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Komplizierte Umsetzung OECD-Mindeststeuer: Eile oder Weile?

Es mehren sich Stimmen, die fordern, mit der Einführung zuzuwarten. Weil manche Länder mit der Reform zögern.

Fast 80 Prozent der Stimmbevölkerung sagten im Juni Ja zur OECD-Mindeststeuer. Es eile, hiess es vor der Abstimmung sowohl von der Landesregierung als auch von den Wirtschaftsverbänden. Nun fordert der Wirtschaftsdachverband «Economiesuisse» den Bundesrat auf, auf die Bremse zu treten.

Frank Marty, der den Bereich Steuern und Finanzen leitet, sagt: «Über den Sommer hat sich gezeigt, dass rund drei Viertel der Staaten, die gesagt haben, sie setzten die Mindeststeuer um, heute noch nicht bereit sind. Das schafft eine neue Voraussetzung.»

Umsetzung ist kompliziert

Dass viele Staaten nicht so weit sind, habe einerseits damit zu tun, dass die Umsetzung dieser Mindeststeuer kompliziert sei. Anderseits habe die OECD seit der Abstimmung auch eine Ausnahmeregel beschlossen, die den USA ein Schlupfloch böten. So ist es jetzt zum Beispiel möglich, dass die USA ihren Unternehmen allerlei Vergünstigungen gewährten, sodass der effektive Steuersatz, den diese Unternehmen zahlen müssen, tiefer ist als der, der auf dem Papier ausgewiesen wird. Das benachteiligt Unternehmen aus anderen Ländern, zum Beispiel aus der Schweiz.

Bei dieser Ausgangslage wäre der Bundesrat gut beraten, die Situation nochmal zu prüfen und allenfalls anders zu entscheiden.
Autor: Alex Kuprecht Ständerat (SVP) Präsident der Wirtschaftskommission

Diese Entwicklungen sorgen auch im Bundeshaus für Skepsis. «Die Verunsicherung ist sehr gross», sagt etwa SVP-Ständerat Alex Kuprecht. Er ist Präsident der Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Auch sie fordert vom Bundesrat, bei der Umsetzung der globalen Mindeststeuer eine Pause einzulegen: «Bei dieser Ausgangslage wäre der Bundesrat gut beraten, die Situation nochmal zu prüfen und allenfalls anders zu entscheiden.»

Ein Monitor mit der Abstimmungsempfehlung, der Mindesteuer zuzustimmen (Archivbild)
Legende: Das Volk stimmte zu und nun scheint alles anders. Keystone/Anthony Anex/Archiv

Die Kommission hat am Donnerstag beschlossen, dem Bundesrat einen entsprechenden Brief zu schreiben. Laut Kuprecht wird auch die Schwesterkommission des Nationalrats diese Forderung unterstützen.

Grosse Staaten müssten mitmachen

Die Umsetzung der OECD-Steuerreform steht im Gegenwind. Und zwar zu Recht, sagt Peter Hongler, Professor für Steuerrecht an der Universität St. Gallen. Denn die globale Mindeststeuer sei erst umgesetzt, wenn auch die grossen Staaten, wie die USA, China und Indien mitmachten. Und das sei mehr als ungewiss. «Es kann sein, dass wir Ende 2024 oder Ende 2025 gleich weit sind, nämlich, dass die globale Mindeststeuer faktisch nur in den EU-Staaten eingeführt ist. Dann stellt sich die Frage, ob das ganze Projekt scheitern könnte», so Hongler.

Offenbar kommt man zum Schluss, dass die Schweizerischen Unternehmen und die Niederlassungen ausländischer Unternehmen in der Schweiz weniger stark betroffen sind, als man angenommen hat
Autor: René Matteotti Professor für Steuerrecht an der Universität Zürich

Wenn die Mindeststeuer nicht eingeführt werde, hiess es vor der Abstimmung, würden grosse Schweizer Unternehmen und für Tochterfirmen von ausländischen Konzernen vom Ausland zusätzlich besteuert. Dieses Problem bestehe nach wie vor, sagt René Matteotti, Professor für Steuerrecht an der Universität Zürich, aber: «Offenbar kommt man zum Schluss, dass die schweizerischen Unternehmen und die Niederlassungen ausländischer Unternehmen in der Schweiz weniger stark betroffen sind, als man angenommen hat.»

Kanton Basel-Stadt befürwortet Aufschub

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Einer der Kantone, der wohl am meisten von der Mindeststeuer profitieren würde, wäre Basel-Stadt. Dort sind viele grosse Firmen ansässig. Doch auch dort ist man für einen Aufschub.

Finanzdirektorin Tanja Soland schreibt auf Anfrage von SRF: Der Kanton Basel-Stadt könne die Argumente nachvollziehen und würde eine Verschiebung der Einführung begrüssen.

Die globale Mindeststeuer könnte der Schweiz kurzfristig schätzungsweise 1 bis 2.5 Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen bringen. 75 Prozent davon würden zu den Kantonen und 25 Prozent zum Bund fliessen.

Finanzministerin Karin Keller Sutter sagt zu den Forderungen aus Wirtschaft und Politik: «Der Bundesrat wird das analysieren. Wir haben immer gesagt, dass wir beim Einführungsdatum Rücksicht auf die internationalen Entwicklungen nehmen.»

Echo der Zeit, 10.11.2023; 18:00 Uhr

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