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Fragen und Antworten zu den Rechten von Heimbewohnern
Aus Espresso vom 26.01.2023. Bild: SRF
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Rechtliche Informationen Patientenrechte im Alters- und Pflegeheim

Patienten in Heimen und auch in der Psychiatrie müssen vor freiheitsbeschränkenden Massnahmen angehört werden.

Personalknappheit und Fachkräftemangel: In vielen Alters- und Pflegeheimen haben die Pflegenden oft nicht genug Zeit, um sich um unruhige oder nicht orientierte Patientinnen und Patienten zu kümmern.

Betroffene werden deshalb überwacht, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, medikamentös ruhiggestellt oder in die Psychiatrie überstellt. Damit solche Massnahmen zulässig sind, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Geregelt sind diese Voraussetzungen im Erwachsenenschutzrecht (ZGB, Artikel 382 bis 387).

Das gilt bei Medikamenten

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In Alters- und Pflegeheimen werden viele Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Medikamenten behandelt, häufig mit Beruhigungsmitteln. Zuständig für die Verschreibung von Medikamenten ist die Ärztin der Institution oder der Hausarzt. Vor der Verschreibung müssen sie ihre Patienten darüber aufklären, weshalb sie ein Medikament empfehlen, wie es wirkt und welche Risiken und Nebenwirkungen es hat. Ist eine Patientin, ein Patient nicht urteilsfähig, so muss die Ärztin dieses Gespräch mit den Angehörigen führen und ihr Einverständnis für die medikamentöse Therapie einholen.

Dabei haben Patientinnen, Patienten und ihre Angehörigen das Recht, Antworten auf die folgenden Fragen zu bekommen:

  • Aus welchem Grund soll ein Medikament verschrieben werden?
  • Wie genau wirkt das Medikament?
  • Welche Nebenwirkungen hat das Medikament, welche Risiken?
  • Gibt es Alternativen, zum Beispiel Medikamente mit weniger Nebenwirkungen?
  • Wie würden sich die Beschwerden ohne medikamentöse Therapie entwickeln?

Im Zweifelsfalle lohnt es sich, zur Sicherheit eine Zweitmeinung einzuholen.

Einschränkung der Bewegungsfreiheit

Als bewegungsbeschränkende Massnahmen gelten zum Beispiel verschlossene Türen, Bettgitter, Schranken oder Fixierungen. Solche Massnahmen sind nur zulässig, wenn die Patientin oder der Patient sich nicht mehr orientieren kann, sich selbst oder andere stark gefährdet oder das Gemeinschaftsleben schwer beeinträchtigt.

Eine bewegungsbeschränkende Massnahme muss immer verhältnismässig sein: Das bedeutet, die Verantwortlichen müssen immer die im konkreten Fall notwendige, aber am wenigsten einschneidende Lösung wählen. Unzulässig sind einschränkende Massnahmen aus Kostengründen, oder weil eine Patientin, ein Patient ständig nervt.

Fürsorgerische Unterbringung: Einweisung in die Psychiatrie

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Ist die Betreuung einer Patientin, eines Patienten in einem Wohn- oder Pflegeheim nicht mehr möglich, erfolgt oft eine Überweisung in eine Psychiatrie. In der Regel gegen den Willen der betroffenen Person. Für diese ist die Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung ein traumatisches Erlebnis.

Vor diesem Hintergrund verlangt das Erwachsenenschutz-Gesetz, dass Betroffene nur unter strengen Voraussetzungen gegen ihren Willen in eine Psychiatrie eingewiesen und dort mit Medikamenten behandelt werden dürfen (ZGB, Artikel 426 bis 439):

  • Die betroffene Patientin, der betroffene Patient muss an einer psychischen Störung leiden, geistig behindert oder schwer verwahrlost sein.
  • Es gibt keine andere Möglichkeit, die betroffene Person anderweitig zu betreuen oder zu behandeln.
  • Die betroffene Person muss in eine geeignete» Einrichtung gebracht werden. Will heissen: Als geeignet gilt nicht nur eine geschlossene Abteilung in einer Psychiatrie. Infrage kommen alle Abteilungen von Institutionen, die für die Behandlung organisatorisch und personell in der Lage sind.

Vor der Unterbringung muss die Patientin, der Patient untersucht und angehört werden. Eine Einweisung ohne vorgängige Untersuchung und Anhörung ist rechtlich nicht zulässig. Wie bei freiheitsbeschränkenden Massnahmen müssen Patientinnen und Patienten angehört werden, auch wenn sie kognitiv eingeschränkt oder nicht mehr urteilsfähig sind. Darüber hinaus sind die Angehörigen zu informieren.

Einweisung ist befristet und muss überprüft werden

Die Einweisung (das Gesetz spricht von «Fürsorgerischer Unterbringung») muss durch die Erwachsenenschutzbehörde (KESB) verfügt werden. In den meisten Kantonen kann jede Ärztin und jeder Arzt eine Einweisung verfügen, in anderen Kantonen können dies nur Amtsärztinnen oder Spezialärzte tun. Nach einer ärztlichen Einweisung darf eine Unterbringung maximal sechs Wochen dauern. Danach muss die Patientin, der Patient entlassen werden. Dauert die Schutzbedürftigkeit an, so muss die Erwachsenenschutzbehörde eine unbefristete Unterbringung verfügen. In diesem Fall muss die Behörde alle sechs Monate prüfen, ob die Unterbringung noch nötig ist.

Wichtig: Während einer fürsorgerischen Unterbringung haben Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen das Recht, jederzeit einen Antrag auf Entlassung zu stellen. Wird das Gesuch abgelehnt, können Betroffene eine Beschwerde beim zuständigen Gericht einreichen.

Die Rechte Betroffener bei Einschränkungen der Bewegungsfreiheit

Bevor eine bewegungsbeschränkende Massnahme umgesetzt wird, muss der betroffenen Patientin, dem betroffenen Patienten erklärt werden, welche konkrete Massnahme eingesetzt werden soll, weshalb diese Massnahme nötig ist, wie lange sie voraussichtlich dauert und wer im Heim die Ansprechperson für die Patientin oder den Patienten ist. Dieses Gespräch muss mit jeder Patientin, mit jedem Patienten geführt werden. Also auch mit Patientinnen und Patienten mit kognitiven Einschränkungen oder mit Patientinnen und Patienten, die als urteilsunfähig gelten. Darüber hinaus müssen ihr Angehörigen informiert werden.

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Über bewegungsbeschränkende Massnahme muss ein Protokoll geführt und im Patientendossier abgelegt werden, damit die Patientin oder der Patient und ihre Angehörigen es einsehen können.

Wenn sie mit einer bewegungsbeschränkenden Massnahme nicht einverstanden sind und Gespräche mit der Heimleitung ergebnislos verlaufen sind, können sich Betroffene und ihre Angehörigen bei der Erwachsenenschutzbehörde (KESB) beschweren. Die Behörde muss dann prüfen, ob die Massnahme gerechtfertigt und angemessen ist.

 

Espresso, 26.01.23, 08:13 Uhr

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