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Alt werden in den eigenen vier Wändern – das soll für alle möglich sein
Aus Rendez-vous vom 01.09.2023. Bild: Spitex Schweiz/KEYSTONE/Gaetan Bally
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Kosten der Selbständigkeit Zu Hause alt werden: Bald auch mit wenig Geld möglich?

Heute müssen ältere Menschen zum Teil ins Pflegeheim, weil sie sich eine Betreuung zu Hause nicht leisten können. Das will der Bundesrat nun ändern.

Die meisten älteren Menschen möchten so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben. Wenn sie fragiler werden, brauchen sie aber professionelle Unterstützung. Diese können sich aber nicht alle leisten. Weil die Ergänzungsleistungen zur AHV, kurz EL, zwar die Pflege zu Hause finanzieren, die Betreuung aber nur zu einem kleinen Teil. Das will der Bundesrat nun ändern, damit auch Menschen mit wenig Geld daheim alt werden können. Der Gesetzesentwurf dazu ist in der Vernehmlassung.

Was sind Ergänzungsleistungen zur AHV?

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Die Ergänzungsleistungen zur AHV, kurz EL, sind 1966 eingeführt worden, weil die AHV-Renten schon damals nicht existenzsichernd waren. Sie richten sich an Haushalte, deren Einkommen und Vermögen nicht genügen, um einen bescheidenen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Die EL erfüllen zwei verschiedene Zwecke:

  • Sie unterstützen Menschen im Rentenalter mit zu tiefen Einkommen. Das sind in der Regel Menschen, die bereits bei Renteneintritt über ein tiefes Einkommen verfügen.
  • Sie unterstützen Menschen mit hohen Ausgaben, das sind vor allem ältere Menschen, die in Pflegeheimen betreut und gepflegt werden. Denn ein Pflegeheimplatz kostet schnell 90'000 Franken pro Jahr.

Carlo Knöpfel, Professor für Sozialpolitik an der Fachhochschule Nordwestschweiz, begrüsst den Vorschlag des Bundesrats. Denn das aktuelle System führe dazu, dass «fragile ältere Menschen mit kleinem Budget entweder ins Pflegeheim ziehen müssten oder sich zu Hause irgendwie durchschlagen». Das seien aber dann die Menschen, die man als vereinsamte Verwahrloste antreffe. Das Absurde daran: Die EL bezahlen den Pflegeheimplatz, nicht aber die oft viel günstigere Betreuung daheim.

Lieber daheim als im Pflegeheim

Hedy Zinke zeigt stolz ihren Garten. Hier könne sie pflanzen, was sie wolle, sagt die 88-jährige Luzernerin: «Hier schwatzt mir niemand drein, ich bin mein eigener Meister.» Seit 18 Jahren wohne sie hier. Schon damals habe sie ihre Tochter dazu überredet, auch mal ein Pflegeheimzimmer anzuschauen, aber das Zimmer sei so klein gewesen: «Die Schwestern waren nett, aber die meiste Zeit hätte ich ja dann nicht bei ihnen, sondern im kleinen Zimmer verbracht.»

Hedy Zinke eine ältere Frau steht in ihrem grünen Garten.
Legende: Hedy Zinke in ihrem geliebten Garten. Nora Meuli

Zu Hause habe sie dagegen viel Platz. Hilfe braucht sie aber schon: Zweimal pro Tag kommt die Pflege der Spitex vorbei, dafür bekommt sie zusätzliche EL. Einmal täglich wird ihr Essen geliefert, einmal pro Woche wird geputzt und sie trägt einen Notrufknopf am Arm, damit sie jemanden rufen kann, wenn sie umfällt. Das komme immer wieder vor.

Ab und zu leistet sie sich einen Ausflug mit Begleitung, aber das alles kostet. Sie kann es entweder vom Geld bezahlen, das eigentlich für ihre anderen Grundbedürfnisse vorgesehen ist, oder bei Stiftungen um Unterstützung fragen.

Vorschlag des Bundesrats soll auch Pflegeheime entlasten

Der Bundesrat will sie und alle anderen EL-Beziehenden nun aber unterstützen. Das Ziel ist nicht nur, die Autonomie der älteren Menschen zu stärken, sondern auch die Pflegeheime zu entlasten.

Folgende Leistungen sollen die EL laut Bundesrat neu übernehmen

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Es sollen folgende Leistungen im Rahmen der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten durch die Ergänzungsleistungen (EL) berücksichtigt werden:

  • ein Notrufsystem
  • Haushalthilfe
  • Mahlzeitendienst
  • Fahr- und Begleitdienste
  • die Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse des Alters
  • ein Mietzuschlag für eine altersgerechte Wohnung

Aus der Medienmitteilung des Bundesrats.

Denn im Moment leben Menschen im Pflegeheim, die eigentlich auch zu Hause unterstützt werden könnten: Rund ein Drittel der Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner braucht primär Betreuung und nur wenig Pflege, das könnte auch die Spitex leisten und wäre günstiger.

Der Bundesrat schätzt, dass die Vorlage 2030 zwar zwischen 200 und 500 Millionen Franken kosten würde, die Kantone könnten aber auch schätzungsweise 280 Millionen Franken einsparen. Darum sollen auch die Kantone den grössten Teil der Kosten tragen. Sie werden erst nächste Woche dazu Stellung nehmen.

Die einzige Lösung ist, die Menschen darin zu unterstützen, selbstbestimmt daheim zu leben.
Autor: Carlo Knöpfel Professor für Sozialpolitik, Fachhochschule Nordwestschweiz

Ein weiterer Grund ist aber auch, dass es künftig zu wenige Pflegeheimplätze geben wird. Wenn weiter rund 14 Prozent der über 80-Jährigen in Pflegeheimen leben, dann bräuchte es bis 2040 zusätzlich über 900 Pflegeheime mit Tausenden von Plätzen. Das werde nicht gehen, sagt Carlo Knöpfel: «Die einzige Lösung ist, die Menschen darin zu unterstützen, selbstbestimmt daheim zu leben.»

Das ist ganz im Sinne von Hedy Zinke. Sie müsste sich dann keine Gedanken mehr darüber machen, wie sie ihre Betreuung bezahlen soll.

Brauchen Sie oder Ihre älteren Angehörige Unterstützung?

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Die regionalen Stellen von Pro Senectute beraten Sie kostenlos. Einen Termin können Sie unter folgender Nummer vereinbaren: 058 591 15 15

Rendez-vous, 1.9.2023, 12:30 Uhr

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