Warum sind Websites auf Suchmaschinen angewiesen? Wer im Netz gefunden werden will, kommt an Google nicht vorbei: Über zwei Drittel aller Internetaktivitäten beginnen mit einer Suchanfrage, und Google hält mit über 90 Prozent Marktanteil ein Quasi-Monopol. Wer mit Werbung Geld verdient, ist auf den steten Besucherstrom angewiesen, den Googles Suchresultate liefern. Im Gegenzug erlauben Websites, dass Google kurze Ausschnitte ihrer Inhalte anzeigt.
Warum gerät dieses ungeschriebene Gesetz ins Wanken? Künstliche Intelligenz ersetzt bei vielen zunehmend die klassische Suche. Chatbots wie ChatGPT liefern Antworten nicht als Linkliste, sondern in Textform. Auch Google zeigt seit einem Jahr oft zuerst eine KI-Zusammenfassung. Viele Nutzerinnen und Nutzer geben sich damit zufrieden und klicken nicht mehr weiter zu den Websites.
Wie gross ist der Rückgang? Medienhäuser wie die «Washington Post» berichten, dass seit dem Aufkommen von KI-Chatbots nur noch halb so viele Nutzer über die Suche auf ihre Seiten gelangen. Studien zeigen, dass KI-Übersichten die Klickrate um 30 bis 70 Prozent senken. Rund 60 Prozent der Google-Suchen enden inzwischen ohne jeden Klick auf einen Link.
Sind auch Schweizer Websites betroffen? Andreas Zoller vom Verlegerverband Schweizer Medien sagt gegenüber SRF Digital: «Es ist ein grosses Problem, dass viele Leserinnen und Leser nicht mehr zur eigentlichen Quelle weiterklicken, einem Medienhaus mit seinen Informationen.» Auch bei SRF und Swissinfo zeigt sich: Es erscheinen mehr Inhalte in den Suchergebnissen, doch die Klickzahlen sinken.
Wird es noch schlimmer werden? Google testet in den USA bereits eine neue Form von KI-Antworten: Statt einer Übersicht über die wichtigsten Punkte in knappen Sätzen schreibt die Suchmaschine selbst einen kleinen Artikel und zeigt Links nur noch am Rand an. Google-Chef Sundar Pichai spricht von einem völlig neuen Sucherlebnis, das Nutzerinnen und Nutzern zu mehr Quellen weiterleite. Doch kritische Stimmen befürchten, dass sich die Klickzahlen selbst im optimistischsten Szenario halbieren werden.
Gibt es Lösungen? Um den Ausfall von Werbeeinnahmen zu kompensieren, haben einige Medienhäuser Lizenzdeals mit KI-Unternehmen geschlossen. So stellen etwa die «New York Times», die «Washington Post» oder der Springer-Verlag ihre Inhalte gegen Bezahlung für das KI-Training oder für KI-Antworten zur Verfügung. Von solchen Abkommen haben bislang aber nur grosse Player profitieren können – kleine Medienhäuser bleiben aussen vor. Anderen Lösungen sind Anpassungen bei den Inhalten hin zu Textsorten, die sich nur schlecht in KI-Antworten wiedergeben lassen (lange Reportagen, investigative Recherchen oder Kolumnen) oder technische Gegenmassnahmen, um Inhalte vor dem Zugriff der KI zu schützen.
Was fordern die Schweizer Verleger? Nach Andreas Zoller vom Verlegerverband Schweizer Medien braucht es eine Anpassung des Urheberrechts: «Journalistische Inhalte müssen vor der Nutzung durch Künstliche Intelligenz geschützt werden. Auf dieser Basis wird man mit den KI-Unternehmen über eine faire Vergütung verhandeln können.» Eine Motion der FDP-Politikerin Petra Gössi von Ende 2024 fordert eine ausdrückliche Zustimmungspflicht der Verlage für die Nutzung ihrer Inhalte und macht im Urheberrecht keine Ausnahmen für KI-Anbieter.