehreren Geschäftsbereichen der Signa Holding tätig.
  • Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess (FPÖ): Riess ist in verschiedenen Bereichen der Signa-Gruppe tätig.

Auch die Politik hat mitgeholfen, dass René Benko mit seiner Signa-Gruppe überhaupt so gross geworden ist.

Absolut. Sie hat mitgeholfen durch Kontaktvermittlung. Gerade wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geprüft, wie sehr sie ihm geholfen hat, Steuern zu vermeiden. Es ist üblich und legitim, dass Unternehmen versuchen, so wenig Steuern wie möglich zu zahlen. Dass aber das Finanzministerium dabei hilft, ist kein üblicher Vorgang mehr. Es wurde auch geholfen mit Kontakten und Beziehungen.

Es steht der Verdacht im Raum, dass die Politik (...) mitgeholfen haben soll, Signa länger am Leben zu erhalten, als ökonomisch sinnvoll gewesen wäre.
Autor:

Warum hat die Politik mitgespielt? Ging es primär ums Geld?

Auch, aber es geht auch um Ansehen und Macht. Es grassiert schon sehr lange eine Politik- und Politikerverdrossenheit in Österreich. Da umgibt man sich gerne mit Menschen aus der Wirtschaft, die scheinbare Wunderwuzzis und scheinbar total erfolgreich sind. Man hat wohl gehofft, dass ein wenig von dem Glanz des scheinbar super erfolgreichen Wirtschaftsmannes, des Wunderkindes auch auf einen selbst abfällt. Obwohl schon lange die Verdachtsmomente da waren, dass die ganze Signa-Gruppe ein wenig auf Sand gebaut war.

Ist die Politik mitverantwortlich, dass die Signa-Gruppe nun zusammenfällt wie ein Kartenhaus? Hat sie sich blenden lassen?

Sie hat sich genauso blenden lassen wie alle anderen. Es gibt auch einen konkreten Verdacht, der von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft untersucht wird. Es steht der Verdacht im Raum, dass die Politik durch nicht Hinsehen und auch durch Hilfe bei Steuerverfahren, mitgeholfen haben soll, Signa länger am Leben zu erhalten, als ökonomisch sinnvoll gewesen wäre.

Alfred Gusenbauer, René Benko und Sebastian Kurz stehen nebeneinander.
Legende: Alfred Gusenbauer, René Benko und Sebastian Kurz (v.l.n.r): Die beiden Spitzenpolitiker stehen auf Benkos Payroll. (Aufnahme vom Juni 2014) imago images

Ist in der Politik Selbstkritik wahrnehmbar? Sieht man auch in Österreichs Politik eine Mitverantwortung?

Teilweise. Es wird erst mit der Aufarbeitung begonnen. Im kommenden Jahr wird ein neuerlicher parlamentarischer Untersuchungsausschuss tagen. Da sollen unter anderem auch die Beziehungen zwischen Benko und der Politik untersucht werden. Es soll auch untersucht werden, ob und wenn ja, an welche Parteien er gespendet hat. Das ist ein Aspekt.

Der Anlass für die Diskussion sind Gusenbauer und Kurz auf Benkos Payroll.
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Der andere ist, dass so etwas wie eine Cooling-down-Phase oder eine Art Kommission diskutiert wird. Diese soll prüfen, was ehemalige Kanzler nach ihrem Ausscheiden aus der Politik machen. Der Anlass für die Diskussion sind Gusenbauer und Kurz, die auf Benkos Payroll sind. Es soll geprüft werden, ob in der politischen Zeit Kontakte gepflegt wurden und ob versucht wurde, Vorteile auszunutzen. Das ist die politische Debatte. Das andere ist eine Prüfung durch das Kontrollgremium.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Echo der Zeit, 17.12.2023, 18 Uhr ; 

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