2020 gingen bei den Dachverbänden der Versicherer noch rund 300 Beschwerden wegen unseriösen Vermittlungsgeschäften ein. Seit im darauf folgenden Jahr eine Branchenvereinbarung neue Qualitätsstandards eingeführt hat, ist diese Zahl stetig zurückgegangen. Im Oktober 2022 lagen der Aufsichtskommission noch 87 Beschwerden vor. Die Aufsichtskommission zieht daraus den Schluss, dass die Selbstregulierung der Branche Wirkung zeigt.
Von diesen Beschwerden führten bisher vier zu Bussen und Verfahrenskosten in der Höhe von insgesamt rund 100'000 Franken. Aber für einen Grossteil der Beschwerden konnte kein Verfahren eröffnet werden. Das Problem sei häufig gewesen, dass die Anzeigenden zu wenige Angaben machten. Damit ihre Beschwerden bearbeitet werden können, ist es aber wichtig, dass sie genügend Informationen über Vermittler oder Firmen erheben, die sich nicht an die Regeln der Branchenvereinbarung halten.
«Es braucht schärfere Gesetze»
Auch beim Konsumentenschutz sind die aggressiven Krankenkassenvermittlungen immer wieder Thema. Geschäftsführerin Sara Stalder ist jedoch von dieser Branchenvereinbarung wenig begeistert. Sie fordert Gesetze, die auch für all jene Versicherer gelten, die sich nicht freiwillig der Vereinbarung unterstellen. Sie sei nicht verbindlich genug.
Der Sicht des Konsumentenschutzes widerspricht Lucius Dürr, Präsident der Aufsichtskommission Fairmittler. Die Zahlen zeigen, die Branche könne sich sehr gut selbst regulieren, ohne dass es neue Gesetze brauche.
Die zeigt sich auch bei den sanktionierten Versicherern: Die meisten Strafen beziehen sich auf Verletzungen der Qualitätsstandards, die in der Branchenvereinbarung festgelegt wurden. Das sind etwa Lücken im Protokoll, das nach einem Beratungsgespräch erstellt werden muss, oder eine Kaltakquise.
Verstösse gegen die Branchenvereinbarung
In einem Fall schrieb eine dritte Person, die nicht am Gespräch dabei gewesen war, das Beratungsprotokoll. Ausserdem erhielt der Versicherte das Protokoll viel zu spät, nämlich drei Wochen nach dem Gespräch. Hinzu kam, dass der Versicherer die Kündigung des vorherigen Vertrags an den falschen Versicherer sandte, weshalb der Kunde doppelt Prämien zahlen musste. All dies verstösst gegen die Vereinbarung und wurde entsprechend bestraft.
In einem weiteren Fall, der von der Aufsichtskommission geahndet wurde, gaben die Teilnehmenden eines Internet-Wettbewerbs, bei dem man Tickets für einen Freizeitpark gewinnen konnte, durch ihre Teilnahme ihr Einverständnis, von einem Vermittler besucht zu werden. Die Verbindung zwischen Wettbewerbsteilnahme und der Zustimmung, dass ein Vermittler vorbeikommen dürfe, sei hier nicht klar genug gewesen.
Auch wenn die Vermittlerfirmen im Besitz von Versicherern sind, gelten sie in den Augen der Aufsichtskommission als «externe Vermittler». Daher seien auch in diesen Fällen die Provisionen, die diese Vermittler einstreichen können, beschränkt. Ausserdem kann die Aufsichtskommission auch in solchen Fällen Strafen aussprechen. Die einzige Bedingung ist, dass die Firmen der Branchenvereinbarung zugestimmt haben.