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Kompetenzzentrum für Afrika «Wir wollen vor allem hinhören»

Die Universität St.Gallen eröffnet ein Kompetenzzentrum für Afrikaforschung. Es soll Politik, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen dabei helfen, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zu treffen, wie der Initiator des Zentrums, Florian Wettstein, erläutert.

Florian Wettstein

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Florian Wettstein ist Professor für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen (HSG). Sein Forschungsgebiet umfasst vor allem den Schnittbereich zwischen Wirtschaftsethik und Menschenrechten.

SRF News: Schon heute arbeitet das St. Galler Institut für Wirtschaftsethik mit Wissenschaftern aus Kamerun zusammen. Zudem werden neue Partnerschaften mit Ghana und Äthiopien lanciert. Weshalb braucht es an der Hochschule St. Gallen (HSG) gleich ein spezielles Kompetenzzentrum für Afrika-Forschung?

Florian Wettstein: Einerseits geht es darum, die Universität strategisch zu positionieren. In Afrika ist in den letzten Jahren sehr viel geschehen, und das wird sich fortsetzen. Deshalb tut die HSG gut daran, einen systematischen Fokus auf Afrika zu richten. Andererseits setzen sich schon jetzt viele St. Galler Forschende mit dem Kontinent auseinander. Das Kompetenzzentrum gibt ihnen künftig einerseits ein Gefäss für ihre Forschung, andererseits kann es sie in ihrer eigenen Forschung unterstützen.

Unsere Forschung geschieht vor allem im Schnittbereich von Wirtschaft, Ethik und Politik.

Auch an der Uni Basel gibt es ein Afrika-Forschungszentrum. Welche Unterschiede gibt es zum St. Galler Zentrum?

Unsere Forschung soll sich auf die Kompetenzen der HSG stützen, also vor allem auf den Schnittbereich von Wirtschaft, Ethik und Politik. Sie kann auch stark praxisorientiert sein. Damit decken wir bewusst nicht den gesamten Bereich der Afrikastudien ab – allerdings gibt es sicher Überschneidungen mit Basel. Das eröffnet aber auch Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit.

In Afrika lebt eine Milliarde Menschen – politische Unruhen und Armut bremsen vielerorts die Wirtschaftsentwicklung. Was muss man sich konkret darunter vorstellen, wenn das HSG-Kompetenzzentrum zusammen mit afrikanischen Unis Entscheidungsgrundlagen für den Kontinent erarbeiten will?

Wir wollen Forschung betreiben, die eine gewisse Relevanz für die Menschen, ihr Leben oder die Politik in Afrika hat. Deshalb stehen Themen wie Nachhaltigkeit und Selbstbestimmung der lokalen afrikanischen Bevölkerung im Zentrum.

Das Ziel von Entwicklungshilfe sollte sein, eine selbstbestimmte und autonome Entwicklung zu unterstützen.

Aus Sicht der Wirtschaft gibt es unterschiedliche Haltungen, was die Entwicklungspolitik angeht: Manche befürworten die klassische Entwicklungshilfe, die auf Hilfsgeldern aus dem Ausland beruht. Andere setzen stärker auf Selbsthilfe, sie wollen vor allem die Bildung fördern. Wo steht das St. Galler Afrika-Kompetenzzentrum?

Die beiden Ansätze sind gar nicht so gegensätzlich, wie es scheint. Es sollte grundsätzlich das Ziel von Entwicklungshilfe sein, eine möglichst selbstbestimmte und autonome Entwicklung der Länder und der lokalen Bevölkerung zu unterstützen. Das ist auch unser Ansatz: Wir wollen nicht über Afrika forschen, sondern zusammen mit Partnern aus Afrika relevante Forschung und Lehre machen.

Wie kann sich das HSG-Zentrum in Afrika Gehör verschaffen, damit es dort ernst genommen wird?

Wir wollen uns weniger Gehör verschaffen, sondern vor allem hinhören. Uns geht es um langfristige und gleichberechtigte Partnerschaften in Forschung und Lehre. Das kann nur über den Aufbau von Vertrauen und langfristigen Beziehungen geschehen. Deshalb ist die enge Zusammenarbeit mit dem Ethikzentrum im kamerunischen Yaoundé zentral für den Aufbau unseres Zentrums an der HSG – ohne diese enge Partnerschaft hätte unsere Vision gar keine Chance zur Verwirklichung.

Das Gespräch führte Michael Breu.

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