Noch vor drei Monaten sagte die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich, die Schweizer Wirtschaft werde in diesem Jahr um 4 Prozent wachsen. Jetzt sollen es «nur» noch 3.2 Prozent sein. Das ist eine deutliche Korrektur der eigenen Prognosen vom Sommer. Jan-Egbert Sturm, Leiter der KOF, begründet dies damit, dass sich die Erholung in der Schweiz verzögere.
Grund seien nicht zuletzt die aktuell massiven Probleme in den globalen Lieferketten. Tatsächlich fehlt es an allem möglichen, beispielsweise an Chips für die Automobilindustrie oder an Rohstoffen. Verschiedene Unternehmen müssen ihre Produktion drosseln oder – wie der Autobauer Opel in Deutschland – in einigen Fabriken die Arbeit vorübergehend sogar ganz einstellen, bis alle benötigten Einzelteile wieder beschafft werden können.
Dadurch verzögert sich die Erholung der Konjunktur im In- und Ausland. Sturm beunruhigt das nicht. Er betont: «Die Erholung verschiebt sich ein wenig in die Zukunft, aber es läuft noch immer sehr rund, und in dem Sinne sind die Aussichten weiterhin positiv.»
Wirtschaft von Pandemie abgekoppelt
Etwas hat sich im Verlauf der letzten Monate für die Konjunkturforschenden an der ETH verändert: Der Gang der Wirtschaft ist nicht mehr so stark vom Verlauf der Pandemie abhängig. In der ersten Welle habe die Pandemie das Wachstum noch enorm stark ausgebremst. In der zweiten Welle vor einem Jahr sei dieser Effekt schon deutlich schwächer ausgefallen.
Die Erholung verschiebt sich ein wenig in die Zukunft, aber es läuft noch immer sehr rund.
«Und jetzt in der dritten und vierten Welle wächst die Wirtschaft noch immer, obwohl wir die Pandemie nicht ganz im Griff haben», so Sturm. Er führt dies vor allem auf die Wirkung der Impfung zurück. Durch sie normalisiere sich vieles. Und: Der ETH-Ökonom ist zuversichtlich, dass dadurch auch der professionelle Blick in die Kristallkugel wieder verlässlicher wird.
Er sagt: «Es wird jetzt langsam auch für uns Prognostiker wieder einfacher und deutlicher, in welche Richtung es wirtschaftlich geht.» Ob dem tatsächlich so ist, lässt sich bereits in wenigen Monaten überprüfen – beim nächsten Update der Konjunkturprognosen der KOF.