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Jobabbau bei Vergleichsdienst Kahlschlag bei Comparis: Muss die Finma als Sündenbock herhalten?

  • Beim Schweizer Online-Vergleichsdienst Comparis kommt es gemäss eigenen Aussagen zu einer «Massenentlassung».
  • Wie viele Angestellte betroffen sein werden, sagt Comparis nicht.
  • Neben strategischen Gründen nennt das Unternehmen auch eine Auseinandersetzung mit der Finanzmarktaufsicht Finma als Grund.

Es gehe bei der Auseinandersetzung um die Frage, ob sich Comparis als Versicherungsvermittler registrieren müsse, erklärt das Unternehmen in einer Mitteilung.

Eine sozialverträgliche Lösung für alle betroffenen Arbeitnehmenden ist gemäss Firmenangaben vorgesehen.

Wohl mehrere Dutzend Personen betroffen

Das Management sehe sich aufgrund der vom Verwaltungsrat korrigierten Wachstumsstrategie gezwungen, gruppenweit Personal abzubauen, teilt Comparis mit. Das Verfahren für eine Massenentlassung sei eingeleitet worden.

Wie viele Mitarbeitende entlassen werden, wird nicht erklärt. Die Comparis-Gruppe hat rund 200 Beschäftigte. Eine Massenentlassung wäre bei dieser Grössenordnung, wenn mehr als 10 Prozent der Angestellten eine Kündigung erhalten.

«Bizarres Argument» für Massenentlassungen

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Dass Comparis der Finanzmarktaufsicht Finma eine Mitschuld an den Entlassungen gibt, ist für Wirtschaftsredaktorin Charlotte Jacquemart ein «bizarres Argument». Zwar gebe es einen Streit zwischen der Finma und Comparis über die Frage, ob sich der Online-Vergleichsdienst als Versicherungsvermittler registrieren muss. So verlangt es nämlich das Gesetz seit einigen Jahren.

Comparis hat sich bislang geweigert, dies zu tun. Denn man vermittle keine Versicherungen, sondern biete nur Vergleiche an. «Die Finma sieht das anders, weil man durch Comparis an Versicherungsofferten kommt und Comparis von den Versicherungen dafür bezahlt wird», erklärt Jacquemart. «Der Finma nun eine Mitschuld für den Stellenabbau zu geben, scheint mir etwas billig zu sein. Zumal die Registrierung als Versicherungsvermittler nur wenige hundert Franken kostet.»

Dabei gibt es einen einfachen Grund für die «Massenentlassungen» beim Online-Vergleichsdienst, den dieser auch selber benennt: «Comparis hatte eine zu optimistische Wachstumsstrategie», fasst Jacquemart zusammen. Nach stetigem Rückgang der Profitabilität ist Comparis im letzten Jahr in die Verlustzone gerutscht.

Verantwortlich dafür waren laut dem Online-Vergleichsdienst stark gestiegene Kosten und ein stagnierender Umsatz. «Letzteres hat auch damit zu tun, dass es heute bei solchen Vergleichsdiensten mehr Konkurrenz als noch vor einigen Jahren gibt», schliesst Jacquemart.

Nach einem stetigen Profitabilitätsrückgang sei die Comparis-Gruppe 2022 in die Verlustzone gerutscht, heisst es zur Begründung. Das sei einerseits auf einen signifikanten Kostenanstieg, andererseits auf ein stagnierendes Umsatzniveau zurückzuführen. Und 2023 bestehe aufgrund der Herausforderungen in diversen Produktbereichen das Risiko eines erneuten Verlustes.

Comparis verweist in diesem Zusammenhang vor allem auch auf die Drohung der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma, im Rahmen eines laufenden Enforcement-Verfahrens die Gewinne aus der Adressvermittlung von Comparis im Bereich Versicherungen ab dem Jahr 2015 einzuziehen. Das zwinge das Unternehmen aus Gründen der Vorsicht, raschestmöglich Rückstellungen in Millionenhöhe zu bilden.

Person scrollt auf iPad auf Comparis-Website
Legende: KEYSTONE/Christian Beutler

Eine Reorganisation sei aber auch unabhängig vom Ausgang dieses Rechtsstreits notwendig. «Es ist der Unternehmensleitung nicht gelungen, die ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen. Um unsere finanzielle Stabilität und Handlungsfähigkeit nachhaltig zu sichern, sehen wir uns gezwungen, unsere Kostenbasis auf der gesamten Gruppenebene massiv zu reduzieren», erklärt CEO Ingo Kopido.

SRF4 News aktuell, 02.03.23, 21 Uhr ; 

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